DSA 5 – Das Betatagebuch VI: Jäger der verlorenen Sitzungen
Unser letzter Blick auf die DSA-Beta-Runde der DORP ist nun schon wieder eine Weile her – und das aus diversen Gründen. Einerseits hatten wir eine gewisse Pause, einfach weil es ein paar Wochen lang akut an Zeit für die Runde mangelte, andererseits haben wir in der letzten Phase von Die Gunst des Fuchses auch einfach wenig gehabt, worüber man berichten könnte. Sicherlich, das Finale bot einen großen Haufen Talentproben, aber wir wissen ja nun alle, wie die Funktionieren, und das Szenario selbst sowie der Lösungsansatz der Gruppe haben den Leuten denke ich durchweg Spaß gemacht, aber das bringt uns hier ja nicht wirklich weiter. Daher die Ruhe.
Nun aber haben wir Das Tal des Todes begonnen und ich denke, es ist an der Zeit, euch mal wieder auf den neuesten Stand zu bringen.
DSA 5 und der Tempel der Proben
Wie schon gesagt, gerade die Finalsitzung der Gunst war recht reich an Talentproben. Wenngleich hier die Erkenntnis gering ist, so bleibt doch zumindest der Eindruck, dass der grundlegende Mechanismus seinen Zweck erfüllt. Zwar lassen die 3W20-Proben unseren von D&D her kommenden Mitspieler nach wie vor am Sinn des Lebens zweifeln, aber dennoch funktioniert es. Es ist denke ich zugleich einer der Bereiche, wo das finale Regelwerk vielleicht noch mal am fundamentalsten anders ticken dürfte, mit allen Andeutungen und erklärten Änderungen seit Erscheinen der Beta, sodass man gespannt sein kann, wie rund das Endergebnis läuft.
Denn auch wenn alles funktioniert, so muss man schon sagen, dass die ganze „Schwierigkeit verringert den Fertigkeitswert und wenn’s dabei zu niedrig wird hast du am Ende doch immer mindestens einen übrig“-Methodik der Beta „krückig“ war.
DSA 5 und der letzte Aufstieg
Was zunehmend während der Beta Kritik einfuhr, das waren die Steigerungen und die Menge der in den Beta-Abenteuern verordneten Abenteuerpunkte. Ich glaube mit Fug und Recht zu behaupten, dass keiner der Spieler an meinem Tisch das Gefühl einer befriedigenden Charakterprogression hatte. Ein Teil davon ist Psychologie: Wenn man statt früher Abenteuerpunkte im dreistelligen Bereich nun nur noch um die 50 Zähler herausbekommt, ist klar, dass das wenig wirkt. Da ist es dann auch erst mal egal, dass man de facto mehr pro Punkt aus der ganzen Sache herausholen kann, es wirkt wenig.
Fakt ist aber auch, dass es gerade in der Beta nur wenig zufriedenstellende Wege gab, wie meine Spieler ihre Charaktere weiterentwickeln konnten. Die Geweihten sowieso nicht, aber auch beispielsweise an interessanten neuen Zaubern oder Elfenliedern für unseren Fey gab es quasi keine Auswahl.
Was blieb, war eine dahingehend eher frustrierte Gruppe.
DSA 5 und das Königreich der Alpha-Beta
Es wird langsam ein irrelevanter Punkt, sowohl im Hinblick auf die angekündigten Änderungen zum richtigen Grundbuch als auch hinsichtlich dem nahekommenden Erscheinungstermin, aber dennoch muss es noch mal gesagt sein: Das Beta-Regelwerk ist in vielem unglaublich unfertig. Beliebiges Beispiel vom Spieltisch diese Woche: Die garetische Rondrageweihte bei den Beispielcharakteren hat die Liturgie „Zuversicht 7“ (S. 49). Genauso findet es sich in der Beschreibung der Profession (S. 113). Das Problem? Diese Liturgie existiert nicht. Wohl gibt es „Ermutigung“ (S. 246) und wir nehmen vorerst mal an, dass das eine wohl gleichbedeutend mit dem anderen ist, aber so etwas gibt es halt zuhauf.
Der Mechanismus des Meuchelns mit seinem brachialen Schaden gegenüber überraschten Gegnern hat gegenüber den Kalauern vom letzten Mal auch noch nicht nachgelassen. So kam etwa – da die gesamte Gruppe dem Tragelefanten Travide im aktuellen Abenteuer mit Misstrauen zu begegnen scheint – das wundervolle Szenario auf, dass dieser sich vielleicht nachts an die Schlafstätten der Gruppe pirscht (Sie hat Verbergen 1), um dort einen der Schlafenden zu meucheln. Wenn sie versucht, ihn zu zertrampeln, hätte sie bei einem gelungenen Meuchelangriff (AT 16 + 8 Erleichterung) dann einen absurden Schadenswert von (2W20)x5. Travide, der Meuchelfant!
(Der Fairness halber sei gesagt, dass das regelkonform abseits der Spielerparanoia so nicht funktioniert; aber auch nur, weil Meucheln explizit nach einer Waffe verlangt.)
Wie gesagt, das wird langsam obsolet und fühlt sich zugegebenermaßen auch mittlerweile wie Nachtreten an, aber es ist in einem Punkt vielleicht gerade jetzt doch noch mal relevant:
Die Abenteuer des jungen DSA 5
Die DSA-5-Beta ist vermutlich gleichsam Fluch wie Segen. Ich denke der Spieltest war nötig und das Spiel wird davon profitieren. Auch hat sie bei denen, die zu nehmen wussten, was ihnen geboten wurde, sicherlich in mancherlei Hinsicht punkten können. Ich mag wie oft gesagt die Richtung, die DSA nimmt, finde viele Änderungen sehr gut. Aber ich sehe zwei verzahnte Probleme.
Zum einen: Vieles im finalen Spiel wird anders. Das ist gut, weil notwendig, aber einiges wird wohl so anders sein, dass die Verbindung von DSA 5 und Beta bestenfalls als eine historische gesehen werden kann. Und zum anderen: Vieles war in der Beta schlicht defekt oder abwesend, und nicht jeder weiß das einzuordnen.
Ich habe in der Zeit, seit die Beta raus ist, auch im weiteren Bekanntenkreis unzählige Gespräche geführt, die begannen alle im Muster wie folgt:
„Stimmt es eigentlich, dass bei DSA 5 kaum noch Zauber existieren?“
„Hast du schon gehört, dass bei DSA 5 nur noch zwei Geweihte spielbar sind?“
„Ich hab im Internet gelesen, dass es keine Kampfmanöver mehr bei DSA gibt?“
„Weißt du schon? Bei DSA 5 sind total viele Regeln völlig broken!“
Und klar kann ich dann jedes Mal sagen, dass das die Beta ist und im finalen Produkt alles anders sein wird. Aber ich frage mich dann halt immer, ob das wirklich an alle Ohren dringt.
Das Buch gibt sich viel Mühe, klar zu kommunizieren, was es ist und was es nicht ist. Aber in vielen Runden liest auch nicht jeder das Buch, sondern einer, und kommuniziert dann, was er gelesen hat. Du, der du dies liest, liest einen Beta-Bericht auf der DORP; ich vermute, für dich gilt das nicht. Aber das Dilemma, es besteht.
Ich hoffe mal einfach, dass die Leute DSA 5 eine Chance geben werden, auch wenn die Beta oft frustriert hat. Und sei es nur, um eine eigene und informierte Meinung zu finden. Sowas ist sexy.
DSA 5 und das Schicksal der Beta
Und wir?
Wir spielen jetzt erst mal weiter Das Tal des Todes – selbstredend werde ich hier auch weiter berichten – und schauen dann mal. Vielleicht trägt uns das Abenteuer ja sogar bis zum Erscheinen des Spiels, vielleicht nicht. Egal wie, eines wurde diese Woche beschlossen: Wir werden in derselben Gruppe die gleichen Charaktere (oder Charakterkonzepte) noch einmal nachbauen, wenn das finale Spiel da ist und dann mindestens ein Abenteuer nach den „richtigen“ Regeln spielen. Einfach um den direkten Vergleich zu haben.
So oder so denke ich, werde ich neue Runden nur noch nach DSA 5 eröffnen, aber den direkten Vergleich will ich dennoch haben, wo sich die Chance doch gerade so bietet. Und werde an dieser Stelle dann natürlich auch berichten, wie es sich so gibt, das richtige Spiel im Vergleich zu dem Steinbruch, den wir bisher bearbeiten. Ein Steinbruch, der Spaß macht – aber ich freue mich langsam durchaus auch darauf, mal ein fertiges Produkt zu nutzen.
Viele Grüße,
Thomas