Luna Noir: Wie das Design entsteht

Obwohl wir jetzt schon seit mehr als einem Jahrzehnt Rollenspielmaterial in dieser oder jener Form veröffentlichen, haben wir glaube ich bisher – mit Ausnahme der Blogeinträge zur Druckauflage des Dorpendiums – so gut wie nie Einblick gewährt in den kreativen Prozess, der letztlich von fixen Ideen zu fertigen Produkten führt.
Nehmen wir also doch Luna Noir einmal als Anlass, um das ein wenig zu ändern.

Das Cover

Das erste Abenteuer in der Reihe ist Süßsaure Träume und von Scorp geschrieben worden. Wir waren uns schnell einig, dass wir eine Cover-Gestaltung ohne große Illustration brauchen, damit wir nicht für Downloads von wenigen Seiten das erfahrungsgemäß sehr große Risiko eines Engpasses rund um den Zeichenprozess eingehen müssen. Dennoch sollte ein Cover her und idealerweise eines, das direkt eine Menge zu dem Setting sagt, ohne viele Worte zu brauchen. Ich ließ mir also von Scorp ein bisschen schildern, was es mit Luna Noir so auf sich hat. Vom Film Noir ist es inspiriert, ich denke gleichermaßen von den Klassikern wie auch von Neo-Noir-Filmen wie Angel Heart oder Sieben, und es ist Science Fiction, angesiedelt im Setting der Mutant Chronicles.
Also setzte ich mich hin und überlegte, was mir an visuellen Referenzen dazu einfiel und kam sehr schnell, fast unvermeidlich schätze ich, auf Blade Runner. Ich setzte mich hin und versuchte den Look des Films auf eine Handvoll Stilelemente herunterzukürzen und entschied mich, vor allem von der Markt-Szene, in der Deckard den Schlangenschuppen nachspürt, für zwei Elemente – Rauch bzw. Dampf und Neon.
Darauf basierend kreierte ich einen ersten Entwurf und schickte ihn an Scorp, sicher, den Nagel auf den Kopf getroffen zu haben. Hatte ich nicht. Zwar gefiel ihm, was er sah, aber er fand es unpassend.

Danach haben wir uns dann hingesetzt und gemeinsam ein paar Stilelemente genauer definiert. Auf dem Mond spielt es – also ein Mond auf das Cover. Es ist ein abgenutztes, dreckiges Setting, also weg von dem Glanz des „Noir“-Schriftzugs. Und in einer Großstadt spielt es.
Gemäß Scorps Idee gab ich dem Dampf die Silhouette einer Skyline, was direkt den gesamten Eindruck des Bildes veränderte. Bei dem Mond hielt ich mich – wie er später selber sagte, zum Glück – nicht so präzise an seine Angabe und machte ihn vielmehr zu einem Teil des Logos. Dazu Rost auf das „Noir“-Metall und etwas Glühen fort von dem Neon-Text und voilà, wir hatten unser Cover.
Und das Feedback auf der Feencon gab uns Recht, denke ich.

Das Interieur

Bei der Innengestaltung verlief es im Grunde ähnlich. Zunächst sammelte ich mir einige Grundlagen. Bereits durch die schwere Geburt des Covers gegangen, war das tatsächlich etwas einfacher. Bei der eigentlichen Textgestaltung entschied ich mich, mich massiv am klassischen Noir-Stil zu orientieren, sowohl was die Schriftart, als auch was die Linienführung betraf. Aber ich wollte mehr als das; dieser Look für sich genommen war zwar schön, aber ich wollte einen Schritt weg von The Edge of Midnight, Mean Streets und Mage Noir sowie allen anderen, die schon in dem Gefilde unterwegs waren.
Diesmal fand ich eine Urban-Noir-Phantastik-Inspiration an anderer Stelle, nämlich dem Vorspann der Fernsehserie Angel. Dort geht im letzten Shot der titelgebende Hauptcharakter eine dunkle Gasse entlang, in deren Mitte sich ein Rinnsal gebildet hat.
Ich begann also mit dem Foto einer Pfütze, schlug den Kontrast hart an, machte es schwarzweiß und legte eine weiße Vignette an, damit der Text lesbar bliebe. Ich begradigte den Rand etwas, damit es eine schöne A4-Pfütze ergäbe, kombinierte das mit meinem Textdesign und schickte es an Scorp, sicher, den Nagel auf den Kopf getroffen zu haben.
Wieder falsch, wenn auch auf kuriose Weise. Er schrieb mir zurück, die angedeutete Mondlandschaft wäre ja ganz nett, aber ihm fehle das Urbane. Huh. Dumm nur, dass die „Mondlandschaft“ eigentlich mein Asphalt war und es noch urbaner kaum geht. Doch letztlich fand ich eine Lösung – ich setzte die Reflexion zweier futuristisch ausschauender Hochhäuser in das Wasser und verzerrte sie, so, dass die Wellen der Oberfläche das Licht so brachen, als seien es wirkliche Spiegelungen.
Nun hatte Scorp seinen urbanen Aspekt, ich hatte meine Pfütze – und bei dem Text waren wir uns sogar von Anfang an einig.

Wir hatten es nicht mehr bis zur Feencon geschafft, den eigentlichen Abenteuertext in das Layout zu setzen, wohl aber die Fassung mit Blindtext dabei und auch hier hatte ich das Gefühl, dass das Ergebnis bei den Leuten gut ankam.
Die endgültige PDF wird natürlich wie mittlerweile bei uns üblich zudem die Funktion bieten, die Hintergrundtextur für mehr Druckfreundlichkeit auszublenden.

Süßsaure Träume erscheint in der endgültigen Fassung nun kommenden Montag bei uns hier auf der DORP. Es ist das erste Abenteuer der Reihe Luna Noir, aber ich denke es ist sicher zu sagen, dass dort weitere folgen werden.{jcomments on}