Meyrink, Gustav: Der Mönch Laskaris

Manchmal ist es doch ganz interessant, mal in die Sekundärliteratur zu schauen. Da Gustav Meyrink tatsächlich so etwas wie ein kanonisierter Autor ist, funktioniert das sogar – doch zeichnet sich da ein recht zwiespältiges Bild.
Befragt man da etwa das „Lexikon der phantastischen Literatur“ (von Zondergeld und Wiedenstried), so liest man da, dass „die Interessen des Autors an okkulten Lehren“ diesen „nicht zum Vorteil gereichte[n]“. In FanPros „Lexikon der Horrorliteratur“ wird er schon offener gezeichnet und etwa erwähnt, dass selbst Schullektüre-Steller wie Kurt Tucholsky von Meyrinks Schreibe beeindruckt waren. Christian von Aster zuletzt bezeichnet ihn in seinem Horrorlexikon (zumindest in der stark bearbeiteten Neuausgabe‘) als „wohl bedeutendesten Schriftsteller der deutschen Phantastik“ nach E.T.A. Hoffmann.

In jedem Fall von Meyrinks Schaffen angetan scheint Frank Festa gewesen zu sein, der in seinem Verlag Anfang 2004 eine Sammlung zu dem von 1868-1932 gelebt habenden Autor veröffentlicht. Der fünfte Band der Reihe „Die bizarre Bibliothek“ beinhaltet dabei weder seine zentrale Erzählung „Der Golem“, für die er berühmt wurde, noch etwa „Walpurgisnacht“ oder „Das grüne Gesicht“, in welchem sich Meyrink – selbst Jude – mit dem Mythos des ewigen Juden auseinander gesetzt hat.
Vielmehr sammelt „Der Mönch Laskaris“ neben der titelgebenden Novelle zwei weitere Novellen („Der seltsame Gast“ sowie „Die Abenteuer des Polen Sendivogius“) sowie neun Kurzgeschichten.

Den Auftakt des Bandes bildet die besagte, titelgebende Novelle. Die mit 130 Seiten auch umfangreichste Erzählung des Bandes und ist ein schwerer Einstieg. Die Geschichte um Macht, Gier, Alchemie und Illusion ist nicht nur von der Spannungskurve her nach heutigen Maßstäben eher schwach, sondern auch mehr als jeder andere Text der Sammlung ein Zeitzeuge. Die Sprache ist komplex, der Satzbau ungewohnt und das Vokabular teilweise fremd. Auch der recht konsequente Gebrauch der direkten Anrede mit „Er“ ist für heute Augen einfach Blocker im Lesefluß.

Wer aber dennoch durchhält, wird ihr am Ende zumindest objektiv eine schriftstellerische Qualität attestieren können, kann sich vor allem aber auf wesentlich bessere Geschichten freuen. Etwa „Der Opal“, die den Charme einer schaurigen Anekdote, wie weitgereiste Onkel sie gerne erzählen, hat. Oder auch „Der Albino“, die sehr erfreulich belegt, dass Horror nicht immer Monster braucht. Hier ist es der Mensch, der einen Fehler macht, diesen nicht eingestehen will und so eine wahre Kettenreaktion von grausamen Ereignissen lostritt. Eine sehr komprimierte Tragödie, geradezu.
Teilweise sind die Erzählungen auch eher phantastisch-bizarr anstatt wirklich schrecklich. Etwa „Das ganze Sein ist flammend Leid“, die geradezu rührend zu nennen ist. Zwar schwingt auch hier eine düstere Phantastik mit, doch die Entscheidung, die der Protagonist am Ende der Geschichte fällt, bietet einen Schluß voller süßer Tragik.
Leider geht das Schema nicht immer auf und „Die Erzählung vom Raubmörder Babinski“ geht eher ins Leere. Man weiß zwar am Ende, was passiert ist, emotional gerührt hat einen die Geschichte allerdings nicht.
Besonders missfallen haben mir dabei allerdings jene Erzählungen, die wirklich von ausssprechlichen Schrecken berichten. Schon seit Lovecraft kennt man ja das Problem, dass die Beschreibung des Unbeschreibbaren eher zur Desillusion denn zum Grusel führt; auch hier kann man dies beobachten, vornehmlich in „Der Schrecken“.

Eine endgültige Betrachtung fällt schwer, schwerer als etwa bei, Clines „Die dunkle Kammer“, dem ersten Band der Reihe. Meyrinks Sprache hat definitiv Spuren durch ihr Alter davon getragen, was man nun gleichsam schön oder sperrig finden kann. Zwar lässt einen die Eröffnungsgeschichte „Schlimmeres“ vermuten, als man letztlich bekommt, aber für den generischen Leser ist der Band vermutlich nichts.
Für den generischen Horrorleser aber auch nicht. Im Sinne der Reihe sehr treffend ist der Anteil des rein Bizarren im Vergleich zum nominell Schrecklichen. Die Geschichten können auf jene, denen der Stil gefällt, sicherlich eine herrlich düstere Faszination ausüben – alle anderen werden eher den Kopf schütteln und lieber zu einem anderen Autor greifen.
Dies im Hinterkopf behaltend kann man aber durchaus mal einen Blick in den „Mönch Laskaris“ werfen, mir hat die Lektüre, abgesehen von den genannten Ausnahmen, sehr gut gefallen. Wer aber generell nach bizarr-düsterer Literatur sucht, dem würde ich weiterhin eher zu Leonard Clines „Die dunkle Kammer“, dem ersten Band der „Bizarren Bibliothek“, raten.


Name: Der Mönch Laskaris
Verlag: Festa
Sprache: Deutsch
Autor: Gustav Meyrink
Seiten: 320
ISBN: 3-935822-66-9{jcomments on}