Dungeons & Dragons - Drachenlanze - Chronik

Womit beginnt man am cleversten eine Rubrik mit Romanrezensionen? Natürlich: mit der Rezension eines namhaften Buches, oder, wie in diesem Falle: eines namhaften Buchzyklus.

Nun, meine Wahl ist da Die Chronik der Drachenlanze. Die meisten Fantasy-Begeisterten dürften bereits einmal von dieser Reihe gehört haben, aber viele verschreien sie als hirnlose High-Fantasy-Reihe, als literarisch minderwertig oder schlicht als "absolut durchschnittlich".

Nun, nichtsdestotrotz schwärmte mir ein Freund von der, wie der Titel schon verrät, in einer der AD&D-Kampagnenwelten spielenden, Buchreihe vor, und als dann mal wieder ein Sommerurlaub nahte, griff ich einfach beherzt zu.Nun, fangen wir mal grob an: die Chronik der Drachenlanze war die erste der mittlerweile unzähligen Dragonlance-Buchreihen und ist im Englischen eigentlich nur eine Trilogie, bestehend aus Dragons of Autumn Twilight, Dragons of Winter Night und Dragons of Spring Dawning. Nun, aus eher seltsamen Gründen hat man die Dinger bei Goldmann nun jeweils in der Mitte geteilt, nach Aussage des Verlages wohl vor allem, weil die Übersetzungen um einiges länger waren als die Originale. Hm, naja, lassen wir das mal im Raum stehen, aber Fakt ist: der Leser der deutschen Ausgabe muss weit mehr Geld hinlegen als ein englischsprachiger Leser...

Das führt auch dazu, dass die Cover der deutschen Bücher immer in der Mitte gespalten wurden, so dass man beispielsweise auf Drachenzwielicht die linke und auf Drachenjäger die rechte Hälfte von einer der hübschen Cover von Larry Elmore findet, die sich aber, um die Auffälligkeit komplett zu machen, zumeist in der Mitte scheiden, will sagen: Teile davon sieht man auf beiden Büchern.

Das ist nicht weiter schlimm, aber irgendwie peinlich, zumal Wizards of the Coast den Büchern im Original ohnehin schon ein paar viel schönere und moderne Cover spendiert haben...

Gemildert wird man dann aber zumindest im Inneren, denn jedes Kapitel wird von einer schönen S/W-Illustration von Jeffrey Butler eingeleitet, was angenehm zur Optik des ansonsten normal gelayouteten Buches beiträgt...
Aber das o.g. ist Verlagspolitik, und hier soll es mehr um das Buch selber gehen.
Es geht zunächst einmal um sechs Freunde, die sich nach einer jahrelangen Reise wieder in einem Gasthaus zusammenfinden, um sich zu berichten, was sie erlebt haben. Auf dem Backcover finden wir schon mal die Namen der Helden: "Tanis, der Halb-Elf, Sturm Feuerklinge, der Ritter von Solamnia, Raistlin, der Magier, Caramon, sein Zwillingsbruder, Flint Feuerschmied, der Zwerg und schließlich Tolpan Barfuß, ein Kender".
Die anfangs sechsköpfige Gruppe wird aber nicht lange, soviel sei noch verraten, friedlich beisammen sitzen können, denn unerwartete Ereignisse schicken sie auf eine Queste, die ganz klein beginnt und von Band zu Band epischer und epischer wird.
Die Gruppe wächst mit der Zeit noch etwas an, und gerade da liegt auch einer der Reize der Geschichte: in der Entwicklung und den Hintergründen der Charaktere. Denn obwohl der Reihe wirklich der Tiefgang der großen Meisterwerke der Phantastik (man denke nur an Tolkien...) fehlt, ist die Entwicklung der Charaktere höchst interessant.
Dabei tritt vor allem der große Liebling aller Fans, Raistlin, besonders daraus hervor, denn wie ein Kumpel von mir mal sagte: "Man muss echt alle Bücher lesen, um verstehen zu können, was er anstrebt."
Aber auch die anderen vorkommenden Charaktere, auch die Nebencharaktere, wachsen einem schnell ans Herz (ich kenne niemand, der nicht ein schmunzeln auf den Lippen zeigt, wenn die Sprache auf den Magier Fizban kommt..), und wissen zu begeistern und zu überraschen...

Der andere Reiz ist sicherlich die Story. Wie gesagt, sie beginnt recht klein und - relativ! - harmlos, wächst aber bald schon immer weiter an bis zu einem wahrlich großen Finale, welches die Reihe zu einem ihr gebührenden Abschluss bringt ... und dennoch genug offen Fäden ließ, um die weiteren Reihen daran anzuknüpfen.
Das ganze spielt nun auf Krynn, der Kampagnenwelt von Dragonlance, einem durchaus faszinierenden Hintergrund. Vor langen Jahren einmal stellte der damalige Königspriester in Istar so dreiste Forderungen an die Götter, das diese Erzürnt einen flammenden Berg auf die Stadt herabstürzen ließen und fortan kein Mensch sie mehr erreichen konnte. Die Welt hat sich durch diesen Akt des Zorns, "die Umwälzung" genannt, sehr verändert, doch sie bietet ohnehin viele exotische wie faszinierende Orte, so das die Reihe alleine dadurch zu gefallen weiß.

Sehr angenehm fällt auch auf, dass die Reihe frei von jenem Phänomen ist, dass der zweite Teil einer Trilogie (hier also Drachenwinter und Drachenzauber) irgendwie lahm ausfällt. Hier ist es anders, einen richtigen Durchhänger stellt keines der Bücher dar! Vielmehr kann man kaum aufhören zu lesen, denn spätestens nach den ersten beiden Bänden muss man einfach wissen, wie die Odyssee der Protagonisten weitergehen wird...
Also, ein Fazit? Die sechsteilige Reihe der Chronik der Drachenlanze ist sicherlich keine literarische Offenbarung der Klasse eines J.R.R. Tolkien, aber sie ist extrem gute Unterhaltung, gewissermaßen eine perfekt gearbeitete Entsprechung dessen, was man bei Film & TV als "Popcornkino" bezeichnet.
Zwar kein großer Subtext oder eine sprachliche Meisterleistung, aber Unterhaltung aller erster Güte.

Margaret Weis und Tracy Hickman{jcomments on}
Die Chronik der Drachenlanze
6 Bände, erschienen im Goldmann-Verlag: Drachenzwielicht, Drachenjäger, Drachenwinter, Drachenzauber, Drachenkrieg und Drachendämmerung