Guin Saga #03 – Die Schlacht von Nospherus
Wiederum mit gehörigem zeitlichem Abstand zum Vorgänger erschien vor einer Weile nun auch der dritte Teil von Kaoru Kurimotos epischer, auf 100 Bände ausgelegten Fantasysaga. Zur Erinnerung: Kurimoto ist Japanerin und beschloss irgendwann in den 70ern, dass die japanische Literatur eine große Lücke hatte: Es gab keine epische, vielbändige Fantasy-Saga. Die Lösung war für die Journalistin und Literaturkritikerin einfach und so beschloss sie, dieses Defizit eben selbst zu beheben. Das Ergebnis ist ihre Geschichte um den leopardenköpfigen Krieger Guin ohne Erinnerungen, der im ersten Band die beiden jungen Königszwillinge Rinda und Remus einsammelt, die auf der Flucht von den ursupatorischen Heerscharen des Reiches Mongaul sind.
Der dritte Band erscheint wie die beiden Vorgänger bei Blanvalet und ist einmal mehr erschreckend hässlich aufgemacht. Die japanische Ausgabe wurde von einem renomierten Künstler gestaltet, aber natürlich sehr „echt asiatisch“. Das geht wohl nicht für Blanvalet und von daher wurde auch „Die Schlacht von Nospherus“ mit regelrecht gruseligen Pseudo-Manga-Bildern und einem dort hinein retuschierten Foto einer Raubkatze verunstaltet. Immerhin ist die Katze dieses Mal wieder ein Leopard und kein Tiger, wie bei Band 2.
Die Übersetzung stammt auch ein drittes Mal von Norbert Stöbe und ist wieder gut, wenn ich sie auch an ein zwei Stellen rein subjektiv etwas sperriger fand als die des Vorgängerromans.
Auch dieses Mal wieder setzt die Handlung da an, wo wir unsere Helden in „In den Fängen des Kriegers“ zurückgelassen haben – vor einem Feld der gefährlichen Yidoh. Somit verbringen die Protagonisten auch gut die ersten sechzig Seiten damit, dieses Feld zu überqueren. Fand ich etwas übertrieben, macht aber im Gesamtkonzext des Buches durchaus Sinn. Im zweiten Akt versuchen die Protagonisten dann die zerstrittenen Stämme der Sem, der kleinwüchsigen, haarigen Wüstenbarbaren, die schon in den vorigen Büchern auftauchten, zu vereinen, um den Invasoren aus Mongaul entgegen zu treten. Den Mongauli ist der dritte Akt mehr oder weniger gewidmet, in dem wir mehr über Amnelis, die junge Anführerin des Invasionsheeres und lernen dort weitere Charaktere kennen, vor allem den jungen Astrias, einen tapferen Ritter mit viel Verehrung für seine Herrin, sowie Cal Moru, einen schrecklichen Magier.
Der dritte Akt geht dann fließend in den vierten und letzten Teil des Buches über, die titelgebende Schlacht in der Wüste Nospherus. Hier wird sich dann zeigen, ob Guins Kriegslist aufgeht. Alles endet dann in einem Cliffhanger, der mich aber, wie schon im Buch zuvor, beiweitem nicht so fesseln konnte wie der von „Im Auge des Leoparden“.
Eine Reihe von Eigenheiten der Romanreihe kommen auch im dritten Teil wieder zum Vorschein, die eindeutig auf die Wurzeln der Bücher hindeuten. Etwas das erstaunlich junge Alter aller beteiligten. Rinda und Remus, übrigens eher Gastcharaktere in diesem Buch, sind Kinder, das ist klar. Aber auch Istavan Zauberschwert ist gerade mal Anfang 20, Amnelis exakte 18 Jahre alt und Astias kaum älter. Das ist einerseits historisch gar nicht so sehr falsch, doch auch die Interaktion und Art dieser Charaktere gleicht sehr den jungen, zum Erröten neigenden, aufbrausenden und hingebungsvollen Charakteren, die man hierzulande vor allem aus Manga und Anime kennt.
Eben auch jenes Erröten, oder eine wörtliche Rede wie „...!“ sind eher unüblich in westlicher Literatur.
Wirkliche Tiefe mag Kurimoto den Charakteren aber auch dieses Mal nicht zu geben. Istavan, Rinda und Remus kommen recht kurz und die meisten Mongauli erfüllen wohl eher Funktionen, als dass sie Persönlichkeiten sind. Amnelis ist da sicher eine Ausnahme, Astrias auch noch. Doch es hat seinen Grund, dass ich einen großen Teil der restlichen Charaktere aus dem Heereslager nicht einmal aus dem Kopf mit Namen benennen kann.
Guin emanzipiert sich weiter von dem Conan-Charakter, den er im ersten Buch noch hatte. Er beweist Führungsqualitäten und zeigt auf dem Schlachtfeld einmal mehr seine unglaubliche Kampfkraft, wird – von der Wortwahl her vielleicht etwas unelegant – von Rinda sogar einmal als „Übermensch“ bezeichnet.
Ebenfalls bemerkenswert finde ich immer wieder, dass „Die Guin Saga“ eine sehr „liebe“ Fantasy-Reihe ist. Während sich andere Romane geradezu im Blut der Gestorbenen ahlen, „Das Lied von Eis und Feuer“ immer mal wieder wegen seiner expliziten Sexualdarstellungen gerüffelt wird und etwa Barbara Büchners DSA-Romane auf einige harte Traumata seitens der Autorin hindeuten, ist das hier anders. Das liegt auch nicht daran, dass es, wie in Tolkiens „Herr der Ringe“, einfach keine Frauen gäbe. Die gibt es schon. Allerdings muss man hier eher von einer bewussten Entscheidung sprechen. Wenn Istavan Rinda neckt, dass er doch König werden müsse, einer Prophezeiung wegen, und sie ja nun schon Prinzessin sei, dann geschieht das ohne Hintergedanken. Und eine andere Stelle spricht für sich: „Bestimmt hatte [Amnelis] nicht bemerkt, wie sehr [Astrias] ihre Schönheit bewunderte und wie sehr die Niederlage ihn betroffen gemacht und gedemütigt hatte. Dennoch nahm sie jetzt, in der strengen Schönheit des Wüstenmorgens, seine Gedanken vollständig in Beschlag. [...] Astrias kam gar nicht erst der Gedanke, dass er eines Tages den Stuhl zu ihrer Linken einnehmen [könnte]. Der junge Krieger war noch zu unverdorben, um dergleichen zu denken, und als er wehmütig zum Zelt der Generalin blickte, lag nichts als Ehrerbietung und Unschuld in seinem Blick.“
Gleiches gilt irgendwo für die Kämpfe, wo zwar stets Blut an irgendwas, Schwertern, Rüstungen und Guins gestähltem Oberkörper etwa, haftet, das aber nie zelebriert wird.
Um es klar zu sagen: Das freut mich. Ich muss für die Uni oft genug ziemlich harten Tobak lesen und hatte auch privat schon öfter eher heftige Literatur zwischen, da tut es gut, dass Kurimoto sich mit so etwas gar nicht aufhalten mag. Nicht alle Bücher sollten so sein, aber in diesem Falle sagt mir das durchaus zu.
Allerdings sei abschließend gesagt, dass „Die Schlacht von Nospherus“ gegenüber seinen beiden Vorgängern etwas abgebaut hat, da der Roman gerade in dem Mittelpart arg an Tempo verliert. Zwar gibt sich die Autorin alle Mühe, durch neue Handlungsfäden und einige komödiantische Einlagen die Handlung frisch zu halten, aber effektiv plant nach dem Yidoh-Feld zunächst Guin 65 Seiten lang die Einigung der Stämme, um dann weitere 70 Seiten Einblicke in das Mongaulische Heerlager zu liefer. Das ist beides nicht langweilig, aber für eine Reihe, die mit „Schnellfeuer-Action“ wirbt vielleicht etwas viel, da es so ununterbrochen die Buchmitte einnimmt.
„Die Schlacht von Nospherus“ erhält dennoch meine Kaufempfehlung, wenn man natürlich auch am Anfang der Reihe beginnen sollte. Doch das Buch hat mir wieder viel Spaß gemacht und ich blicke bereits mit Freude in das erste Quartal 2007, wo die Reihe ihre Fortsetzung mit „Gefangene der Lagon“ erhalten wird.
Kaoru Kurimoto
270 Seiten Softcover, Blanvalet
ISBN: 3-442-24325-4 {jcomments on}