Dresden Files #01 - Storm Front

In englischen Foren bin ich im Zusammenhang mit moderner Fantasy und Horror schon häufig über den Begriff "Dresden Files" gestolpert, eine Romanreihe, die in Amerika gerade unter Rollenspielern inzwischen überaus bekannt ist. Als ich den Namen das erste Mal sah, dachte ich gleich, es müsste irgendwas mit Nazis zu tun haben, inzwischen habe ich mir den ersten Band der Reihe einmal besorgt und gelesen und tatsächlich hat das Ganze weder etwas mit Nazis, noch mit der Stadt Dresden zu tun, dafür verstehe ich jetzt, was Rollenspieler an den Büchern finden.

Zum Äußeren von "Storm Front" könnte man Einiges schreiben, aber inzwischen ist das Buch in zig verschiedenen Auflagen zu haben, vom teuren Luxus-Hardback bis zum ramschigen Taschenbuch. Ich habe zu einer preiswerten Softcover-Ausgabe gegriffen, die hat eine nette Aufmachung außen und drinnen bedruckte Seiten mit dem Roman, nichts Besonderes. Der Text ist immer derselbe, da muss jeder selbst wissen, welchen Einband er bevorzugt und was er für das Buch auslegen will.

Der namensgebende Protagonist des Romans ist Harry Blackstone Copperfield Dresden, seines Zeichens Privatdetektiv und Magier - und das steht genauso an der Tür seines Büros in Chicago. Der Charakter, das Setting und der Erzählstil sind stark an gesellschaftspessimistische Noir-Vorlagen wie Sam Spade und Philip Marlowe angeleht, nur neuzeitlich und mit einem guten Schuss Harry Potter.
Harry Dresden ist sowohl als Detektiv als auch als Magier äußerst fähig, was ihm aber rein gar nichts einbringt: Normale Menschen benötigen selten seine Dienste und bei der Polizei sind seine magischen Ermittlungen zur Beweisführung vor Gericht meist völlig untauglich, wodurch Dresden an chronischen Finanzproblemen leidet. Weiterhin führt seine mächtige magische Aura dazu, dass sämtliche Technik in seinem Umfeld gern einmal den Geist aufgibt und zu allem Übel hat ihn der Rat der Magier auf dem Kieker und wartet nur auf den kleinsten Ausrutscher, um ein zur Bewährung ausstehendes Todesurteil an Herrn Dresden zu vollstrecken. Daher kann er nicht einmal seine magische Macht nutzen.

Unter diesen frustrierenden Voraussetzungen stolpert der magische Detektiv in seinem ersten Roman nun in einen Fall um einen extrem mächtigen Gegner, der schnell zu einem persönlichen Kampf auf Leben und Tod zwischen Dresden und seinem Wiedersacher eskaliert, wobei Dresden allerdings sowohl von der Polizei als auch von der magischen Inquisition als Hauptverdächtiger gejagt wird. Es versteht sich von selbst, dass dazu noch einige unschuldige Opfer und die sexy Reporterin in Gefahr sind und alles mit jedem Kapitel ein wenig schlimmer wird, bis Harry Dresden schließlich den Bösewicht in einem aktiongeladenen Showdown stellen kann. Am Ende ist der Tag gerettet, aber, wie es sich für das Genre gehört, ist für Dresden alles noch ein Stückchen schlimmer geworden als zu Beginn der Handlung.

Die erste Geschichte um Harry Dresden gefällt mir sehr gut, aber sie begeistert mich nicht. Dabei ist es nicht so, dass der Roman irgendetwas falsch machen würde, er ist spannend geschrieben, wie bei jedem guten Krimi kann man mitraten, wer nun der Täter ist, sowohl der weltliche als auch der magische Hintergrund sind sowohl überzeugend als auch unterhaltsam und der Antiheld Dresden ist ein sympathischer Charakter. Aber das war es dann auch, so wie das Buch keine wiurklichen Schwächen hat, hat es auch keine wirklichen Stärken: Die Sprache ist ebensowenig außergewöhnlich wie die Handlung.
Man muss "Storm Front" allerdings zu Gute halten, dass es auch gar nicht mehr sein will: Es gibt keine große Story, keine welterschütternde Prophezeihung, keine seitenlange Listen mit überschwenglichen Kritiken aus der New York Times - man kauft eine unterhaltsame Detektivgeschichte und man bekommt eine. Für lange Bahnfahrten oder als Strandlektüre ist das Buch genau richtig.
Mir persönlich hat es gut genug gefallen, dass ich mir beizeiten einmal den nächsten Band der Reihe vornehmen werde.

Fazit: "Storm Front" ist ein Buch, dass man Fans fantastischer Belletristik guten Gewissens empfehlen kann, das man aber nicht gelesen haben muss. Wer ein paar Stunden gut unterhalten sein möchte, sollte ohne Bedenken zugreifen, wer sich allerdings eine literarische Offenbarung erwartet, wird enttäuscht werden.


Jim Butcher
341 Seiten Softcover, Orbit (UK){jcomments on}
ISBN: 978-0-45145-781-3