Star Wars - Coruscant Nights 1 - Jedi Twilight

Nein, es ist wahrlich kein schönes Buch. Es ist ein Star Wars-Roman, das erkennt man an dem wie üblich geprägten und glänzenden Logo der Marke. So weit, so klar. Das Cover selbst ist eher hässlich gearbeitet und zeigt einen Kerl, den man auf den ersten Blick als Han Solo missdeuten könnte (es ist der Protagonist des Buches, Jax Pavan, aber dazu gleich mehr), einen komisch guckenden Protokoll-Droiden und – das wiederum ist schönes gemacht – versteckter im Hintergrund noch den drohenden Schatten von Darth Vader. Dazu der Titel, „Jedi Twilight“, der auch mal echt so klingt als hätte die Lucasbooks-Zufallstabelle herhalten müssen.
Alles keine Gründe, dieses Buch anzufassen, wäre da nicht der Autor. Michael Reaves. Reaves hat zusammen mit Steve „Schatten des Imperiums“ Perry gleich mehrere ganz wundervoller Star Wars-Romane geschrieben, von denen vor allem ihr „Medstar“-Zweiteiler hier relevant ist. Denn wie wir sehen werden, knüpfen die insgesamt drei „Coruscant Nights“-Bände lose an die „M.A.S.H. in den Klonkriegen“-Bücher der beiden Autoren an.

Coruscant Nights – was ist das eigentlich? Im Grunde ist es ein sehr, sehr starkes Konzept: Ähnlich wie bei „Medstar“ die Brücke von Star Wars zu M.A.S.H. & co. geschlagen wurde, schlagen diese Romane hier die Brücke zu den Geschichten des Film Noir sowie zu den Büchern der schwarzen Serie. Es geht hier in die untersten Gassen des Planeten, der im Laufe des ersten Buches auch in „Imperial Center“ umbenannt wird. Finstere Gassen, die zwar immer noch den Flair von Star Wars ausstrahlen, aber wie schon „Medstar“ davor dem ganzen eine ganz neue Perspektive geben.
Im Zentrum dieser Geschichte stehen gleich eine ganze Reihe von Charakteren. Protagonist ist Jax Pavan, ein Jedi, der noch immer auf der Flucht vor dem Imperium ist und dessen Name bereits in „Darth Maul: Shadow Hunter“ und „Medstar II: Jedi Healer“ fiel, aber der hier seinen ersten wirklichen Auftritt hat. Er holt sich bald schon Hilfe bei der machtbegabten Laranth Tarak, die als Grey Paladin zwar irgendwie auch eine Jedi ist, irgendwie aber auch nicht. Ebenfalls aus dem Heilerlager bekannt ist der Journalist Den Dhur und sein sehr spezieller Protokolldroide I-5YQ, die genauso ihren Weg durch die dunklen Gassen suchen wie Nick Rostu, ein Söldner, der hier auch nicht das erste Mal auftaucht.

Auch Kaird, den Assassinen von Black Sun, kennt man bereits aus der „Med Star“-Reihe, genauso wie seinen Gegenspieler Prinz Xizor weitläufig bekannt sein sollte und hier noch mal eine große Rolle spielen darf. Jetzt werfen wir noch Darth Vader ins Rennen, dem mit Haninum Tyk Rhinann ein neuer, aber auch spannender Gehilfe an die Seite gestellt wird.

Warum bete ich all diese Namen so herunter? So wie die Unterwelt von Coruscant während der Zeit nach den Klonkriegen zu einer Art Sammelbecken für jene wird, so funktioniert auch dieser Roman. Eine ganze Reihe von Handlungsfäden führt auf die eine oder andere Art und Weise all diese Charaktere auf ein und die selbe Queste, so dass es unvermeidlich scheint, dass am Ende alles zusammenprallt. Was es tut.
Interessant ist, dass „Jedi Twilight“ in sich sehr abgeschlossen ist. Zwar gibt es einen größeren Handlungsbogen, der gerade die, die sich bis zum Ende als Protagonistengruppe zusammenfinden, auch noch weiterhin durch die Reihe zu führen, doch viele andere Handlungsfäden enden entweder mit dem Finale des Buches oder laufen einfach in andere Richtungen weiter. Dadurch gewinnt Coruscant als Setting sehr viel Glaubwürdigkeit, ohne dass es zu Lasten der Erzählung gehen würde.
Das Buch ist dabei von Anfang an sehr spannend und hält bis zum Ende ein sehr hohes Tempo, verliert auch im Hinblick auf Folgebände nicht durch den Teilabschluss von Band 1 zu viel Geschwindigkeit. Im Gegenteil: Auch wenn die eine Gefahr gebannt ist, man will einfach mehr von Coruscants Schattenseite!

Reaves schreibt nach wie vor super. Er kann Figuren sehr gut charakterisieren und es gibt keinen, der hier nicht gut und individuell getroffen wäre. Schön funktioniert es, dass hier Leute aus sehr unterschiedlichen Hintergründen kombiniert werden, also etwa Machtnutzer wie Laranth und jene, die Jedis nur als beeindruckende Naturgewalten kennen wie Den Dhur.
Der in den „Medstar“-Büchern immer mal wieder nur angedeutete Plot um I-Five wächst hier endlich und gedeiht, bildet eine der Haupthandlungen der Reihe aus, wie es scheint. Ein anderer Fokus liegt aber auch tatsächlich auf der Stadt selber, denn Reaves gelingt es, der imperialen Hauptstadt, die ein ganzer Planet ist, mehr Facetten und Eigenheiten abzuringen als die meisten anderen Autoren vor ihm. Seine Schattenseite hilft, die lichtdurchflutete Traumwelt, die Lucas' Coruscant gerade in den Prequels zu sein scheint, glaubwürdiger zu machen. Bei ihm ist das Imperium noch wirklich eine finstere Diktatur, nicht einfach nur die Schurkerei vom Dienst.

Alles in allem kann ich „Jedi Twilight“ sehr empfehlen. Das Buch ist spannend, gut geschrieben, hat sehr viele tolle Charaktere, ein paar nette Wendungen und eine gute Dramaturgie.
Wie so oft bei Reaves gilt auch hier: Wer noch mal ein echt gutes Star Wars-Buch lesen will, das allerdings auf die üblichen Hauptcharaktere verzichtet und stattdessen sein ganz eigenes Figurengeflecht, sozusagen direkt nebenan, aufbaut, der ist hier goldrichtig.
Eine Veröffentlichung auf Deutsch ist bisher nicht vorgesehen, der amerikanische Buchpreis von 7,99 Dollar hingegen unglaublich fair. Da das Buch für DelRey-Verhältnisse sogar richtig gut verarbeitet ist, kann auch in diesem Punkt ein Kauf guten Gewissens empfohlen werden.


Michael Reaves
343 Seiten Softcover, DelRey {jcomments on}
ISBN 978-0-345-47750-7