Star Wars - Medstar I - Battle Surgeons

Es gibt mittlerweile derart viele Star Wars-Romane dort draußen, dass es selbst jemandem mit viel Hingabe langsam schwerfällt, da entsprechend den Überblick zu behalten. Nachdem die Romane eigentlich erst zu Beginn der Neunziger mit den „Thrawn“-Bänden von Timothy Zahn überhaupt wieder Leben eingehaucht bekamen (manche sagen, dass der gesamte Mythos so neues Leben eingehaucht bekam), sind nun aber doch 15 Jahre ins Land gezogen und das Buchregal des Fans ist sehr voll geworden.
Somit kamen auch Unterrubriken ans Tageslicht und so kommt es, dass das vorliegende Buch auch kein reiner Star Wars-Titel ist, sondern eben „a clone wars novel“. Von denen wollte ich mich eigentlich gänzlich fern halten, meine Fühler niemans auch nur in deren Richtung ausstrecken – doch dann stieß ich auf den vorliegenden Titel, den ersten Teil einer Duologie, und alles ward anders.

Die Autoren des Buches waren mir beide durchaus bekannt. Michael Reaves hat „Darth Maul – Shadow Hunter“ geschrieben und abseits des Themengebiets etwa die faszinierende Anthologie „Shadows over Baker Street“ herausgebracht. Steve Perry kannte ich dagegen sogar aus erster Hand, zeichnete er sich doch etwa für die wirklich gute Aliens-Trilogie (die nicht die Alien-Filme nacherzählt, sondern deren Mythos weiterspinnt; eine Rezension gibt es hier bei uns) verantwortlich, war jedoch vor allem Federführend bei dem Multimedia-Star Wars-Projekt „Shadows of the Empire“. Also schon einmal vielversprechend.

Auch das Setting gefiel mir vom ersten Blick an: Dreh- und Angelpunkt von „Battle Surgeons“ ist ein mobiles Chirurgiebataillon während der Klonkriege. Die dschungellastige Welt Drongar ist der einzige ist die einzige Quelle für Bota, eine Art Wundermedikament, das für den Fortgang des Krieges essentiell sein könnte. Der Fokus liegt jedoch nirgends auf dem Konflikt zwischen Republik und Separatisten, sondern alleine auf der kleinen Gruppe Ärzte, die vor diesem Hintergrund um das Überleben der Truppen ringt.

Klingt nach M*A*S*H? Richtig vermutet, die Parallelen sind stellenweise gar nicht zu übersehen. Reaves und Perry sind beide mit dem Vietnam-Krieg groß geworden und offenbar Fans der Serie (bzw. des Films), haben daher viel Flair von M*A*S*H auf gespenstisch gute Art und Weise auf den Klonkrieg-Hintergrund übertragen.

Erfreulich dabei ist extrem hohe Zahl gut ausgearbeiteter Charaktere. Etwa Jos Vondar, der eigentlich ganz archetypische Chirurg, der mitten im Krieg hängt und dessen Gräuel mit zynischen Kommentaren verarbeitet, jedoch zunehmend seiner Illusionen beraubt wird. Zan Yant ist sein Zeltgenosse, ein Zabrak mit unglaublicher Liebe zur Musik, Tolk la Trene dagegen eine junge Frau, in der Jos gerne mehr sähe als nur eine Kollegin.
Dann ist da Den Dhur, ein sullustanischer Kriegsberichterstatter, der ebenfalls der Arzteinheit zugeteilt wurde und nun an der Front nach seiner großen Story suchen muss. Die findet er in Filba, einem hochrangigen Hutten, sowie Admiral Bleyd, die gerne selber auch etwas Profit durch das Bota machen würden.
Klar, dass unter diesen Umständen auch Black Sun nicht weit sein kann – und da es krieg ist, gibt es auch noch einen Spion in der Basis, dessen Identität aber sicherlich eines der größten Rätsel der zwei Bände ist.
Wegen derartiger Vorgänge ist mit Barrisf Offee, der Padawan von Luminarra Unduli, sogar ein mehr oder weniger eindeutig dem Kanon entwachsener Charakter vor Ort, um Licht in das Dunkel zu bringen. Dabei darf sie sich zudem mit Phow Ji anlegen, dem brutalen Kampftrainer vor Ort, der offenbar einen nicht zu unterschätzenden Groll in sich trägt.
Für ein trockenes Lachen hier und da ist dann I-Five zuständig, ein sehr ... emotionaler Protokolldroide, während der Seelenklempner Klo Merit stellenweise etwas blass bleibt.

Diese Charaktere sind es auch, die „Battle Surgeons“ letztlich verkaufen. Die Handlung ist gut und spannend, das Timing für die gut 300 Seiten exzellent gewählt, aber es sind die zahlreichen Einblicke in diese Charaktere, die den wirklichen Spaß ausmachen.
So kann man etwa über die Geschichte hinweg beobachten, wie sich Jos‘ Auffassung gegenüber den Klonen markant ändert, als er in einer der Truppen tatsächlich Emotionen entdeckt und bemerkt, dass sie wohl doch nicht so austauschbar sind, wie er sich das insgeheim gewünscht hat.
Das ist aber nur ein Beispiel von vielen, auf die ich aber zwecks Spannungserhalt hier nicht weiter eingehen möchte.

Auffällig ist dabei, dass sich der Roman erfreulich anders liest als andere „Star Wars“-Romane. Es sind nur wenige Actioneinlagen im ganzen Buch und selbst die meisten Kämpfe, die dann enthalten sind, finden eher „hinter der Kamera“ statt. Hier geht es klar um die Charaktere und wie sie mit ihrer Situation vor Ort umgehen, wie der Krieg sich auf sie auswirkt und mit was für moralischen Konflikten sie sich konfrontiert sehen.
Der nahezu vollständige Verzicht auf Signature Characters schafft zudem eine gewisse Spannung, die man sonst nicht so kennt. Mace Windu etwa wird einen Roman, der vor Episode III spielt, sicher überleben, da er dort noch einmal auftaucht. Aber ein Charakter wie Jos Vondar, der einzig und alleine für diese Duologie geschaffen wurde, lebt da einfach gefährlicher.
So kommt es auch, dass gleich einige der oben genannten Charaktere den zweiten Band der Reihe nicht mehr erreichen werden. Die Tode machen aber ebenfalls Sinn, soweit es die Rahmenhandlung betrifft, denn auch das gehört zum M*A*S*H-Flair dazu – es ist vielleicht lustig, aber es ist auch Krieg.

Reaves und Perry sind dabei zahlreiche Gradwanderungen geglückt. Einerseits nimmt sich der Roman sehr viel Zeit mit der Charakterisierung seiner Figuren, andererseits verliert er dabei nie die Handlung aus den Augen. Alleine der Spion sorgt immer wieder für Spannung.
Stellenweise sind die Schilderungen der medizinischen Eingriffe schon regelrecht akademisch beschrieben, stellenweise wirkt der Roman geradezu idyllisch und poetisch, wenn die Protragonisten bei einer Runde Sabacc regelrechte Stammtisch-Philosphie betreiben, stellenweise ist der Umgang mit der Frage nach der Individualität der Klone nachdenklich und dann wiederum folgen Szenen, die überrasche Härte spüren lassen.
Und all das, ohne dass der Roman ganz seinen Star Wars-Flair einbüßen müsste, wenn die Stimmung natürlich schon merklich abweicht.

Ein Endergebnis wird auch vom abschließenden, zweiten Teil „Jedi Healer“ abhängen, da sich dort zeigen muss, ob die beiden Autoren wirklich auch ihr äußeres Gesamtkonzept würdig abschließen können.
Doch soweit es um eine Kritik von „Battle Surgeons“ alleine geht, so kann ich schon einmal klar sagen: Lest das Buch! Wer M*A*S*H mochte, wer Star Wars mag und wem Action weniger wichtig ist als eine packende Atmosphäre mit tollen Charakteren, der muss hier zugreifen.
Doch auf wen nicht alle diese Punkte zutreffen, sollte ruhig einmal einen Blick riskieren. Für mich klar einer der besten Star Wars-Romane seit Jahren.


Michael Reaves & Steve Perry
Medstar I{jcomments on}
309 Seiten Softcover, Del Rey
ISBN: 0-345-46310-2