Star Wars - Medstar II - Jedi Healer

„Jedi Healer“ ist der Nachfolgeband zum neulich auch hier besprochenen „Battle Surgeons“, einem sehr ungewöhnlichen Ableger der „Clone Wars“-Romane zum „Star Wars“-Hintergrund. Der Fokus liegt dabei auf einer mobilen Arzteinheit auf dem Planeten Drongar, ganz ähnlich der M*A*S*H-Einheit der gleichnamigen TV-Serie.
Drongar ist heiß umkämpft aufgrund einer Pflanze namens Bota, einem kuriosen Gewächs, was je nach Spezies, auf die es verwandt wird, irgendetwas zwischen Super-Droge und Wunderheilmittel darstellt. Kein Wunder also, dass Republik, Separatisten und das Black Sun-Verbrecher-Kartell ihre jeweiligen Interessen haben, sich die Pflanze anzueignen.

Mehr zur Prämisse des Bandes entnehme man sonst aber meiner Rezension zum ersten Band, denn „Jedi Healer“ ist, wie eingangs erwähnt, der abschließende Teil der Duologie. Erste Befürchtungen ob des Titels, dass sich der Blickwinkel zu sehr auf die junge Padawan Barriss Offee verengen könnte, waren unbegründet. All die Charaktere, die den ersten Band überlebt haben, sind wieder mit dabei, wenn auch teilweise, nicht zuletzt durch das Finale des letzten Bandes, ziemlich angekratzt.
Doch auch neue Charaktere fügen sich in den munteren Figurenreigen ein. So erhält die im Orbit schwebende Medstar I einen neues Kommandanten, der jedoch in einer ganz eigentümlichen Beziehung zu Jos steht und die Chirurgen werden um Kornell „Uli“ Divini erweitert, der sich, frisch von der Akademie, jung und naiv, aber extrem kompetent anschickt, seinen Teil zu leisten.
Der Black Sun-Gesandte Kaird macht mit einigen neuen „Gehilfen“ seine Runden und natürlich ist weiterhin ungeklärt, wer nun der mysteriöse Spion ist, der sowohl für die Separatisten als auch für Black Sun im Lager seine Dienste verrichtet.

Daraus resultiert auch bereits die erste Kernfrage des Romans. Die Frage, wer der Spion ist, sowie die Implikationen der ersten Vermutungen, auf die man als Leser kommt, halten einen gebannt fest und lassen einen den Band kaum beiseite legen. Bis zum Ende des Romans wird sich die Frage klären und ich kann guten Gewissens sagen, obwohl ich sehr darauf geachtet habe, hat mich die Auflösung verblüfft, ohne dabei konstruiert zu sein. Sehr großartig.
Die zweite Kernfrage dreht sich dann doch um Barriss. Nachdem sie im ersten Band ja schon einige Zweifel an sich selbst geäußert hat, steht sie hier nun der wohl schwierigsten Entscheidung ihres Lebens gegenüber. Sie findet recht früh heraus, dass das Bota auf Machtnutzer noch einmal ganz eigene Auswirkungen hat. Es verbessert ihre Möglichkeiten, ihren Zugang zur Macht und gibt ihnen ein Gefühl von Omnipotenz. Barriss weiß, dass ihrem Camp ein dunkles Schicksal droht und vermutet, dies mit dem Boost, den sie durch eine Dosis Bota erhält, verhindern zu können. Doch wäre das der Weg eines Jedi?

Die restlichen Charaktere versuchen eigentlich alle, zunächst einmal ihre Leben irgendwie im Wahnsinn des Krieges weiterzuleben. So müssen Jos und Tolk weiter um ihre Beziehung ringen, Den muss eine Entscheidung zwischen Freundschaft und Karriere fällen und I-Five weiter an seinen fehlenden Erinnerungen knabbern. Kaird versucht, die Richtung seines Lebens neu auszurichten, Column/Lens sieht sich einem moralischen Konflikt gegenüber und auch sonst gibt es eigentlich keinen Charakter, der nicht auf den 302 Seiten des Romans irgendwo eine folgenschwere Entscheidung zu treffen oder Wendung zu überstehen hat.
Es ist toll, wie Reaves und Perry es auch im zweiten Band schaffen, dabei auf den üblichen Popcorn-Kino-Kram der SW-Romane zu verzichten. Es gibt keine Raumschlachten, Kämpfe finden fast ausschließlich abseits der erzählten Handlung statt und die Konflikte sind alle von innerer Art.
Es geht hier wirklich einmal um Charaktere und darum, wie sie mit ihrer harschen Umwelt umgehen. Wer die „Clone Wars“-Cartoons gesehen hat, der hat ja eher einen Eindruck von dem „großen Spaß“ bekommen, den all diese coolen Kämpfe bereiten. Die Autoren drehen hier den Spieß um und zeigen einmal die andere Seite eines Krieges, die nervliche Belastung, die endlosen Reihen verletzter Soldaten (und Klone) und die fragile Zuflucht, die eine Freundschaft in einem derartigen Szenario darstellen kann.

Ich bin, wie schon vom Vorgängerband, auch von „Jedi Healer“ immens angetan. Die Medstar-Duologie sind die vielleicht „erwachsensten“ Bände, die ich für Star Wars je gelesen habe, erreichen das aber einfach durch gute, ausgewogene Schilderungen und nicht etwa durch erhobene Zeigefinger oder übertrieben drastische, gar splattrige Schilderungen.
Es macht Spaß, diesen Charakteren bei ihrem ungewöhnlichen Tagewerk zuzusehen, alleine, weil sie so glaubwürdig und „normal“ sind. Wenn Jos, Den, Tolk, Klo, Barriss und I-Five sich Abends zum Sabacc-Spiel treffen und dabei über den vergangenen Tag diskutieren, dann ist man dabei, ist Teil des großen Konflikts, sitzt mit ihnen an einem Tisch – und das ist eine Dichte, die ein derartiger Roman bei mir nur sehr selten erreicht.

Beide Daumen hoch also für diese „Duologie“. Man darf gespannt sein, ob der eine oder andere der beiden, oder gar beide zusammen, noch einmal so ein mutiges, spannendes und mitreißendes Setting vor diesem Hintergrund aufziehen werden. Bis dahin aber kann man getrost zugreifen und zwei Bände lang den Ärzten des „Rimsoo Seven“ beiwohnen, wie sie zusammenflicken, was die üblichen Heldencharaktere abseits der Handlung zerlegen...


Michael Reaves & Steve Perry{jcomments on}
302 Seiten Softcover, Del Rey
ISBN: 0-345-46311-0