Star Wars - New Jedi Order 6 - Balance Point

„Balance Point“ ist der sechste von insgesamt neunzehn Romanen der „New Jedi Order“-Reihe, in der ein größerer Stamm von Autoren versucht hat, der etwas festgetretenen „Star Wars“-Romanreihe mal einen neuen Anstoß zu geben. Die Invasion durch die Yuuzhan Vong teilt die Fans nach wie vor in zwei Lager, eben jene, die es cool finden, dass der Hintergrund düsterer geworden ist und jene, denen es missfällt, dass die Aliens mit der eierlegenden Wollmilchsau-Biotechnologie alles niederreißen, was hoch und heilig ist.

Mit Kathy Tyers hat der sechste Band eine Autorin bekommen, die Fans der Reihe sicherlich noch von „Der Pakt von Bakura“ her etwas sagt. Ich gebe freimütig zu, ich bin kein allzu großer Fan des mittlerweile recht alten Romans, der nur Stunden nach „Die Rückkehr der Jedi-Ritter“ bereits einsetzt und war reagierte eher verhalten, als ich sah, dass nach R.A. Salvatore, Michael Stackpole und James Luceno nun ausgerechnet sie den nächsten Band der Reihe schreiben sollte.
Aber gerade sprachlich hat sich bei ihr einiges getan und „Balance Point“ liest sich zweifelsohne deutlich besser, als noch der „Pakt“ es getan hat. Er hat aber seine Schwächen, auf die wir gleich noch zu sprechen kommen werden.

Die Handlung ist eigentlich recht simpel. Leia Organa Solo ist auf dem Planeten Duro und versucht verzweifelt, die tausenden Flüchtlinge adäquat unterzubringen. Dabei ahnt sie nicht einmal, dass ihr Mann Han und ihr gemeinsamer Sohn, Jacen, ebenfalls auf Duro weilen und in einem benachbarten Lager versuchen, tausende Flüchtlinge adäquat unterzubringen.
Jaina Solo, die eine Tochter der Familie, hat derweil einen schweren Flugunfall und wird daher, temporär ihres Augenlichts beraubt, zu ihrem Vater nach Duro geschickt, um sich dort zu erholen.
Luke, Mara und Anakin haben ebenfalls irgendwann einen Grund, nach Duro zu reisen und so begibt es sich, dass sich so ziemlich alle wichtigen Charaktere der beiden großen Clans einmal wiedersehen werden.
Doch nicht nur alle sie, sondern auch der Infiltrator Nom Anor ist auf dem Planeten unterwegs und versucht, weiteres Unheil zu stiften.

Klingt arg konstruiert die Handlung? Jepp, ist sie auch. Kurioserweise stört einen das bei der Lektüre nicht eine Sekunde lang. Viele schöne, lustige aber auch schwerwiegende Augenblicke entfalten sich im Rahmen des Romans, vor allem rund um die Solos. Nachdem Han in Lucenos Romanen seine Sühne wegen Chewies Tod einigermaßen bewältigt bekommen hat, kann er hier nun einmal beginnen zu flicken, was in den letzten Büchern im Rahmen seiner Ehe so zu Bruch gegangen ist. Auch Jainas Verhältnis zu ihrer Mutter wird ebenso durchleuchtet wie der latente Konflikt, der sich in Fragen der Machtnutzung zwischen Anakin und Jacen mehr und mehr anbahnt.

Nein, der Roman hat auf der Handlungsebene ein ganz anderes Problem. Wenn „Vector Point“ ein schweres Erdbeben war und die beiden nachfolgenden Duologien dessen Nachbeben, dann ist „Balance Point“ genau der Zeitpunkt, an dem mal wieder Ruhe hineinkommt.
Das ist zwingend notwendig für die Charaktere, das ist auch schön im Sinne einer erzählerischen Logik, aber es hat den Nachteil, dass Ruhe langweilig ist. Da können auch kleinere Konflikte wie die Missetaten des Hutten Randa nichts helfen, der Roman läuft eher bedächtig ab. Wer mit den Charakteren mitfiebert oder zumindest deren inneren Konflikte spannend findet, der wird sehr gut unterhalten. Wer eher flotte Action erwartet, wird erst ganz am Ende auf seine Kosten kommen. Dann aber mal wieder so richtig.

Was einen am Lesen hält ist wirklich das hohe Feingefühl, mit dem Tyers ihre ganzen Charaktere handeln lässt. Die Schilderungen bleiben dabei konsequent im Vergleich zu den vorigen Bänden und Autoren, wenn die Autorin auch wenigstens an einer Nennung ihrer eigenen außeriridischen Rasse (aus dem „Pakt“) nicht vorbei kam. Gemessen an der Thrawn-Beräucherung späterer Timothy Zahn-Text geht das kleine Bisschen aber in Ordnung.

Wer mal einen Roman mitten aus der Reihe lesen will (warum auch immer man das wollen können sollte), der sollte vielleicht nicht „Balance Point“ nehmen; wer die Reihe liest, der kommt an Band 6 natürlich ebenso wenig vorbei wie an dem Band davor oder danach. Rein subjektiv gesehen hat mir „Balance Point“ über weite Strecken sehr gut gefallen und einige kleine Szenen, besonders zwischen Luke und Mara, haben mich sogar emotional ansprechen können.

„Balance Point“ ist kein Meisterwerk, aber eine akzeptable Fortentwicklung der Romanreihe rund um die größte Invasion, die das Star Wars-Universum je erlebt hat. Doch bleibt Kathy Tyers‘ Buch ein einmaliges Gastspiel. Es folgt nun wieder einmal eine Duologie, „Edge of Victory“ getauft und von Gregory Keyes geschrieben, der sich im Genre durch seine „Babylon 5“-Trilogie um Psicop Bester einen Namen machen konnte.
Doch ob „Conquest“ und „Rebirth“ vielleicht mal wieder etwas heller scheinen können als nur „ganz gut“, das wird das Thema einer späteren Rezension werden. „Balance Point“ jedenfalls war okay. Nicht mehr, nicht weniger. Okay.


Kathy Tyers
384 Seiten Softcover, DelRey{jcomments on}
ISBN: 0345428587