BattleTech – Classic 20 – Andurienkriege 1 – Präludium

Bernard Craw dürfte Battletech-Fans ja kein Unbekannter sein, hat er vor ein paar Jahren noch unter der Regie von Fanpro bereits Karma verfasst. Nach einigen weiteren DSA-Romanen liefert er mit Präludium nun den ersten Teil eines zweiteiligen Zyklus ab, mit der er nach eigenen Aussagen schon lange schwanger ging: die Andurienkriege.

Die Reihe dreht sich also um die Abspaltung des Herzogtums Andurien aus der Liga Freier Welten während des vierten Nachfolgekrieges, um seinen Erbrivalen attackieren zu können, die Konförderation Capella. Wieso mussten sie sich dazu separieren? Nun, das Haus Marik mag formal der Herrscher über die Allianz von zusammengeschlossenen Kleinreichen sein, aber diese Reiche sind an sich autonom. Das Herzogtum Andurien unter Kommando der Familie Humphrey hegt schon lange keine Freundschaft zu den Capellanern, wird aber durch einen Friedensvertrag zwischen Liao und Marik (und Kurita) in Zaum gehalten. Jedenfalls bis ein capellanischer Offizier in einem Krankenhaus der Andurianer einen Zwischenfall herbeiführt und der Familie Humphrey damit einen Vorwand bieten, sich aus der Liga zu lösen und gemeinsam mit einem Peripheriestaat in die Konföderation einzufallen.

Dabei trägt der Roman seinen Titel zu Recht, denn in Präludium hat der Andurienkrieg noch nicht begonnen, es geht vielmehr darum, ihm und seinen Protagonisten die Bühne zu bereiten. Die verschiedenen Handlungsfäden des Romans fließen jedoch noch nicht wirklich ineinander und als Leser fragt man sich, wann der titelbestimmende Andurienkrieg denn nun losgeht und was diese Figuren und ihre Storys für die Handlung des Romans leisten werden. Zwar wird die Familie Humphrey als wirklicher Akteurdes Konflikts auch beschrieben, jedoch nur zu Beginn des Buches. Ständig tauchen neue Figuren auf, ohne dass zu alten zurückgekehrt wird, bisweilen trifft man nur in einem Kapitel auf bestimmte Leute, die dann nie mehr erwähnt werden. Auch die ausführliche Fortführung der Geschehnisse und Figuren aus Karma bzw. von Niomede 4 macht es dem Leser dank bekannter Gesichter und Orte zwar leichter in den Roman zu finden (sofern man sich Jahre nach dessen Erscheinen noch daran erinnern kann ...), aber es wird auch hier noch nicht klar, inwieweit das für das große Ganze relevant wird. Die Rahmenhandlung der sich abzeichnenden Loslösung Anduriens von der Liga wird oftmals nur angedeutet oder nebenbei erwähnt. Dadurch wirkt der ganze Roman eher wie Stückwerk, das hoffentlich im zweiten und finalen Teil Zorn zu einem Ganzen zusammengefügt werden wird.

Auch wenn die Handlung verworren daherkommt, wird die Welt von Battletech so lebendig wie selten sonst. Wo sich in eigentlich fast allen Romanen dieses Universums die Welten durch ein beliebiges Adjektiv unterscheiden (z.B. schwarzer Strand, wow), ist das Universum, das Craw uns beschreibt, groß, exotisch und sehr abwechslungsreich. Hier sind die Orte des Geschehens wirklich etwas besonderes, sei es nun ein Tanzball in Schwerelosigkeit, eine gefährliche Eiswelt oder das autarke Höhlensystem von Niomede 4. Das ist jedoch nicht nur eine farbenfrohe Beschreibung, sondern dient auch der Handlung und den Charakteren. Wenn ein Charakter von einem atmosphärenlosen Steinbrocken Probleme damit hat, sich an eine reale Sonne zu gewöhnen, weil er so etwas schlicht nicht kannte, dann sorgt das für so viel mehr Leben und Glaubwürdigkeit. Aber auch Gebräuche und vor allem Religion wirken so viel facettenreicher und phantastischer, als man es sonst von Battletech kennt. Sei es nun der bizarrer Aschenkult, die Verwendung von geweihtem Gel statt Weihwasser in einem schwerelosen Raumschiff oder die Riten der Todeskommandos, alles wirkt exotisch und seltsam, aber dennoch glaubwürdig. Und dadurch wirkt der ganze Roman so unglaublich dicht! Was wir für Battletech brauchen, sind mehr solcher vermeintlicher Kleinigkeiten, die in der Summe erst einem Universum Leben einhauchen. Das Gefühl von Größe und Epik findet sich hier wirklich und erinnerte mich in vielen Momenten an den Klassiker Dune.

Etwas irritiert hat mich, dass die deutschen Namen der Mechs verwendet wurden, aber sehr viele Begriffe in englischer Sprache sind. Warum die Eliteeinheit Liaos Death Commandos statt der etablierten Todeskommandos sind, bleibt rätselhaft. Deren Ausbildung wird ausführlich beschrieben, auch wenn ich deren aus dem Film Equilibrium entlehnte Gun-Kata etwas überzogen fand. Auch die erschreckende Grausamkeit und bisweilen schiere Bösartigkeit der Capellaner wirkt etwas zu dick aufgetragen und passt nicht so ganz in die ansonsten sehr differenzierte Zeichnung der Figuren. Im sehr ausführlichen Anhang finden sich nicht nur die Rangbezeichnungen der Fraktionen, sondern auch ein Verzeichnis der mehr als 90 handelnden Personen (!) und sogar eine kurze Erklärung der sechs Regimenter der Defenders of Andurien samt Wappen! Cool.

Präludium zu bewerten fällt insgesamt schwer. Einzeln betrachtet laufen zu viele Handlungsstränge ins Leere und es gibt zu viele Personen,  die dann auch noch zu selten etwas tun. Das ist aber nur bedingt ein Kritikpunkt, immerhin handelt es sich um den wegbereitenden ersten Teil, der dann mit Zorn hoffentlich abgeschlossen werden wird. Was aber bereits fantastisch funktioniert ist die Atmosphäre, die lebendige Welt und die vielschichtigen Charaktere, die darin unterwegs sind. Battletech-Fans sollten sich diesen Roman gönnen, auch wenn Mech-Gefechte weitestgehend ausbleiben und auch die große Politik der "historischen Ereignisse" eher durch zweite Hand erfahren wird.


Titel: Andurienkriege 1 – Präludium
Autor: Bernard Craw
Verlag: Ulisses
ISBN: 978-0-86889-164-5
Seitenzahl: 448 Seiten
Preis: 10 €{jcomments on}