Hexer von Riva #1 - Der letzte Wunsch

Gute Ratschläge muss man mir oftmals mehrfach geben. Das ist eine Erkenntnis, die mir immer mal wieder in letzter Zeit gekommen ist und eine, die auch im Bezug auf Bücher manches Mal wahr ist.
Bei George R. R. Martins „Lied von Eis und Feuer“ war das so und bei dem vorliegenden Buch ist es auch nur beständiger Erwähnung durch eine gute Freundin geschuldet, dass ich mich einmal an das polnische Fantasy-Epos Sapkowskis gewagt habe.

„Der letzte Wunsch“ ist der erste Teil einer noch immer wachsenden Reihe von Büchern rund um den Hexer Geralt von Riva, die auch bereits als Grundlage für Computerspiele und budgettechnisch unterversorgte Fernsehabenteuer gedient hat.
Das im polnischen „Ostatnie Zyczenie“ betitelte Buch (ich unterstelle mal, dass der deutsche Titel vermutlich sinnwahrend ist, da alle internationale Ausgaben in etwa den gleichen Titel tragen) erschien bereits 1993 im der Muttersprache des Autors, fand dann aber erst 2006 seinen Weg nach Deutschland. Und während die neueren Bände der Reihe mittlerweile, nicht zuletzt im Windschatten des Computerspieles fahrend, prunkvolle Ausgaben darstellen, sind die ersten Teile noch im wahrsten Sinne des Wortes klassische Taschenbücher.

Das Buch ist dabei aber durchaus schön aufgemacht, gut gebunden, von fairem Preis und vom Schriftbild her angenehm lesbar – was will man mehr?„Der letzte Wunsch“ enthält dabei sechs Kurzgeschichten, die von einer siebten als Rahmenhandlung umschlossen und teilweise sehr ideenreich miteinander verbunden werden. Somit ist es zugleich ein Kurzgeschichtenband, erzählt aber dennoch eine in scih geschlossene Gesamtgeschichte. Das ist durchaus sehr schön gelöst.

Worum geht es nun? Geralt ist ein „Hexer“ – was eine Profession ist, deren Bezeichnung leicht irreführend ist. Hexer, so erfährt man schnell, erschlagen Monster, die Menschen bedrohen und lassen sich dann dafür bezahlen. Sie sind selbst keine Menschen im eigentlichen Sinne und heben sich durch magische Fähigkeiten von der Masse ab, sind aber andererseits jetzt auch keine Hexenmeister oder auch die männlichen Entsprechungen derer, die in Lebkuchenhäusern auf Kinder harren.
Diese Märchenreferenz verwende ich nicht von ungefähr, denn die Romanreihe zeichnet sich vor allem durch ihr sehr eigenwilliges Setting aus. Klar, was Sapkowski präsentiert ist, zunächst einmal, klassische Fantasy. Es gibt Elfen und Zwerge (wenn auch anders, als man es gewöhnt ist), Zauberer und eben Hexer, sowie seltsame Monster. Doch schon in den ersten Geschichten merkt man, dass hier noch eine andere Inspiration am Werk ist: Klassische Märchen, jedoch zumeist mit einem bösen Twist. Boshafte Prinzessinnen etwa, die von Zauberern in Türme gesperrt werden, aber von dummen Prinzen befreit werden oder bei sieben feisten Gnomen Unterschlupf finden. Oder eine ganz faszinierende Variante der Geschichte von der Schönen und dem Biest.
Sapkowski versteht es, diese Geschichte zu einem bestimmenden Teil seines Settings zu machen, ohne dem dabei aber einen so zentralen Rahmen zu geben wie es etwas Terry Gilliams Film „Brothers Grimm“ 2005 getan hat.

Das zweite Standbein der Geschichten ist dann wirklich der Charakter Geralt. Ja, natürlich, ist er in gewisser Weise auch nur die wiederholte Iteration des Antihelden-Typen, den man nun auch von Elric von Melniboné bis Drizzt Do‘Urden irgendwie schon mal gesehen hat. Aber Geralt ist dennoch auf seine Weise frisch. Er hat eine ganz eigene Art, die Dinge zu betrachten und schwebt mit seinen Kommentaren irgendwo in einem Dreieck aus Zynismus, Fatalismus und Philosophie, was unter‘m Strich einfach Spaß macht.

Dabei ist „Der letzte Wunsch“ keine hohe Literatur und alles in allem auch kein Buch für tiefe Gedanken – sieht man vielleicht mal davon ab, dass der belesene Leser halt zumindest viele, viele Anspielungen finden und genießen kann.
Aber Sapkowski versteht sein Handwerk, übrigens ebenso wie Übersetzer Erik Simon, der den Text direkt aus dem Polnischen übertragen hat. Er schreibt gut und die Art, wie er die Einzelgeschichten mit der Rahmenerzählung verbindet, ist durchaus bemerkenswert.
Wenn man die ersten fünf Seiten gelesen hat, so hat man bereits eine Sex-Szene und einen kurzen, aber blutigen Kampf hinter sich. Wenn man den längeren Dialog danach noch gelesen hat, dann sollte man eine recht gute Vorstellung haben, was einem in dem Buch erwartet. Ich für meinen Teil war da bereits süchtig und habe Band zwei geordert.
Und insofern kriegt die Reihe, zumindest zunächst der erste Band, meine ganz klare Kaufempfehlung!


Name: Der letzte Wunsch
Verlag: dtv
Sprache: Deutsch
Autor: Andrzej Sapkowski
Seiten: 381
ISBN: 978-3-423-20993-9{jcomments on}