Engel – Deus Vult

Mit Deus Vult kehrt der Kapitän auf die Brücke zurück, wenn man so möchte. Nicht in der Geschichte, sondern in echt, denn das Buch stammt aus der Feder von Oliver Graute, der sich in den letzten Jahren des Engel-Settings durchgehend als der hervorgetan hat, der offenbar die Fäden alle in der Hand hatte. Nachdem gleich sechs Autoren an Exodus und Martina Noeth an Homini Lupus Hand angelegt hatten, ist’s hier also wieder der Chef persönlich, der schreibt.

Und dabei geht es in die vollen, wie man schnell merkt. Aber fangen wir mit den Äußerlichkeiten an. Das Buch hat einen unglaublich schönen Einband, der – teils matt und teils glänzend laminiert – eine sehr dunkle, wunderbare Engelszeichnung zeigt. Der Satz ist leider in der selben kleinen Schriftart gehalten, die schon in den vorigen Büchern zum Stirnrunzeln geführt haben mag, aber dafür kriegt man halt auch trotz der geringen Seitenzahl recht viel Text fürs Geld.

Spannend ist hingegen, wie einen Teile der Aufmachung voll auf die falsche Fährte locken. So spricht das Backcover bereits von der Durchquerung des Brandlandes nach Korsika als zentralen Handlungspunkt – und er ist zwar wichtig, aber eigentlich nur der Auftakt einer ganz anderen, viel komplexeren Geschichte. Ich hatte, rein von dem, was man allgemein an Infos kriegt, geglaubt einen Roman explizit zu der Durchquerung zu lesen – das aber ist nicht der Fall. Obskur übrigens insbesondere, dass das vorliegende Buch eine komplette Zeichnung nebst Innenplan der Exodus aufweist, obschon das Fahrzeug nur eine Nebenrolle hat, wohingegen in Exodus ein solcher Plan völlig fehlte.
Aber nun gut.

Schnell merkt man, dass es nun in die vollen geht und Deus Vult der vorletzte Teil der Reihe sein würde. Ich halte es weitestgehend Spoiler-frei, aber ganz zu 100% ist das kaum möglich. Die Exodus durchstößt das Brandland und schafft es tatsächlich, nach Korsika durchzukommen. Damit gelingt es ihnen, die Samaeliten zurück nach Roma Aeterna weisen zu können – und bringt damit natürlich einiges durcheinander. Denn die auf die Bewahrung der Werte des Glaubens eingeschworenen, mangels kirchlichem Einfluss nun ausgewachsenen Engel unter der Führung eines Mannes namens Midael kommen nach über einem Jahrhundert nach Rom zurück – und müssen ihre Kirche als erheblich verändert erkennen.
In Folge nun gibt es eine ganze Reihe von Machtgruppen und -personen, die ein gewaltiges Interesse an den Heimgekehrten zeigen – und Midaels Bestreben, Dinge wieder auf den rechten Weg zu bringen wird schnell zu einer Gefahr, nicht nur für ihn. Völlig davon losgelöst liegen dann noch zwei weitere Handlungsstränge in dem Buch herum, die nur bedingt an diese Handlung angebunden scheinen. Zum einen werden die Ereignisse um Isabella von Cordova aus Homini Lupus fortgesetzt, zum anderen feiert der Leser ein Wiedersehen sowohl mit Lâle wie auch mit dem mysteriösen Wanderer, die man aus den allerersten Tagen des Settings, aus dem Comic Pandoramicum noch kennt.
Hier wird auch am deutlichsten, dass wohl das Ende nahe ist, denn einige dieser Elemente wie etwa besagter Wanderer, in dessen Fußstapfen Fossilien sprießen, ist vor diesem Buch schon eine geraume Zeit nicht mehr erwähnt gewesen.

Was dabei vor allem überrascht, ist, dass das Buch funktioniert. Midaels Geschichte ist spannend erzählt und packend, während zwar die anderen Stränge für sich kaum Bestand haben können, aber für jemanden, der die ganze Reihe verfolgt hat, durchaus Sinn ergeben. Einzig bedauerlich ist es, dass gerade Isabellas Anteil an der Geschichte recht stiefmütterlich wirkt, insbesondere, wo gerade im vorigen Buch so deutlich gezeigt wurde, wie viel Potential dort liegt.

Aber Graute kann schreiben und es macht von der ersten bis zur letzten Seite Spaß, sich seinen Weg durch Deus Vult zu bahnen. Im Grunde wäre es sogar ein ganz interessanter, wenn auch sehr offener Abschluss für die ganze Reihe gewesen und das, was ganz am Ende der Geschichte passiert, ist ein Meilenstein, wie es zuvor in der erzählten Zeit des Settings keinen gegeben hat. Nun ist es aber abschließend an Apocalyptica, den Reigen zu beenden.


Titel: Deus Vult
Originalausgabe
Autor: Oliver Graute
Verlag: Feder&Schwert
ISBN: 978-3-86762-012-3
Seitenzahl: 248 Seiten Taschenbuch
Sprache: deutsch
Preis: 10,95 EUR{jcomments on}