Unter der dunklen Sonne 3 & 4 - Die scharlachrote Legion / Das Buch der Könige
Als ich die deutschen Ausgaben der Romane zum AD&D-Setting Dark Sun vor einer Weile endlich erstanden hatte, bin ich von der Packstation direkt zu unserer D&D-Runde gewandert und habe sie da stolz vorgezeigt. Die Reaktion war nicht euphorisch, wie ich das erwartet hatte, sondern vielmehr war die erste Frage, was ich denn da für einen „SM-Kram“ erworben hätte. Ich versuchte zu argumentieren, verwies auf Brom als Künstler und seine teils eigene Ästhetik, woraufhin man mir den u.a. hier besprochenen, dritten Band abnahm und die ersten Zeilen vom Backcover vorlas: „’Entweder dieser wertlose Streifen Leder oder ich’, sagte Neeva, und schob ihre Daumen unter die dünnen Bänder, die den Lendenschurz auf ihren gut geformten Hüften hielten.“
Soviel also dazu. Für euch dann noch mal kurz sachlicher: Die beiden deutschen Bücher Die scharlachrote Legion und Das Buch der Könige sind zusammen die Übersetzung von The Crimson Legion von Troy Denning, das wiederum der zweite Band des Zyklus The Prism Pentad ist. Sie stammen quasi aus der „goldenen Ära“ deutscher Rollenspiel-Romane, als bei Goldmann der ganze D&D-Abwasch erschien, darunter aber auch Meilensteine wie die Chronik der Drachenlanze, wohingegen Heyne den FASA-bezogenen Markt bediente. Die Übersetzung stammt wie bei den ersten beiden Bänden von Karin König, die wieder gute Arbeit abgeliefert hat – aber damit auch ziemlich alleine ist.
In meiner letzten Rezi hab ich ja den englischen, ersten Band in Form seiner zwei deutschen Bände besprochen und war ziemlich begeistert. Denning präsentierte eine ganze Reihe spannender Charaktere, mit der Stadt Tyr ein phantastisches Setting und einen Plot mit einer geradezu epischen Prämisse.
Nun hat Band 1 diesen Plot mehr oder weniger ja schon gelöst gehabt. Das wäre zu verschmerzen, wenn der Autor es nicht für eine gute Idee gehalten hätte, etwa die Hälfte der Figuren für den zweiten (bzw. dritten und vierten) Band aus der Handlung komplett zu entfernen und durch neue Gesichter zu ersetzen, die in ihren besten Stunden langweilige Abziehbilder, oftmals aber auch einfach nur nervige Störfaktoren darstellen.
Und weil damit noch nicht genug getan war, spielt die Handlung dann auch nicht in Tyr, sondern draußen in der wüsten Einöde. Wo es vor allem, nun, öde ist.
Die Handlung der beiden Bände konzentriert sich auf Rikus und seine Gefährtin Neeva, die mit ihm gemeinsam als Gladiatorin von Tyr gekämpft hat, nun aber ein Heer kommandierend die Stadt verteidigt. Ihr Gegenspieler hier ist mit Rikus’ Hintergrund verwoben und wäre vermutlich eine interessante Figur, wenn man das vorher wüsste. Aber von marginalen Andeutungen im vorigen Teil abgesehen, erfährt man im Grunde alle dramaturgisch bestimmenden Informationen immer quasi vom Erzähler gerade dann, wenn sie eh relevant sind, was dem Buch etwa die Tiefe des Wattenmeers bei Ebbe verleiht.
Es gibt dann auch noch eine Prophezeiung, Magie und mystische Kräfte, aber genauso wie viele der neuen Figuren lassen auch diese mich kalt. In den vorigen Bänden etwa gab es den Adeligen Agis, eine vielschichtige Figur, weil er eigentlich der Kaste derer angehörte, die in Tyr die Schwachen unterdrückten, sich dann aber dem Widerstand anschloss. Das alleine schon nicht leicht und wurde durch seinen besten Freund erschwert, der zu den engeren Vertrauten des Schurken gehörte. In den vorliegenden Bänden gibt es beispielsweise den Halbriesen Gaanon. Der ist groß. Und stark. Und ein Halbriese.
Die Geschichte verschenkt dabei haufenweise Potential, denn Raum für spannende Gestalten gäbe es. So gehören etwa Templer zum Heer, also Soldaten, die bis vor kurzem von der Macht eben jenes Hexenkönigs gespeist wurden, der in Band 1 den Tod durch die Hand eben jener erfuhr, die ihnen nun Befehle geben. Aber der einzig nennenswerte Templer, Styan, ist einfach eine unsympathische Zicke und das Buch gibt sich gar nicht die Mühe, den Anschein einer Grauzone zu wecken.
Die Bücher sind handwerklich gut gemacht und bis auf eine etwas obskure Anmerkung, die ich fast als Fragment des Lektorats einstufen würde, gibt es daran wenig zu meckern. Und ich gebe offen zu, ich stehe ziemlich auf diese „alte Schule“ der Phantastikbücher. Trotzdem haben mich „Die scharlachrote Legion“ und „Das Buch der Könige“ maßlos enttäuscht; gleich doppelt schwer, wenn man die Qualität der Vorgänger bedenkt.
Die Bände 1 und 2 sollte man wirklich einmal gelesen habe, die Bände 3 und 4 sollte man hingegen besser meiden. Gott sei dank schließen sie auch so schlecht an den Vorgänger an, dass man das sogar guten Gewissens tun kann.
Name: Unter der dunklen Sonne 3 – Die scharlachrote Legion
Originaltitel: The Crimson Legion (erste Hälfte)
Verlag: Goldmann
Sprache: Deutsch
Autor: Troy Denning
Empf. VK.: 9,90 DM
Seiten: 220
ISBN: 3-442-24575-8
Name: Unter der dunklen Sonne 4 – Das Buch der Könige
Originaltitel: The Crimson Legion (zweite Hälfte)
Verlag: Goldmann
Sprache: Deutsch
Autor: Troy Denning
Empf. VK.: 9,90 DM
Seiten: 220
ISBN: 3-442-24576-5{jcomments on}