Hexer von Riva #5 - Feuertaufe

Auf den ersten Blick ist bei Feuertaufe, dem dritten Roman und fünften Buch aus Andrzej Sapkowskis Zyklus um den Hexer Geralt von Riva, alles beim Alten. Wie schon die beiden Vorgänger erscheint es bei DTV Premium als Klappbroschur mit geprägtem Cover in mattem schön gestalteten Einband. Es kommt auf gutem Papier in sauberem Druck daher und ist insofern durchaus ein Buch, dass sich in den Bücherregalen bibliophilerer Sammler sicherlich gut machen wird.
Erik Simon, Übersetzer aus dem Polnischen seit dem ersten Buch, ist ebenfalls wieder mit an Bord und wie schon in den vorigen Büchern kann auch in Feuertaufe sein Sprachgefühl und die Art, wie er den Text überträgt, vollauf überzeugen. Sicherlich keine leichte Aufgabe, denn der Trend zu einer immer freieren Erzählform setzt sich seitens Sapkowki auch in diesem Band weiter fort. Aber dazu gleich mehr.

Das Buch schließt nahtlos an die Ereignisse aus Zeit der Verachtung an und beginnt mit einem schwer geschundenen Geralt, den der Leser ja durch die Ereignisse am Ende des vorigen Buches etwas aus den Augen verloren hatte. Die Tatsache, dass Sapkowski sehr ausgiebig damit arbeitet, dass Geralt ernsthaft geschwächt ist, gehört zu jenen Aspekten, die den Zyklus für mich bemerkenswert machen. Denn wo seine Hauptfigur als eine Art übermächtiges Wesen zu beginnen schien, als man ihn in Der letzte Wunsch erstmals als eine Variante von Moorcocks Elric von Melniboné kennen zu lernen schien, so zeigt sich hier zunehmend, dass er eher eine starke und an Ressourcen reiche Figur war, die eben jene aber langsam verbraucht zu haben scheint.

Das Buch erzählt dann in Folge zweigleisig die Handlung weiter. Auf der einen Seite ist dort Ciri, die nach dem Zusammentreffen mit dem unsäglichen Einhorn im vorigen Buch nun wieder in „zivilisiertere“ Regionen zu kommen scheint – wobei man über diesen Begriff vermutlich streiten sollte – und auf der anderen Seite ist Geralt, der nach Ciri sucht. Durchmischt, wie immer, von kurzen Kapiteln in denen der Blick auf andere Charaktere gelegt wird, denn es ist nach wie vor eine Eigenheit der Reihe, dass sehr viele mächtige Personen an sehr vielen Fäden ziehen, aber außer dem Leser vermutlich niemand das Gesamtgespinst erahnen kann, an dem dort gezurrt wird.
Geralt jedenfalls baut sich im Laufe der Reise zunehmend eine Heldengruppe auf, auf die ich aus Gründen des Spannungserhaltes nicht weiter eingehen will. Sicher sagen kann man aber wohl, dass dies einer der obskursten und potentiell dysfunktionalsten Haufen ist, die ich seit langem gesehen habe. Wie üblich bei Sapkowski entgeht den Figuren das auch nicht und Geralt nörgelt gerne daran herum, was für einen Mist er sich da mit seinen Gefährten eingehandelt hat. Es ist ganz spannend, dass das funktioniert. Nachdem Geralt in Der letzte Wunsch ja mehr oder weniger als einsamer Wolf etabliert worden ist, haben sich die Romane bis zu diesem Mittelpunkt der fünf Akte umfassenden Handlung zu einem regelrechten Ensemble-Werk gemausert, aber es funktioniert und fügt sich stimmig zusammen.

Mehr und mehr wird dabei auch deutlich, dass Sapkowski auf ein Ziel hinsteuert. Und wenn ich die Zeichen richtig deute, kann es eigentlich nur ein tragisches sein. Das Ende des dritten Romans jedenfalls verläuft mit einem moralischen Konflikt, einer zweifelsohne unüberlegten Impuls-Handlung und einer epischen Schlacht wieder einmal so begangen, dass man gar nicht anders kann, als das Buch zuzuschlagen und Band 4 direkt aus dem Regal zu greifen.

Der Titel passt auf verschiedene Stränge innerhalb der Handlung. Ciri macht die vermutlich größte Charakterentwicklung durch, die man bisher im ganzen Zyklus gesehen hat, für Geralt steckt auch in dem nicht ganz freiwilligen Zusammenschluss mit seinen Reisegefährten eine Feuertaufe und letztlich gibt es auch eine Szene in dem Buch, auf die der Titel mehr als wörtlich passt.
Hier gilt einma mehr der Dank DTV und dem Übersetzer, dass man das Polnische „chrzest ognia“ wörtlich übertragen hat.

Sapkowski scheint mit jedem Buch besser zu werden. Zwar fand ich persönlich den zweiten Roman schlechter als den ersten, doch schlägt der dritte nicht nur beide Vorgänger, er macht vor allem noch einmal deutlich, an welcher Front Sapkowski zunehmend mehr Boden gut macht: der Literarischen.
Die Bücher sind nicht nur gut geschrieben, sie sind hervorragend konzipiert und mit einer ganz eigenen, speziellen aber gelungenen Dramaturgie versehen, die sie für mich nach wie vor zu einem der Highlights der auf Deutsch erhältlichen Fantasy-Literatur machen.


Name: Feuertaufe
OT: chrzest ognia
Verlag: DTV premium
Sprache: deutsch
Autor: Andrzej Sapkowski
Empf. VK.: 14,90 Euro 
Seiten: 472{jcomments on}
ISBN: 978-3-423-24755-9