dunklen Fälle des Harry Dresden, Die #02 - Wolfsjagd

Das Buch „Wolfsjagd“ ist der zweite Teil von Jim Butchers Romanreihe um Chicagos einzig offiziell seiner Profession nachgehenden Magier Harry Dresden. Ich habe den ersten Band, „Sturmnacht“, an dieser Stelle nicht besprochen, verweise aber gerne auf Scimis Rezension zur englischen Ausgabe „Storm Front“, der ich mich ohnehin vorbehaltlos angeschlossen hätte.

Der vorliegende Band nun hat im Englischen einen wahren Kalauer als Titel und ist unter dem Namen „Fool Moon“ erschienen. Das trifft den Geist und die Tonlage des Buches allerdings schon gar nicht schlecht.
Die Handlung setzt direkt, wenn auch nicht nahtlos da an, wo „Sturmnacht“ aufgehört hat. Dresden operiert weiter als Chicagos einziger Magier, sein Kontakt zur Polizist Murphy ist allerdings noch immer sehr durch die Geschehnisse im vorigen Band belastet.
Sehr zu seiner Verwunderung wendet sich diese dann aber doch an ihn, denn sie steht einem Fall gegenüber, den scheinbar nur er lösen kann: Mehrere Morde sind bereits innerhalb und außerhalb der Stadtgrenzen geschehen. Und bei allen sprechen die Tatorte eine ebenso eindeutige Sprache wie der deutsche und englische Buchtitel zugleich: Es scheinen die Taten von Werwölfen zu sein.

 

Natürlich ist alles noch viel komplizierter und verworrener, das FBI und der aus dem vorigen Band bekannte Verbrecherboss Marcone spielen ebenso eine Rolle wie eine ganze Reihe von Wesen, die man jetzt irgendwie schon als Werwolf bezeichnen könnte.
Die Handlung ist etwas weniger nach dem Schema F der Noir-Erzählungen aufgebaut, allerdings ohne diese Wurzeln ganz zu verlieren. Der schnoddrige Erzählton Dresdens als einzelnem Ich-Erzähler, die Wahl der Worte und die Charakterisierung der ganzen Welt, in der seine Fälle spielen, sind so geblieben, wie man sie im ersten Teil gemocht hat. Nur im Aufbau der Geschichte riskiert Butcher diesmal etwas mehr Freiheit und es ist nicht ganz so sehr eine Geschichte der Marke „Als ich, Detektiv, neulich alleine in meinem verrauchten Büro saß, sah ich durch das Milchglas der Türe die Silhouette einer Frau“, wie es „Sturmfront“ noch war.

Was Butcher beibehält ist zudem der reichhaltige Kontext seiner ganz eigenen, übernatürlichen Welt. Der erste Band hatte unglaublich viel zu Magiern, zu ihren Regeln, zum weißen Rat und allem, was dazu gehört. Das hat Band 2 kaum, es ist hier aber ja auch nicht Thema. Dafür lässt er glaube ich wirklich kaum etwas aus, was irgendwie mit Werwölfen zu tun hat oder haben könnte. Er präsentiert das Thema sehr breit und erklärt sehr viel über das, was in der Geschichte geschieht, weniger über belehrende Erklärungen am Seitenrand. Natürlich ist der Ich-Erzähler Dresden auch hier wieder immer gerne mit Erklärungen zur Hand, doch diese sind so schön in den Erzähltext eingeflochten, dass „Wolfsjagd“ noch besser als „Sturmfront“ eine ziemlich beeindruckende Sogwirkung auf den Leser ausübt und ihn in die Geschichte zieht.
Dass dabei Elemente des ersten Buches gekonnt aufgegriffen und viele neue Bestandteile ergänzt werden, rundet das im Umfang sehr angenehme Buch ab.

Zur deutschen Ausgabe gibt es wenig zu sagen. Das Taschenbuch ist verarbeitungstechnisch auf gewohnt hohem Knaur-Niveau und steckt damit die meisten englischen Ausgaben locker in die Tasche. Der Preis von 7,95 Euro ist dabei extrem fair. Das deutsche Cover ist, anders als das des Vorgängers, soweit okay und passt schön zum Buch. Was allerdings eine Zumutung darstellt, ist die Eigenart des Layouts, neue Absätze nicht einzurücken. Dadurch wird es gerade in wechselseitigen Dialogen bisweilen schwer, herauszufinden, wer gerade was gesagt hat und wer nicht.
Die Übersetzung wurde von Jürgen Langowski angefertigt, der auch schon den Vorgänger übersetzt hat. Sie ist in weiten Teilen durchaus gut zu nennen, hat nur einige kleine Ausrutscher, die mich im Lesefluss gestört haben (Hat schon mal jemand, der diese Rezension hier liest, versucht, Notizzettel an einer Pinnwand mit Textmarker zu beschriften? Genau.), aber die vermutlich von vielen sogar einfach überlesen werden.

Alles in allem hat mir „Wolfsjagd“ extrem gut gefallen. Klar, es ist kein tiefsinniges Buch, aber es ist perfekt gemachte und inszenierte Unterhaltung. Die bisherigen beiden Dresden-Romane gleichen gut gemachten Popkorn-Kino und punkten zu dem mit einem unglaublich sympathischen Protagonisten.
Wer Spaß am Thema hat, kann hier bedenklos zugreifen.


Jim Butcher 
Wolfsjagd
Die dunklen Fälle des Harry Dresden - Band 2
444 Seiten Softcover, Knaur{jcomments on}
ISBN: 978-3-426-63441-7