Necroscope #01 & #02 - Das Erwachen & Vampirblut

Guter Horror ist schwer in deutschen Verlagshäusern zu entdecken. Wenn der betreffende Autor nicht gerade ein "Mainstream-Fähiggewordener" im Sinne eines Stephen King ist, sondern eher ein spezieller Publikum bedient, dann hat er schon einen schweren Stand…

So erging es auch Brian Lumleys großer Vampirsaga Necroscope, deren erster Band, der hier nun endlich, wenn auch auf zwei Bände gesplittet (daher die Doppel-Rezension), vorliegt, schon im Jahre 1986 das Licht der Welt erblickte.

Lange, lange hat es gedauert, bis mal jemand Interesse zeigte, und irgendwie überrascht es wohl niemanden, dass es erneut der Blitzverlag ist, der uns dieses Geschenk beschert. Wohl primär bekannt geworden durch die Bücher der Edition Metzengerstein und H.P. Lovecrafts Bibliothek des Schreckens, hat sich der Verlag ja gewissermaßen als Missionar des Horrorgenres in unseren Landen erwiesen und mittlerweile auch schon sechs Necroscope-Bände (dies entspricht den ersten beiden, sowie dem ersten Drittel des dritten Bandes in englischer Sprache) herausgebracht.
Allerdings sind alle drei oben genannten Reihen mittlerweile in den Besitz des FESTA-Verlages übergegangen, weshalb die nächsten Besprechungen der Reihe sich dann auf die Bände dieses Verlages stützen werden…

Lumleys Zyklus umfasst jedenfalls im Original 13 Bände, und da sie gesplittet werden, um den angenehmen Preis erhalten zu können, dürfte es im Deutschen eine lange Reihe werden. Bleibt zu hoffen, dass die Leser Blitz/FESTA auch so lange treu bleiben. Jedenfalls tut die Reihe sich noch immer schwer, hierzulande über den Status eines Geheimtipps hinaus zu wachsen, und aufgrund ihrer doch eher härten Thematik blieb ihm bisher auch der erwünschte Einzug in Buchversandkataloge wie Weltbild verwehrt…

Aber genug des Einleitens, Zeit, sich mal den beiden Bänden hier selbst zuzuwenden. Optisch wissen sie jedenfalls zu gefallen. Beide besitzen ein Cover, das ich vom Stil her vielleicht surreal nennen kann. Jedenfalls sind sie sehr düster und wissen einfach zu gefallen. In der Tat war es bei Necroscope I sogar so, dass das Cover einer der Kaufgründe für mich war - und das passiert mir eher selten.
Jedenfalls sind www.babbarammdass.de dafür verantwortlich, allerdings trügt die Webseite ein Wenig, denn ich konnte keines der Necroscope-Bilder dort erspähen…

Aber nun endlich mal zum Inhalt. Im Prinzip verfolgt Lumley drei verschiedene, mehr oder minder eng verwobene Handlungsstränge. Da ist zunächst einmal Alec Kyle, Mitarbeiter bei einem Dezernat, welches Psi-Kräfte u.ä. auf ihre Anwendbarkeit im Kalten Krieg, denn dort spielen die beiden Bände, hin untersucht. Alec bekommt eines Nachts einen ganz besonderen Besuch, dessen Identität ich hier garantiert nicht preisgeben werden, und dieser Besuch berichtet ihm nun im Prinzip den Rest der Handlung.
Der zweite Handlungsstrang handelt von einem Mann namens Dragosani, einem Nekromanten im Auftrag eines ähnliches Dezernats in Russland, der schon in seiner Kindheit in Rumänien eine besondere Entdeckung gemacht hat, der er nun nachgeht… Der dritte Handlungsstrang dreht sich hingegen wieder um einen Briten, um den jungen Harry Keogh, einen Necroscope, jemand, der mit den Toten reden kann.

Diese drei Erzählstränge sind eng miteinander verwoben, mit zahlreichen spannenden Nebenhandlungen angereichert und führen, auf interessanten Bahnen langsam aber sicher zu einem grandiosen Höhepunkt, der den ersten / die ersten beiden Bände auch recht gut abschließt und dafür sorgt, dass sie auch alleine stehen können.
Nun, was macht Necroscope nun so lesenswert? Da sind einerseits die Charaktere, die schon zu fesseln wissen.
Im Rampenlicht stehen primär Keogh und Dragosani, sind doch auch in ihrem Metier sehr ähnlich. Beide nehmen sie Kontakt zu den Verblichenen auf. Doch während Harry Keogh sich nett mit ihnen unterhalten kann, folgt Dragosani blutrünstigen und brutalen Wegen, das Wissen aus den Toten herauszupressen. Zwar erwächst dadurch einerseits eine gewisse Schwarzweißmalerei, was die Gesinnungen der handelnden Charaktere betrifft, aber auf der anderen Seite ist auch Keogh nicht ohne Makel und Dragosanis Motive sind durchaus verständlich, weshalb sie interessant bleiben. Aber auch die Nebencharaktere wissen zu gefallen, eigentlich war kein Charakter dabei, der mit nicht gefallen hat oder zurecht als langweilig bezeichnet werden könnte…

Ein zweiter Punkt, der Necroscope so lesenswert macht, ist die eigene Mythologie, die Lumley sich schafft. Sein Vampir ist anders als die, die man gewohnt ist, was nicht bedeutet, dass es keine Parallelen gibt, aber es gibt halt einige Eigenerfindungen. Und gerade im Bereich der anderen "Begabten" zeigt er eine große Bandbreite. Neben dem Nekromanten und dem Necroscope gibt es da u.a. noch Igor Vlady, ein Wahrsager, Max Batu, der andere mit den s.g. "Bösen Blick" töten kann oder auch diverse "Erkenner", die einfach in der Lage sind, andere mit besonderen Fähigkeiten zu erkennen.

Dazu kommt die überraschend vielschichtige Handlung. Ich selber war auch sehr positiv überrascht, wie geschickt Lumley es versteht, Handlungsfäden miteinander zu verweben, und es ist geradezu genial, wie er ganz am Schluss des Bandes / der Bände es noch schafft, den Kreis zu einem vorherigen Ereignis zurück- und einen Charakter seiner gerechten Strafe zuzuführen… Überhaupt zeichnet sich seine Handlung durch eine gewisse "Bestimmtheit durch das Schicksal" aus, die sie zwar effektiv kein Stück berechenbarer macht, aber einen weiteren Teil der inneren Logik der Geschichte begründet.

Einer kleiner Vermerk noch zur Übersetzung: Äußerst ungünstig scheint, dass die beiden Bände von verschiedenen Übersetzern, nämlich Andreas Diesel bei Band I und Rainer Marquardt bei Band II, übersetzt worden sind. Doch fällt dies beim Lesen absolut nicht auf und wenn es nicht vorne drin stünde, würde es vermutlich nie jemand bemerken.

Nach der Lektüre der beiden Bände kann ich jedenfalls nur zu dem Schluss kommen, das jeder, der sich für eine gute Horrorgeschichte begeistern kann, sich Necroscope I - Das Erwachen und Necroscope II - Vampirblut zulegen sollte.

 

 

 


Brian Lumley
Necroscope I - Das Erwachen {jcomments on}
Necroscope II - Vampirblut 
Je 176 Seiten Softcover
Blitz Verlag (FESTA Verlag)
ISBN: Necroscope I : 3-932171-54-3 ISBN: Necroscope II: 3-89840-021-2