Starcraft - Liberty's Crusade & Shadow of the Xel'Naga

"StarCraft" dürfte ohne Zweifel zu den beliebteren Computerspielen gehören, selbst nach Jahren ist die Community im BattleNet noch sehr groß und ich spiele es gerade zum fünften Male durch, umso interessanter fand ich meine Entedeckung bei Amazon: Romane. Zwei an der Zahl. Da sie nicht die Welt kosteten und es ohnehin darum ging die 20 EUR - Grenze zu knacken (ich zahle bestimmt kein Porto…) hab' ich sie dann einfach mal bestellt.

In der Verarbeitung unterscheiden sich die beiden Taschenbücher nicht, eben amerikanischer Standard, Qualitativ ein Gutes Stück unter dem deutschen, aber das wird sich wohl nicht ändern lassen. Für die Cover griff man verständlicherweise auf Blizzard Grafiken zurück, wie etwas das bekannte und beliebte Cover des Expansion Packs "Brood War", warum auch einen Zeichner bemühen, wenn man auf derart gute Bilder zurückgreifen kann? Doch kommen wir zu den Büchern selbst.

Das erste Buch mit dem Titel "Liberty's Crusade", schildert aus der Sicht des Reporters Daniel Michael Liberty die Geschehnisse der Terraner-Kampagne von "StarCraft", womit die Story den meisten Lesern sowohl des Buches als auch dieser Rezension bekannt sein dürfte, allen anderen habe ich wenigstens nicht die Story vorweggenommen (und Tipp: kauft euch das Spiel).
Nein, diesen Reporter hat es im Spiel nicht gegeben oder zumindest wissen wir nichts von ihm, da er, was angenehm ist, zwar im Vordergrund des Romans steht im Hinblick auf die Entwicklung der Geschichte den Protagonisten des Spiels, wie Sarah Kerrigan oder Jim Raynor, aber nicht die Schau stiehlt, sondern im Gegenteil den nach dem Spiel gewonnen Eindruck von diesen Personen noch verstärkt.
Das hier entworfene Bild vom "StarCraft"-Universum ist recht deckungsgleich mit meiner Sicht und weiß auch zu gefallen, wie etwa die Marines: Größtenteils Verbrecher, die man am liebsten weit von der Gesellschaft auf der Hauptwelt Tarsonis entfernt wissen möchte, deshalb zwangsverpflichtet und auf Raumkreuzer durch das All schickt, damit die Jungs und Mädels auch Tun was von ihnen verlangt wird wurden die meisten "neurologisch resozialisiert" und gehorchen von nun an auf Befehl. Zusätzlich sind die meisten von ihnen auch abhängig von einem beinahe mörderischen Drogencocktail, mit dem sie von der Regierung natürlich bereitwillig versorgt werden, schließlich gilt auch dies der Kontrolle. Die exklusive Drogenmischung nennt sich im übrigen Stimpack.
Was ich dem Roman weiterhin sehr zu Gute halte ist die Tatsache, dass er nicht mit den Begriffen des Spieles um sich wirft, sondern auf Beschreibungen setzt, was besonders im Falle der ekligen, an "Alien" erinnernden Zergs positiv auf die Atmosphäre auswirkt, so kommt es eben nicht zu Sätzen a la "er schaute hinter sich und erblickte einen Hydralisken", wodurch das Buch letzten Endes natürlich auch für Spielunkundige lesbar bleibt.
Insgesamt fällt der Roman durch seine weitesgehende Loslösung vom Spiel, obwohl er wie gesagt ein Drittel dessen Geschichte nacherzählt, positiv auf, so repariert man beschädigte Fahrzeuge nicht mit Kristallen oder Vespin-Gas, wo es dem Roman zuträglich ist wird aus einer Mission, die man im Spiel mit riesigem logistischen Aufwand löste eine verdeckte Operation im Hinterland (etwa auf Antiga Prime) und auch die Schlacht um Tarsonis findet nicht etwas auf Raumplattformen, sondern in den Straßen der Hauptwelt statt.
Ich war, muss ich zugeben, von dem Roman positiv überrascht, hatte wesentlich Schlechteres erwartet, natürlich erwirbt man kein literarisches Meisterwerk und man hat wahrscheinlich auch größeren Gewinn, wenn man das Spiel kennt, ich kann diesen Roman allerdings dennoch allen, die etwas für zwischendurch suchen, ohne schlechtes Gewissen empfehlen. Fans des Spiels sollten ohnehin zugreifen, glaubt mir auch wenn ihr die Story kennt, werdet ihr das eine oder andere Mal überrascht sein…

Womit wir bei "Shadows of the Xel' Naga" wären, dem zweiten Roman, der zwischen dem Haupt- und dem Zusatzprogramm des Spiels angesiedelt ist und von diesem losgelöst seine eigene, schreckliche, megalomanische Geschichte erzählt.

Auf der rauen Welt Bhekar Ro finden die dortigen Kolonisten, welche sich vor über 40 Jahren von der terranischen Konföderation gelöst haben, ein gigantisches Artefakt der uralten Rasse Xel' Naga, um welches die drei Rassen des Spiels - Terraner, Protoss und Zerg - bald heftige Kämpfe austragen sollen.
Fange ich am besten Mal mit dem an, was mir an diesem Roman gefiel: .
Kommen wir nun zu den Sachen, die mir nicht gefielen:
Der 258 Seiten umfassende Roman kommt mit ungezählten verschiedenen personellen Erzählhaltungen daher, welche er allerdings nicht nutzt, um eine spannende Geschichte zu erzählen oder die mit der Genialität eines Robert Altman in "Short Cuts" verwoben werden, sondern aus einem einfachen Grund: Faulheit und Inkompetenz des Autorenteams, wenn ich die Geschehnisse aus der Sicht aller drei Rassen nebst den Kolonisten schildere kann ich ja ohne weiteres die Spieltermini verwenden. Ich will Protossstreitkräfte? Kein Problem, bauen wir einen Executor ein, der weiß schließlich was Berserker, Räuber und Dragooner sind, erspart mir die groß zu beschreiben. Meine "Lieblingsstelle" in diesem Zusammenhang möchte ich gerne zitieren:
"Under her guidance, a few surviving Drones had metamorphosed into Hatcheries. Kerrigans's Zerg followers had found and delivered enough minerals and resources to convert those Hatcheries into more sophisticated Lairs… and then into complete Hives. With the numerous new larvae generated by the Hatcheries she had created Creep Colonies, Extractors, Spawning Pools." Wenn ich so was lese, sehe ich vor meinem geistigen Auge keine Zerg Kolonie, sondern Kerrigan vor ihrem Computer sitzen und eine Runde "StarCraft" zocken.
Doch nicht nur ich, sondern auch das Autorenteam hatte spürbare Probleme mit der korrekten Visualisierung, so variiert die Größe der Kolonie Free Haven zwischen ein paar Dutzend Seelen und mehreren hundert Einwohnern, je nachdem, was man gerade benötigte. Anderes Beispiel: Die Terraner landen inmitten des Kampfgetümmels der beiden anderen Rassen. Drei Dropships landen, vier fliegen wieder ab, zwei werden abgeschossen und eins kommt durch. Merkwürdig, was? Wer jetzt denkt "in dubio pro reo" und meint das vier Schiffe losflogen sei ein Schreibfehler, dem möchte ich von meinem diesbezüglichen Favoriten erzählen: Der von Zeile zu Zeile die Besatzung wechselnde terranische Stoßtrupp, mal zwei Goliaht-Mechs, mal einer, mal mehr, mal weniger Marines, eine wahre Freude! Besonderes Bonbon: In einem Abschnitt werden ausdrücklich alle mit Flammenwerfern bewaffnete Soldaten dahingerafft… im nächsten sind sie schon wieder munter mit von der Partie. Es ist schlicht zum heulen.
Doch nicht nur handwerklich ist der Roman äußerst schlecht, auch vor dem Inhalt macht die mangelnde Qualität nicht halt, wer zum Beispiel weiter oben lachte als ich erwähnte, dass Fahrzeuge nicht mit Mineralien repariert werden, dem sei gesagt: Hier geht das. Ich hab' zwar nicht heraus, wie man stählerne Fahrzeuge mit Kristallen repariert, aber die Kolonisten von Bhekar Ro scheinen das zu können. In einem Computerspiel ist die Verwaltung über wenige Ressourcen sinnvoll, von einem Roman, der die Möglichkeit hat, erwarte ich aber etwas mehr Realitätsnähe.
Auch schön ist wie die Kolonisten mit umgebauten Erntemaschinen eine Zerg-Armee (!) weitesgehend aufhalten, da werden mit Werkzeugen wie Spitzhacken Zerglinge, schäferhundgroße Bestien, gleich zu dutzenden erlegt und mit einer Erntemaschine größere Zergs (Hydralisken) mit einer Effizienz abgeschlachtet, dass sich einem die Frage stellt, warum die Terraner eigentlich Panzer einsetzen, wo sie doch Erntemaschinen haben. Die Zergs mussten schon mit großem Geschütz aufwarten, um der Kolonisten Herr zu werden, die mehreren hundert Zerglinge und Hydralisken waren für die tapferen Helden lediglich Kannonfutter.
Die Schlacht um das Artefakt ist an Megalomanie nicht zu übertreffen, da darf so ziemlich jede Einheit des Spieles mal ran, Atomschläge und Trägerflotten geben sich die Klinke in die Hand, und es treffen Heere von einer Größe aufeinander, wie ich sie mir in meinen kühnsten Träumen nicht vorgestellt habe. Macht aber nix, denn am Ende sind ohnehin alle Protoss und Zerg tot, damit haben die Terraner aber wenig zu Tun, sondern eher eine neue Rasse, die noch machtvoller als alles bisherige ist und sich mehr oder minder von Zerg und Protoss ernärht.
Wie unschwer zu erkennen ist, ist dieser Roman in meinen Augen sein Geld absolut nicht wert, man sollte sich stattdessen etwas Sinnvolleres kaufen, wie etwa ein Dutzend Schnürsenkel…


Jeff Grubb - StarCraft I - Liberty's Crusade
Gabriel Mesta - StarCraft II - Shadow of the Xel'Naga 
Je ca. 256 Seiten Softcover, POCKET BOOKS, a division of Simon and Schuster inc.
ISBN: StarCraft I : 0-671-04148-7 {jcomments on}
ISBN: StarCraft II: 0-671-04149-5