Shadowrun #042 - Ragnarock

Ragnarock. Mhm, ein nettes Wortspiel. Aber hat das auch was mit dem Roman zu tun? Irgendwie schon, denn der Showdown der Geschichte findet während eines gleichnamigen Konzertes statt. Aber fangen wir mal weiter vorne an.

Es geht um ein magisches Artefakt, welches in der Ukraine ausgegraben wurde, und hinter dem nun diverse Machtgruppen her sind. Darunter einige Sekten und rechte Organisationen, Großdrachen, Elfenpaladine und natürlich auch eine lustige Bande von Runnern, genauer gesagt der Magier Talon und seine Rasselbande aus loyalen Gefolgsleuten. Die Namen seiner Gefährten braucht man sich kaum zu merken, denn sie sind bis auf eine Ausnahme in diesem Roman nur Stichwortgeber für eine besondere Funktion innerhalb der Gruppe. Es wäre eine Drohen passend? Die Riggerin Valkyre springt ein. Es gibt Action? Der Ork Hammer kommt ins Spiel. Außerhalb ihrer Tätigkeitsfelder kommen die Charaktere aber so gut wie nie vor und bleiben erschreckend blass und eindimensional.

Davon ausgenommen ist der Troll Boom, der von dem verstorbenen Drachen Dunkelzahn einen Nachtclub geschenkt bekam, da dieser in dem Straßensamurai mehr sah als den dummen Straßenschläger. Wohl zurecht, denn der Troll wurde zu einem angesehenen Schieber in den Schatten. Was ihn aber nicht davon abhält, immer wieder mit seinen Kumpels auf Shadowruns zu gehen und quer durch die Weltgeschichte zu reisen und... die Muskeln zu liefern. Die Hauptfigur Talon, an der sich der Leser orientieren kann, kennt man auch aus einigen anderen Romanen der Reihe. Hier wird er von seinem Vertrauten Aracos begleitet, der nicht wirklich eine Persönlichkeit, sondern viel mehr ein sprechender Gegenstand ist. Er kann total toll viel, ist immer zur Stelle um den mächtigen Spruch Talons noch mächtiger zu machen und niemals den Eindruck zu erwecken, die Gruppe oder Talon wären in Gefahr. Das albernste ist aber seine Form als Motorrad, auf dem Talon dann durch die Nacht brausen kann. Aua.
Naja, wie man bereits vielleicht erkennen konnte, ist das Powerniveau in diesem Roman wieder mal jenseits von gut und böse. Alle Charaktere können Wunder vollbringen, sie treffen auf Drachen, retten Tausende Menschen, etc. Achja, und die Gruppe hat natürlich auch total hohe moralische Ansprüche. Selbst wenn sie die örtliche Nazigruppe überfallen, setzen sie nur Gelgeschosse ein um niemanden zu töten. Und sie begeben sich ständig theoretisch in Lebensgefahr um Leute zu retten. Apropo Nazis, die Handlung spielt in der ADL, dem Nachfolger der Bundesrepublik Deutschland, was natürlich ein wunderbares Setting ist, um mal wieder einige rechte Organisationen auszupacken, nicht wahr? Seufz... richtig genutzt wird die ADL aber auch nicht. Dafür gibt es etliche Seiten, in denen dem Leser Informationen über alle möglichen Personen und Settings vorgelegt werden, die sich wie Infos direkt aus einem Quellenbuch lesen.

Der Roman ist an sich nicht schlecht geschrieben, doch wirkt alles oberflächlich, die Handlung, die Charaktere und die Aktionen der Protagonisten. Alles ist sehr geballt zusammengeschrieben, so dass auf den knapp 260 Seiten ziemlich viel passiert. Also Action gibt es eigentlich immer und langweilig wird der Roman auch nie, doch hätte er Potential für mehr gehabt. Einige Schwächen in der Handlung, bzw. der Erzählweise lassen das Buch zudem noch unfertig wirken. So wird einerseits detailiert beschrieben, wie der Magier und die Deckerin des Teams sich an der Flughafensicherheit vorbeimogeln. Der Troll und der Ork, beide bis unter die Schädelplatte mit illegaler und sehr gefährlicher Cyberware ausgerüstet, werden jedoch nicht erwähnt. Ist dem Autor keine Möglichkeit eingefallen, die Charaktere an den Sicherheitskontrollen vorbeizubringen? Wieso findet der Konzern die Runner nach ihrer Flucht so schnell, danach aber überhaupt nicht mehr? Diese und ähnliche Fragen bleiben leider offen und erzeugen mit den flachen Charakteren und der oberflächlichen Handlung leider nur einen unspektakulären Roman für das Shadowrun-Universum.

 


Name: Ragnarock  
OT: Ragnarock  {jcomments on}
Verlag: Heyne  
Autor: Stephen Kenson  
Empf. VK.: 6,95 Euro  
Seiten: 269  
ISBN: 3453187822