Exalted – A Day Dark As Night

Es war ehrlich gesagt vor allem das Cover, das mich dazu brachte, den ersten der neuen Exalted-Romane zu kaufen. UDON, die Kenner auch schon beim eigentlich Rollenspiel in Hochform erleben konnten, haben jedem der Romane ein herrliches, zweischichtiges Cover spendiert. Im Vordergrund, glänzend, steht der Hauptcharakter des Bandes, in diesem Fall eine junge Frau mit dunkler Hautfarbe und interessanter Frisur. Im Hintergrund dagegen, auf mattem Untergrund, spielt sich eine größere Szene aus dem Roman ab.
Ich bin von amerikanischen Taschenbüchern eigentlich nicht gewöhnt, dass sie schön, erst recht nicht so schön sind, also dachte ich, gebe ich dem zugleich mit sieben Dollar noch unverschämt billigen Band doch mal eine Chance.
Das Innere des Buches ist dagegen mal wieder typisch amerikanisch. Hundsmiserabel gebunden, so dass das ganze Buch knackt, knarzt und blubbert, sowie die Seiten mehr als 45° voneinander abgewandt werden, dazu auf Papier, dass hierzulande nur noch als Toilettenpapier mit zu hoher Stärke eingestuft würde. Immerhin kann man den Druck nicht mit dem Daumen wegreiben – das habe ich in anderen Taschenbüchern aus Übersee durchaus schon erlebt.
Somit bleibt eine Paperback gewordene Schizoprhenie – ein wundervoller Einband um ein sonst ablehnendes Buch.

Doch als ich einmal angefangen hatte zu lesen, da hatte es mich direkt. Die Geschichte handelt von Harmonious Jade, der Night Caste Exalted des Signature Circles der Rollenspielbände, aber bevor diese letztlich zusammengefunden haben.
Jade kommt nach Nexus, eine gewaltige Metropole, um Rache zu üben an Selaine Chaisa. Die ist eine Yozi-Anbeterin und versucht zudem (aus an sich nachvollziehbarem Grund), Jade ein Ende zu bereiten. Die will ihr demnach zuvorkommen. Doch gerade am Tag des Attentats funkt ihr jemand dazwischen: Auch der Diciple of the Seven Forbidden Wisdoms ist ein Exalted und war mit Jade offenbar in einer früheren Inkarnation einmal mehr als bekannt.
Er wiederum weist sie auf ein ganz anderen Problem hin. Offenbar arbeitet Chaisa mit zwei Deathknights, Abyssal Exalted also, zusammen. Visitor in the Hall of Obsidian Mirrors und Witness of Lingerings Shadows sind Diener von Walker in Darkness, der ganz sicher nichts Gutes mit Nexus vorhat.
Und dann ist da noch Dace. Ein Dawn Caste Solar Exalted, der mit seiner Söldnertruppe ebenfalls in Nexus hängt und auf ganz anderem Wege auf den feisten Plot aufmerksam wird, der sich dort zusammenbraut und mit seiner Freundin Risa, einer Dragon-Blooded, seinerseits Ermittlungen anstellt.

Man merkt es bereits, das sind extrem viele handelnde Charaktere für ein gerade Mal 300 Seiten dünnes Buch. Abes es geht schon, alleine dadurch, dass etwa Dace die Handlung erst betritt, wenn ein anderer sie sozusagen verlassen hat und der Visitor, der Witness und Chaisa ohnehin meist zusammen agieren.
Tritzdem ist es beachtlich, wie locker Bowen hier seine Geschichte erzählt, die dazu noch auf vielen Ebenen spielt und dennoch eigentlich sehr simpel und unsubtil ist. Einerseits ist da der Plan der Deathknights, die sicherlich nicht aus archäologischen Gründen den Untergrund von Nexus durchforsten. Nexus selbst, eine Stadt, so alt und mit so vielen Geheimnissen gesegnet. Die gemeinsame Vergangenheit von Jade und dem Diciple. Und natürlich das erste Zusammentreffen der Signatures Dace und Harmonious Jade, das wiederum sehr spannend ist, da der Dawn ein ehrbarer Söldner und die Night eine im Schatten lauernde Attentäterin ist.

Man darf sich dabei nicht vertun und nun Hochliteratur erwarten; weiß Gott nicht. „A Day Dark As Night“ liest sich irgendwie wie eine guter Actionfilm. Es wird nie lange Zeit auf Expositionen oder dergleichen verwandt, derartige Informationen werden in kleinen Happen serviert. Auch werden uninteressantere Teile wie Reisen und Nachforschungen vorgespult, um direkt wieder zur Handlung zu kommen.
Andererseits kann Bowen hervorragende Actionsequenzen schildern, schwer genug in einem Roman, und verleiht auch den Dialogen zwischen den Charakteren viel pepp. Wertvoll ist dabei sicher auch, dass er eigentlich alle seine Charaktere gleich behandelt. Nicht unbedingt was die „Screentime“ angeht, aber abseits dessen ist es egal, ob es nun um Jade und Dace, die Solars, geht, oder ob die Deathknights handeln. Auch die beiden sind Charaktere und werden mehrfach zwischengeschaltet, während die Protagonisten ihre Nachforschungen anstellen. Nun hat man schon tiefere Charaktere gesehen, doch mehr als Pappaufsteller sind sie allemal.

Somit kann man sagen, der Auftakt der neuen Exalted-Romane ist ein geglücktes Experiment. Nach Richard Danskys „Second Age“-Trilogie („Chosen of the Sun“, „Beloved of the Dead“ und „Children of the Dragon“) hat man sich entschieden, auf eine ganze Romanreihe, locker verknüpft, um die Signaturcharaktere der Spielwelt zu bauen.
Der Erstlingt überzeugt dabei durch eine spannende Handlung, einige nette Wendungen und eine gelunge Einführung vieler Charaktere. Neben den oben genannten hat auch etwa Panther einen zehnzeiligen Cameo und man darf den leibhaftigen Emissary of Nexus gleich zwei Mal in Aktion bewundern.

Wer bisher „nur“ Fantasy mag, der sollte dem Buch eine Chance geben, denn auch für Einsteiger sind die Bücher gut zu lesen.
Wer Exalted mag, kommt an „A Day Dark As Night“ sowieso nicht vorbei.
Ich jedenfalls habe den Kauf nicht bereut, hatte viel Spaß mit dem Buch und habe mir danach auch direkt den zweiten Band der Reihe gekauft.
Ein gelungener Auftakt.

 


Carl Bowen
288 Seiten Softcover{jcomments on}
White Wolf
ISBN: 1-58846-859-3