Günther, Christian: Rost
Die Erde verdorrt
durch die Hand des Menschen,
doch so dorrt er sich
auch selbst aus
und vergeht.
vom Backcover von Rost
Mit Rost liegt mir nun auch der zweite Roman des Hamburger Autors Christian Günther vor, der immer noch nichts mit dem gleichnamigen Autor von Degenesis zu tun hat. Mit seinem Debürtoman Under the black rainbow konnte der Autor bereits ein überzeugendes Cyberpunkwerk abliefern, an den er mit Rost anknüpft.
Der Roman dreht sich um Aron, einen jungen Tween, der zusammen mit seinen Freunden die Dekadenz der Stadt genießt: Drogen, Discotheken, schneller Sex. Für den großen Kick fahren die Freunde aber hinaus aus der Sicherheit der Stadt, hinein in die zerstörten und verseuchten Gebiete, um dort Jagd auf alte Menschen, Flüchtlinge und Kranke zu machen. Doch diesmal geht etwas schief, einige seiner Freunde sterben und er befindet sich nun in der Gewalt der verdreckten Menschen, die außerhalb der Stadt ihr Dasein fristen. Was folgt ist eigentlich schon dutzende Male im Kino gewesen, der Handlungsrahmen ist altbekannt. Irgendein Arschloch/Elitesoldat/Beamter bleibt auf einem Ausflug/Mission/Unfall außerhalb seiner angepassten Gesellschaft zurück und muss nun mit den Menschen zusammenleben, die er aus Geschichten nur als Monster/Rebellen/Wunderlinge kennt. Dann muss er erkennen, dass diese Menschen eigentlich ganz okay sind. Wenn er dann in seine alte Heimat zurückkehrt, muss er erkennen, dass er bisher bei den falschen gelebt/gedient/gearbeitet hat, die ihm nun ans Leder wollen. Er flüchtet zurück zu den Außenseitern und hilft ihnen im Kampf gegen die Repräsentanten seines alten Lebens. Altes Konzept, hier aber mit einigen weiteren Aspekten garniert.
Diese Aspekte sind zwar auch aus anderen Romanen und Filmen bekannt, doch die Mischung bleibt nicht uninteressant. So suchen die Jugendlichen Abwechslung vom Alltag in Drogen und Gewalt, wie Alex und seine Droogs aus Clockwork Orange. Ab einem bestimmten Alter muss man sich in der Stadt verfeuern lassen, um die Gesellschaft nicht zu belasten, ähnlich wie in Logan's Run (Flucht ins 23. Jahrhundert). Die Stadt ist ein totaler Überwachungsstaat, bei dem alle schön, jung und sportlich sind, wie in Gattaca. Es gibt einen Wissenschaftler, welche die zerstörte Welt wieder fruchtbar machen will, wie Dr. Kynes aus Dune, etc. pp.
Das sorgt dafür, dass das ganze Buch sehr episodenhaft in seiner Erzählung wird. Aron flieht und gerät in einen versuchten Bereich mit einer seltsamen Sekte. Danach kommt diese Sekte nie wieder vor. Aron besucht die Farm des Biotechnikers, dort findet ein Überfall statt, die Farm spielt keine Rolle mehr. In den letzten paar Kapiteln gibt es dann erst eine längere Handlung, welche in das Finale und die unausweichliche Konfrontation der Außenseiter mit dem Militär der Stadt kommt. Diese ist aber nicht sonderlich imposant inszeniert und recht schnell vorbei. Man könnte sogar sagen, dass der Roman ziemlich abrupt endet, obwohl noch sehr viele Fragen ungeklärt bleiben.Der eigentliche Grund für die Konfrontation ist nicht Aron selbst, sondern ein anderer Charakter, dem der Leser erst in den letzten Kapiteln begegnet. Hat irgendwie etwas von einer Notbremse um den Roman doch noch abschließen zu können, auch wenn die Lösung Arons sehr interessant ist.
Es gibt zwar einige Verweise auf Under the black rainbow, doch der Roman könnte auch in einer anderen Welt spielen, Cyberpunk-Themen finden sich hier fast überhaupt nicht mehr. Vielmehr ist es eine Gesellschaftskritik an einem totalitären System und eine Glorifizierung der Freiheit, selbst wenn diese Freiheit bedeutet auf verseuchter Erde leben zu müssen. Leider hebt sich die Erzählung nicht wirklich hervor. Sprachlich kann der Roman nicht mit seinem Vorgänger mithalten, dem es beständig gelang eine zerfallene und hoffnungslose Atmosphäre zu schaffen. Bei Rost ist es durch den vorhersehbaren Handlungsablauf und den episodenhaften Erzählstil leider nicht gelungen, eine durchgängige Spannung zu erzeugen.
Rost hebt sich leider nicht sonderlich aus der Masse der Erzählungen hervor. Der Roman bedient viele Klischees des dystopischen Genres, bereichert dieses jedoch nicht mit neuen Ideen. Die 10 Euro für dieses Buch waren sicher nicht verschwendet, doch wurde ich von dem Vorgänger besser unterhalten.
Name: Rost
Verlag: edition 42 {jcomments on}
Sprache: deutsch
Autor: Christian Günther
Empf. VK.: 9,99 Euro
Seiten: 280
ISBN: -