Wilson, Robert Anston: Masken der Illuminaten

Masken der Illuminaten  Die fiktiven Realitäten - oder realen Fiktionen -, in denen Albert Einstein, James Joyce und der englische Okkultist Aleister Crowley sich 1914 in einer Züricher Kneipe begegnen, vermitteln einen völlig neuen Einblick in die weltbewegenden Gedankengebäude dieser originellen Geister. Ein spannender Okkult-Thriller ersten Ranges. Ein Evergreen unter den Kultromanen. 
vom Backcover von Die Masken der Illuminaten

Robert Anton Wilson dürfte vielen als Co-Autor der Illuminatus!-Trilogie ein Begriff sein. In diesem wirklich abgefahrenen Werk wurde der Leser auf einen Trip in eine seltsame Story geschickt, die multidimensional teilweise zusammenhanglos, unchronologisch und aus der Sicht verschiedenster Charaktere geschildert wurde. Zahlreiche Anspielungen, absurde Ideen, ungewöhnliche Blickwinkel oder schlicht auch barer Unsinn sollten dem Leser das Gefühl vermitteln, dass es keine absoluten Wahrheiten in dieser Geschichte gibt, was sehr konfus wirken konnte.
Wilson ist dabei kein Philosoph, bei dem wirklich ein komplexes Gedankengebäude hinter seinen Ausführungen stecken würde. Er beschäftigt sich dafür mit den Weltbildern anderer Leute, die er vergleicht, auseinandernimmt und teils auch entlarvt. Ein wichtiger Aspekt von Wilsons Werken ist die Entdeckung der eigenen Individualität und Subjektivität.

Die Masken der Illuminaten ist weit weniger verwirrend zu lesen und greift den Leser nicht so direkt an wie Illuminatus!. Hauptfigur des Buches ist der englische Aristrokrat John Babcock, der auf der Flucht vor Aleister Crowley und seinem bösartigen okkulten Geheimbund ist. In einer Züricher Kneipe trifft er auf Albert Einstein und James Joyce, denen er seine Geschichte erzählt, von seinen romantischen Phantasien, die zu ernsthaften Nachforschungen führen und schließlich in einer Initiation in den Hermetic Order of the Golden Dawn münden. Babcocks eigene Sichtweise wird dabei von den beiden Figuren Einsteins und Joyces betrachtet und hinterfragt bis hin zu dem Punkt, da Babcock mit der satanischen Sekte von Crowley aneinandergerät und er flieht. Am Ende trifft auch Crowley selbst bei den drei Männern zu einem sehr außergewöhnlichen Finale ein.
Auch dieses Buch ist natürlich kein einfacher Roman, auch hier zieht Wilson alle Register, um ungewöhnliche Einsichten und überraschende Ideen dem Leser nahezubringen, der zusammen mit dem naiven, schüchternen und prüden Babcock immer tiefer in die Welt freimaurerischer Verschwörungen, kabbalistischer Hermetik und satanischer Sexualmagick eindringt. Wo Illuminatus! allerdings den Leser irreführt, fokussiert sich Masken der Illuminaten mehr auf den armen Babcock, der völlig hilflos auf seine Erleuchtung zusteuert, wobei die Kommentare von Einstein und Joyce die ganze Story aus anderen Blickwinkeln erfassen, hinterfragen und uminterpretieren, die ganze magische Thematik wird durch naturwissenschaftliche Rationalität und literarische Deutung erforscht, ohne dass sie widerlegt wird, so dass man drei verschiedene Bilder der Situation erhält, die sich aber nicht widersprechen. Der Fluss des Buches wird immer wieder unterbrochen durch Arrangements bestimmter dialogfreier Szenen in Drehbuchform und ein Frage-Antwortspiel zu den Charakteren und der Handlung die dem Leser immer wieder klarmachen, dass er nur ein Buch liest, wie bei brechtschen wird verhindert, dass der Leser sich in der Geschichte verliert, vielmehr muss er sich bewusst werden, dass sein eigenes Denken durch den beschränkten Blickwinkel des Buches manipuliert ist.
Multidimensionalität, verschiedene Wahrheiten auf verschiedenen Ebenen sind das eigentliche Thema des Buches, illustriert durch Kabbalistik, einsteinsche Physik und die Literatur von Joyce, es geht um die Erkenntnis der eigenen Subjektivität, die nicht als Maßstab für Wahrheit gelten kann und die Akzeptanz der Vielschichtigkeit des Lebens. Indem Wilson die eigentlich völlig fiktionale Geschichte durch real existierende Personen mit unserer Wirklichkeit verknüpft, erreicht er einen Symbolismus, der die ganze Aussage zwingender auf den Leser bezieht.

Im Grunde ist Masken der Illuminaten ein Krimi, der extrem spannend ist, weil er nicht das Aufdecken von Fakten zum Thema hat, sondern die Schilderung einer Entwicklung und der dadurch stets neue Offenbarungen zeigt, dass er seine eigenen Regeln ändert. Dazu kommt das große Mysterium um Magie und Geheimbünde, das Wilson sehr ausführlich darstellt, ohne sogenannte Wahrheiten zu enthüllen, sowie einige Scherze und Wortspiele Wilsons, die hoffentlich ohne tiefere Bedeutung sind. Und obwohl Masken der Illuminaten in der deutschen Übersetzung teilweise ein wenig hakt (ich würde Wilson fürs Leben nicht übersetzen wollen), ist es, obzwar belletristisch, sehr schön und komplex aufgebaut (jedoch nicht kompliziert geschrieben), so dass es meine uneingeschränkte Kaufempfehlung hat...

 


Name: Masken der Illuminaten  
OT: Masks of the Illuminati  
Verlag: Rowohlt Taschenbuch  
Sprache: Deutsch
Autor: Robert Anton Wilson
Empf. VK.: 8,90 Euro  {jcomments on}
Seiten: 398