Hoffmann, E.T.A.: Die Elixiere des Teufels

Nachdem ich schon jüngst „Der goldne Topf“ auf dem Tisch hatte, widme ich mich heute einem Roman aus der Feder von Ernst Theodor Amadeus Hoffmann: „Die Elixiere des Teufels“. Der Mönch Medardus kommt nach einigem Hin und Her ins Kloster, wo er versucht, weltlichen Gelüsten zu entsagen. Dort erhält er, neben der Aufgabe zu predigen, zudem die Pflicht, einige Elixiere zu behüten. Diese seien jene, so erfährt er, mit denen der Teufel einst den heiligen Antonius habe verlocken wollen. Medardus ist aber nicht so stark wie der Heilige und letztlich probiert er eine der Flaschen.
Letztlich muss er das Kloster verlassen und passiert, auf seiner anschließenden Reise, eine Klippe. Dort sitzt ein Mann, schläft offenbar am Rand, und als Medardus ihn anspricht, stürzt dieser hinab in die Tiefe. Vor Schreck ganz unsicher, was er überhaupt machen soll, wird Medardus dann aber von einer Reisegruppe offenbar für den gerade erst Gestürzten gehalten, Graf Viktorin. Medardus lässt sich auf die Verwechslung ein und gelangt auf diese Weise an den Hof. Er beginnt ein Verhältnis mit der schönen Euphemie, verliebt sich unsterblich in deren Tochter Aurelie und wird immer tiefer hineingezogen in einen Sumpf verwirrender Ereignisse. Bis zum Ende des Buches kommt es zu einer ganzen Reihe blutiger Morde und Medardus verliert scheinbar zunehmend seinen Verstand. Doch muss er noch entdecken, dass nicht der Zufall alleine ihn an den Hof geführt hat...

Was ich in meiner Kritik zum „goldnen Topf“ schrieb, kann größtenteils genau so auch auf den vorliegenden Roman übertragen werden, der in zwei Teilen 1815 und 1816 erschien. Einerseits ist da die Geschichte, die durchaus einfallsreich und spannend ist. Vor allem Hoffmanns geschicktes Spiel mit Personen, Identitäten, zerfallenden Selbstbildern und der Motiven von Schizophrenie und Geisteskrankheit, die der Erzählung durchaus ihren ganz eigenen Reiz geben. Die „Elixiere“ haben einen unverlässlichen Erzähler, da die Geschichte nahezu vollständig von Medardus selbst berichtet wird, und da dieser zudem oftmals unsicher ist, wer genau er noch mal wirklich ist, bleibt viel Raum zur Interpretation.
Religiöse Motive ziehen sich ebenso durch das Buch. Das mag man vermutlich oder man mag es nicht. Aber gerade Antontius der Große, die heilige Rosalia und Saint Médard sind zentrale Bilder innerhalb der Erzählung und vieles von dem, was geschieht, baut auf dieser christlichen Lehre auf. Hoffmann, selbst kein gläubiger Mensch, zwingt einem hier allerdings weder eine Predigt noch eine Heilsbotschaft auf, sondern verwendet die Religion nur als Kulisse für seine Schauergeschichte.

Nur ein Kritikpunkt bleibt wirklich bestehen, doch ist der wie schon beim „Topf“ geeignet, einem jeden Spaß an dem Buch zu nehmen: Die Sprache. Lange, verschachtelte Sätze, eine teilweise doch schon spürbar überholte Bildsprache, aber vor allem das nahezu vollständige Fehlen von Absätzen oder anderer Gliederung der einzelnen Seiten macht die Lektüre oftmals sehr, sehr anstrengend.
Moderne Dramaturgie oder eine entsprechende Spannungskurve sucht man vergebens. Die Geschichte gäbe es sicherlich her, doch die fast 200 Jahre seit dem Erscheinen sind an dem Text nicht spurlos vorüber gegangen.
Das Buch ist dabei wie üblich bei deutschsprachigen Klassikern in einer wilden Reihe von Editionen verfügbar. Die vorliegende Ausgabe aus der schönen Edition „Fischer Klassik“ ist mit einem fairen Preis bemessen und kommt noch mit einem kurzen, aber guten Begleittext daher. Wer damit leben kann, dass die Rechtschreibung in einigen Punkten (wirklich) behutsam modernisiert wurde, der macht mit der entsprechenden Ausgabe keinen Fehler.

Man kann „Die Elixiere des Teufels“ lesen, schlecht ist das Buch nicht. Wer aber nur Unterhaltung sucht, ist hier falsch; wer nicht nur etwas für seine Bildung tun will, sondern auch Unterhaltung sucht, der greift wohl besser zu einer Geschichte von Hoffmann, die ich das nächste Mal hier besprechen werden: „Der Sandmann“.
„Die Elixiere des Teufels“ kann ich nur wirklich stark interessierten Lesern empfehlen.


Name: Die Elixiere des Teufels
Verlag: Fischer Taschenbuchverlag
Sprache: Deutsch
Autor: E.T.A. Hoffmann
Seiten: 349
ISBN: 3-596-90063-8{jcomments on}