Lem, Stanislaw: Der Futurologische Kongress

Ich möchte gleich zum Anfang eines klar stellen: Dies hier fasse ich nicht als eine gewöhnliche Rezension auf und dies wird auch kein Verriss – wobei böse Zungen ja behaupten etwas anderes könne ich gar nicht schreiben. Dies hier ist eine Empfehlung.
Jetzt könnte ich eigentlich schon schließen, doch das wäre billig und außerdem möchte ich doch noch erzählen, warum ich das Buch empfehle und ... da weiß ich gar nicht so recht wo ich anfangen soll...

Selten ist an einem Buch das ich gelesen habe alles einfach rundum gelungen, die Story, die Charaktere, der Schreibstil, hier stimmt einfach alles. Bereits auf Seite 15 sind mir mehr skurille Gestalten begegnet, habe ich öfter - im positiven Sinne - den Kopf geschüttelt und mehr originelle bis bizarre Einfälle gesehen als in ganzen anderen Romanen.
Als Beispiel seien hier nur der bärtige Papstattentäter, die humanen Pistolenkugeln der Amerikaner, und das strippende Bachkonzert erwähnt.

Doch hat der Roman noch deutlich mehr zu bieten als nur ein Schaulaufen seltsamer Figuren und merkwürdiger Ereignisse, im Laufe des Romans entwickelt sich eine interessante Story, die immer mal wieder einen Haken schlägt und den Leser durchaus zu fesseln weiß, so gerät das 100 stöckige Hilton-Hotel, in welchem der titelgebende Kongress tagt schon bald in die Wirren eines Bürgerkrieges und zu allem Überfluss benutzt die Regierung des Landes das erste mal die so genannten Bemben, Bomben, die bei ihrer Detonation eine ganze Reihe chemischer Wirkstoffe freisetzen die das Gefühlsleben der Betroffen vollkommen aus dem Ruder laufen lassen. Zwar gelingt es dem Protagonisten sowie einigen anderen sich in die Kanalisation zu flüchten, doch auch dieser Ort ist von der Wirkung des Chemiecocktails nicht verschont geblieben und einige der Halluzinoge wirken auch hier, weit unter der Oberfläche...
Nachdem der Protagonist schwere Verletzungen erlitten hat, insbesondere aber aufgrund seiner psychischen Verfassung wird er eingefroren und im Jahre 2039 wieder aufgetaut. Er findet sich in einer Gesellschaft wieder, deren Sprache er kaum versteht und die sich selber als Psychemie bezeichnet, denn die Beeinflussung durch Chemiekalien hat während er schlief ungewohnte Ausmaße angenommen, so stehen die Menschen rund um die Uhr unter Beeinflussung irgendwelcher Chemiekalien, dies jedoch im vollsten Einverständnis, so glauben sie zumindest, doch in Wirklichkeit geht die chemische Manipulation viel tiefer als sie glauben...

Zu guter Letzt ist der Roman auch aus sprachlicher Sicht sehr gut gelungen, so trägt der etwas naiv-distanzierte Sprachstil des Protagonisten, der Roman ist aus der Ich-Perspektive geschrieben, des öfteren zu einem Schmunzeln bei in Situation in denen einem eigentlich jegliches Lachen im Halse stecken bleiben sollte, ebenso gelingt es dem Autor den Leser genau dann zu schockieren, wenn der Protagonist dies ist und beide gleichermaßen im Jahre 2039, in der glorreichen Psivilisation, fremdeln zu lassen.

Wie ich bereits sagte: An diesem Roman stimmt alles. Und hiermit schließt sich der Kreis dieser kurzen Rezension, erschreckend wie wenig man zu schreiben hat, wenn es nichts zu meckern gibt, mit einer neuerlichen Kaufempfehlung.


Name: Der futurologische Kongress
Verlag: Suhrkamp Verlag
Sprache: Deutsch
Autor: Stanislaw Lem
Seiten: 139
ISBN: 3-518-37034{jcomments on}