Wisemann, Richard: Quirkology

Richard Wiseman ist ein eigentümlicher Mensch. Der einzige Professor für „das öffentliche Verständnis der Psychologie“ in England war zunächst als Bühnenmagier aktiv, wechselte dann jedoch das Fach und studierte in London Psychologie, machte in Edinburgh seinen Doktor und nahm dann den etwas eigenwilligen Lehrstuhl in Hertfordshire an.
Im Laufe seiner Tätigkeit hat er bereits diverse paranormale Phänomene untersucht und auf einen weniger übernatürlichen, aber nicht weniger spannenden Kern reduziert, hat eine gewaltige Studie zum Thema Humor und Witze angestellt und die Prinzipien von Glück und Pech analysiert.
Und er hat, neben anderen, das vorliegende Buch geschrieben – „Quirkology – The Curious Science of Everyday Lives“.

Worum geht es also in „Quirkology“? Er gliedert das Buch generell in sechs gleichermaßen spannende Kapitel. In „What does your date of birth really say about you“ widerlegt er große Teile der gängigen, astrologischen Untersuchungen, stellt aber im gleichen Zug das Feld der Chronopsychologie vor, die zeigt, welchen Einfluss die Umstände unserer Geburt bar aller Sterne auf unser Leben haben.
In „Trust everyone, but always cut the cards“ beschreibt er die Prinzipien des Lügens und Täuschens und ob, und wenn, wie man das durchschauen kann. „Believing six impossible things before breakfast“ ist dagegen sein Ausflug in die Parapsychologie; wie im ersten Kapitel weigert er sich auch hier, den einfachen, aus Aberglauben erwachsenden Theorien zu folgen. Anders als die meisten Skeptiker hat er aber auch hier Gegenthesen – und Belege.
„Making up your mind“ enthüllt die teils überaus erschreckenden Wege, über die bei uns Menschen die Entscheidungsfindung geregelt ist, während „The scientific search for the world's funniest joke“ genau das ist, was der Titel verspricht. Abschließend widmet er sich noch in „Sinner or saint“ der Frage, wann wir helfen, wann nicht, und wann wir bewusst versuchen zu hindern.

Das Faszinierende an dem Buch ist, dass er es schafft, gleichzeitig salopp und sehr wissenschaftlich zu sein. Der Fließtext ist sehr schön geschrieben, Wiseman hat eine sehr sympathische Art, Konzepte zu erläutern und auch wenn 85% des Buches rein empirische Studien sind, so wird man nirgends mit Tabellen bombardiert oder aber genötigt, sich alleine mit Zahlen zu beschäftigen.
Andererseits ist er Wissenschaftler und somit kommt keines der Kapitel mit weniger als ein paar Dutzend Endnoten davon, die in jedem Absatz irgendwo verankert sind und einem dann gleich die Belege (und die Quellen, an denen man bei Interesse die Zahlenkolonnen findet) nachreichen.
Wiseman ist auch ein guter Wissenschaftler in dem Sinne, dass er nirgendwo zu einem Ergebnis springt, sondern vielmehr mindestens zwei oder drei Untersuchungen in jede Richtung vorstellt und dann vorsichtig und wenig dogmatisch seine These vertritt.

Aber was genau sind das nun für Thesen? Er erklärt beispielsweise, was für physikalische Erklärungen es für typische Geisterhaus-Phänomene – flackernde und erlöschende Kerzen, Nackenhaare die sich aufrichten etc. – gibt und welche psychologischen Einflüsse es dann noch gibt. Er erklärt, wie selbstlos Menschen wirklich sind und ob die intensive Beschäftigung mit der Geschichte des guten Samariters irgendwie darauf Einfluss nimmt. Er untersucht, ob Menschen in der Lage sind, zu erkennen, ob ein Gegenüber lügt und falls ja, an welchen Indikatoren man das festmachen kann.
Das ist nur ein kleiner Ausschnitt; ich schätze, es sind insgesamt mehrere hundert solcher Untersuchungen in dem Buch enthalten, die einen als Anekdoten zweifelsohne zum Helden jeder Dinner Party machen. Das ist zwar sogar eines der Ziele, die Wiseman verfolgt, aber nicht der Hauptgrund, weshalb ich das Buch hier empfehle. Denn vor allem lernt man darin etwas über Menschen.
Tag ein, Tag aus hat man mit eben jenen Geschöpfen auf Gottes Erden zu tun und muss mit all ihren komischen Eigenheiten, Verhaltensmustern und Manierismen klarkommen. „Quirkology“ zeigt einem nicht, wie man das macht, aber es erklärt einem erfolgreich, wieso es überhaupt dazu kommt. Das Buch macht den Umgang mit seinen Mitmenschen und überhaupt mit der ganzen Welt um uns herum irgendwie schlüssiger, weniger willkürlich. Man erkennt an sich selbst einige Facetten und Elemente, andere an seinen Mitmenschen und kann vielleicht zukünftig Situationen den richtigen Impuls geben, damit eben jene Ecken und Kanten nicht aneinander scheuern.

Mal ganz davon abgesehen, dass vermutlich jeder wissen sollte, dass mindestens unterbewusste, psychologische Faktoren am Werk waren, als „Krusty the Clown“ seinen Namen erhielt. Und zwar in dieser Schreibweise.

„Quirkology“ ist eine faszinierende Lektüre und nicht nur für ein Sachbuch sehr, sehr unterhaltsam. Ich selber habe es in kürzester Zeit durchgelesen und das, obwohl es mit an die 300 Seiten auch nicht zu kurz geraten ist. Ob man nun zur britischen, zur leicht abweichenden amerikanischen oder doch zur übersetzten, deutschen Fassung greift - „Quirkology“ ist ein Buch, dem mich nur meine stärkste Empfehlung geben kann.

 


Richard Wiseman
Quirkology  {jcomments on}
200 Seiten Softcover
Pan Macmillan
ISBN: 0-330-44811-0