Thomas Koebner (Hrsg.): Filmgenres: Western
Howdy, und willkommen zur dritten Runde "Germanisten gegen Reclams Filmgenreführer". Nachdem bereits die beiden Genreführer des Märchen- und Fantasyfilmes sowie des SciFi-Filmes in beeindruckenden Kämpfen von ihren Rezensenten niedergerungen wurden, schickt sich Reclam an, nun mit weiteren Vertretern einen neuen Versuch zu wagen.
Im ersten Kampf stehen sich daher ego und der Western gegenüber, während die Seele im Laufe des Jahres wahrscheinlich den zweiten Kampf gegen das Horrorgenre bestreiten wird. Also Gong frei zur ersten Runde…
Die Gattung des Westens ist wohl eines der am meisten behandelten Genres der Filmgeschichte, das man von seiner Thematik nur mit einem Land in Verbindung bringt. Zwar fand durch den Spagetti-Western und die Karl May-Verfilmungen dieses Genre seinen Weg auch auf den europäischen Kontinent, aber gerade in Amerika ist es wohl das Genre eines Landes schlechthin. Und bei solch einer Bandbreite ist es auch nicht verwunderlich, dass sich Reclam nun anschickte ihm einen eigenen Genreband zu bescheren.
Dieser ist mit seinem Preis von 8,80 Euro zwar etwas billiger als sein SciFi-Vertreter, mit seiner Seitenzahl von 375 aber auch wieder etwas dünner, womit sich hierbei also schon mal keine Pluspunkte machen lassen. Auch Reclam ist eben teurer geworden.
Auf den ersten Blick sieht es auch wieder so aus als ob Thomas Koebner als Herausgeber fungierte, doch ein weiterer Blick offenbart mir hier noch weitere: Bernd Kiefer und Norbert Grob unter Mitarbeit von Marcus Stiglegger.
Auch ein erster Blick auf die Vorbemerkung und die Einleitung gibt einen positiveren Blick auf das ganze Buch. Während die Vorbemerkung mir wie üblich einen kurzen Überblick über die Probleme und die Entstehung des Buches gibt, so offenbart sich die Einleitung als wirklich gut. Hier wird nicht nur in einem kurzen Abriss die Geschichte des Westerns erläutert, auch die Hauptthemen der verschiedenen Geschichten werden einer kurzen Erläuterung unterzogen und die verschiedenen Stadien des Filmwesterns im Wandel der Zeit erfahren einer kurzen Erklärung. Insoweit schon mal eine gelungene Einleitung, die zudem auch nicht mit tiefsinnigen oder weitschweifigen Hypothesen um sich wirft und den Leser schon von Anfang an entmutigt.
Doch nun zum eigentlichen Werk: Rund 70 Western aus der Zeit zwischen 1903 und 2003 fanden Eingang, sicherlich nicht sehr viel. Aber wie mir die Autoren erklärten musste eben eine gewisse Auswahl gemacht werden da man sich leider nicht den Luxus leisten konnte, wie andere Werke etwa über 1500 Filme zu behandeln. Sicherlich wird nun der eine oder andere Leser seinen Film vermissen, aber ein erster Überblick offenbarte mir das doch schon darauf geachtet wurde zumindest die Klassiker aufzunehmen und auch aus jeder vorhandenen Nische zumindest einen typischen Vertreter aufzulisten.
Auch die Texte zu den einzelnen Filmen sind bei weitem besser geraten als bei seinem SciFi-Bruder.
So geht zwar immer noch jedem Film die obligatorische Inhaltsangabe voran, besonders für Leute die eben noch nicht alle Filme gesehen haben eine gute Hilfe, jedoch beschränken sich die Autoren zum Großteil bei ihrer "Analyse" eher auf den dramaturgischen und technischen Aspekt des Filmes. Schön das man diesmal davon abgelassen hat zuviel in den Film hinein zu interpretieren.
Wie bereits oben erwähnt gibt das Buch einen recht ansehnlichen Querschnitt durch die gesamten Abteilungen und so finden sich neben dem großen Eisenbahn-Überfall (dem ersten Vertreter seiner Art) natürlich auch Klassiker wie etwa Zwölf Uhr Mittags, Alamo oder Spiel mir das Lied vom Tod, aber auch problematischere Filme (so zum Beispiel Django oder Dead Man) oder (zu meiner Überraschung) Das Wiegenlied vom Totschlag.
Eigentlich kann man sich über eine mangelnde Varianz nicht beklagen, einzig die etwas humorvollen aber nichts desto trotz guten Western (z.B. Vierzig Wagen Westwärts oder Nobody) fanden leider keine Eingang, man wollte sich dann doch wohl eher auf die ernsthafteren Gebiete des Genres beschränken, was dem Buch aber auch nicht schadet.
Eigentlich macht Reclam mit diesem Werk alles besser was man vom interpretatorischen Ansatz her bei den beiden vorangegangenen Werken eher außer Acht gelassen hatte oder einfach nur falsch gemacht hat. Die Texte sind recht umfassend, wenn auch aufgrund der Länge bei weitem nicht erschöpfend, jedoch immer in einem verständlichen Rahmen.
Wer also Freude an diesem Genre hat kann sicherlich einen Blick in diese Buch werfen, man bekommt sowohl einen guten generellen Überblick als auch einen Einblick in die meisten Filme.
Eigentlich schade, da hatte ich mich schon wieder auf ein schlechteres Werk gefreut als es dann tatsächlich war, aber mal abwarten was uns die Seele demnächst von der Horrorfront berichten kann, zudem ist die Reihe ja noch lange nicht abgeschlossen. Ein Blick auf die Übersicht der Produkte zeigt dass noch einige Genres folgen sollen, mal schauen was die so bringen werden.
Name: Filmgenres: Western
Verlag: Reclam
Sprache: Deutsch
Autor: Thomas Koebner (Hrsg.)
Seiten: 357
ISBN: 3-15-018402-9{jcomments on}