Smith, Chris: Herr der Ringe - Waffen und Kriegskunst

Das offizielle, reich illustrierte Begleitbuch zu den Schlachten, den Waffen und den Heeren der grandiosen Filmtrilogie "Der Herr der Ringe".
vom Backcover von Waffen und Kriegskunst

Als ich vor einiger Zeit durch den Produktkatalog zum Herr der Ringe-Rollenspiels blätterte, machte ich eine, wie ich meine recht interessante, Beobachtung: es gibt keinen gesonderten Waffenband!
Das ist verwunderlich, umso verwunderlicher wenn man sieht, wie die Dinger sich normalerweise verkaufen. Diese Überlegung führte mich dann letztlich aber zu meinem Buchregal und dort zu dem vorliegenden Buch. Auch ich war zur Weihnachtszeit schwach geworden und hatte mir durch einen der Herr-der-Ringe-Promo-Tische in den Buchhandlungen das vorliegende Werk andrehen lassen, jedoch war es bis dato eher ungelesen in meiner Sammlung.

Nun, nachdem ich es mal gesichtet habe, dachte ich mir, stelle ich es an dieser Stelle einfach mal vor, wenn es natürlich auch de facto kein Rollenspielprodukt ist.
Das Format jedenfalls kommt einem durchaus bekannt vor, handelt es sich doch um ein über 200 Seiten dickes Softcover-Buch. Das Cover zeigt in einer Collage ein riesiges Heer, prominent und groß in der Mitte Aragorn in Königsrüstung, im Hintergrund dann noch in Schemen einige andere Charaktere des Films.
Das Buch ist auch im inneren komplett farbig gestaltet und bietet unzählige Filmfotos sowie hoch aufgelöst Detailaufnahmen der unglaublich schön und dabei extrem realistisch gestalteten Requisiten der Filme. Das Buch befindet sich dabei auf Stand des dritten Teils der Trilogie (und geht teilweise darüber hinaus), so das man sich keinerlei Sorgen machen muss, dass einem da etwas entgeht.

Der Schreibstil ist dabei betont 'in-time', es wird an keiner Stelle im Fließtext auf den Film sowie dessen Produktion eingegangen, sondern immer so gesprochen, als handele es sich um historische Waffen. Dabei ist die Erzählperspektive als Chronist von Mittelerde bestenfalls bemüht zu nennen, doch lesen sich die Texte flüssig und konsequent herunter.
Umso bemerkenswerter ist das, wo doch der Übersetzer Hans J. Schütz sich große Mühe gegeben hat, dies zu vereiteln. Zwar ist seine Übersetzung über weite Strecken gewissenhaft und sprachlich angemessen, immer wieder aber tritt zu Tage, dass er eigentlich nicht weiß, was er da übersetzt. "Das Balrog" ist wohl der markanteste Beweis. Es handelt sich dabei auch um kein Versehen, solche Stilblüten ziehen sich konsequent durch das Buch.
Peinlich, zumal das Buch auch noch im deutschen HdR-Stammverlag Klett-Cotta erschienen ist.
Auch im Bereich der Zahlen gibt es allerlei schräg erscheinende Einträge, so sind mir die 60.000 Reiter von Rohan (S. 100) auf den ersten Blick was viel, aber auch wiederum "nur" ein Tippfehler.

Inhaltlich ist das Buch leider nicht wirklich gegliedert zu nennen sondern geht in einer, teils chronologisch der Ringsaga folgenden, teils auch eher assoziativ arrangierten Reihenfolge Orte, Armeen, Schlachten und markante Personen ab und beschreibt eben jene.

Die eigentlichen Beschreibungen sind dabei eher allgemein gehalten und werden dann durch weiterführenden Informationen in Textkästen ergänzt. So hat König Théoden eine halbe Seite Text zu seiner Person, einen Textkasten zu seinem Schwert Herugrim und je eine halbe Seite für Schild und Rüstung. Éomer dagegen hat eine Seite zu seiner Person und eine für Schwert und Rüstung.
Die Beschreibungen sind dabei erfreulich gut und nicht für "die Dummen" geschrieben. So ist das Buch zwar fernab davon, wissenschaftlich zu sein, aber alleine eine Einleitung wie "Das Auffallendste an einem Rohan-Schwert war das Fehlen einer Hohlkehle." zeigt doch, das man sich bemüht hat, hier auch sinnvolle Anmerkungen in dem Buch zu verewigen. Ein Stichwortregister am Ende hilft dagegen jenen, die momentan eher ratlos zwischen Hohlkehlen, Ricasso und Griffzapfen stünden.
Auch Anmerkungen, wie die Waffen zu führen sind bzw. geführt wurden finden sich in dem Buch – etwas, das gerade für Spielleiter doch auch sehr wertvoll sein kann, wenn er Wert auf Getreue zum Werk legt und sich beispielsweise fragt, ob die Rohirrim ihre kleinen Äxte auch geworfen haben.

Einzig etwas nutzlos sind die Pläne und Schlachtskizzen in dem Buch. Sie sind nicht falsch, aber weder der maßlos lineare Verlaufsplan der Gänge von Moria noch der Schlachtplan zum letzten Bündnis sind etwas, aus dem man viel Nutzen oder Informationen ziehen kann; wobei zumindest letzterer in dem Buch trotz allem richtig aufgehoben ist.
Auch fällt, wenn man schon bei den Nachteilen ist, einem doch auf, das leider eben doch die eine oder andere Kleinigkeit vergessen wurde. So wird etwa das Schwert des Hexenkönigs von Angmar beschrieben, sein gigantischer Morgenstern, mit dem er gegen Éowyn auf den Pelennor-Feldern kämpft, fehlt aber.
Dafür wird etwa die komplette Ausrüstung von Saurons Mund beschrieben, der, zumindest in der Kinofassung der "Rückkehr des Königs", noch gar nicht zu sehen war, was sicherlich als Ausgleich reicht.

Man kann generell sagen, dass "Waffen und Kriegskunst" ein überraschend gutes und interessantes Buch ist, in dem der Fan sicherlich viele interessante Informationen finden wird. Auch ein Fan von archaischen Waffen als solchen wird hier fündig werden, denn viele Designs wurden ja eigens für den Film entworfen und haben kein historisches Vorbild, sind aber dennoch cool, man denke nur einmal an die Schwerter der Elben.

Doch lohnt der Kauf auch für einen HdR-Spielleiter?
Ich bin schon der Meinung, dass er das tut. Natürlich sind hier keine Werte drin enthalten, keine harten und verwertbaren Fakten. Aber es macht halt schon einen Unterschied, ob man am Spieltisch von einem Ork "mit Schwert" spricht, oder dieser eine schartige Klinge, gebogen und asymmetrisch, mit einer in einem Haken mündenden Klinge und mehreren nach vorne geneigten Stacheln, komplett mit Rost überzogen, vor sich hält.
Genau diese Details, die aus einer Waffe ein farbenfrohes Detail Mittelerdes machen, findet man in diesem Band – und das ist doch allemal einen Blick wert, oder?


Name: Waffen und Kriegskunst 
OT: The Lord of the Rings: Weapons and Warfare 
Verlag: Klett-Cotta 
Sprache: Deutsch
Autoren: Chris Smith{jcomments on}
Empf. VK.: 15,00 Euro
Seiten: 218