Engel - Pandoramicum

Es gibt da eine Geschichte.
Cumulus hat sie mir erzählt...
Aus Pandoramicum

Mit "Engel" hat Feder&Schwert ein Multimedia-Projekt geschaffen, das so ziemlich alle Formen von Printmedien umfasst, Rollenspiele, Romane, Artikel in Zeitschriften und einen Comic. Die von mir gelesenen Rollenspielprodukte glänzten bisher mit sehr hoher Qualität, ob der mir hier vorliegende Comic "Pandoramicum" da mithalten kann soll sich jetzt zeigen:

Der Comic kommt, durchaus nicht unüblich, im Hardcover daher, was den Preis für die rund 40 Seiten meines Erachtens nach unnötig in die Höhe treibt, schließlich sind 15 EUR kein Pappenstiel, diese Tatsache lässt sich allerdings kaum Feder&Schwert persönlich vorwerfen, sondern stellt mehr eine Kritik am Medium "Comic" selbst dar, da sie Praxis, wie bereits erwähnt, nicht unüblich ist, doch kommen wir zum Pandoramicum selbst.
Auf dem Cover starrt mir eine Traumsaatkreatur in die Augen, in der Mitte ihres Rumpfes befindet sich dasselbe "Passfoto" eines Engels, welches einen auch auf der zugehörigen Internet-Seite Engel-Net (mehr zu dieser Seite ebenfalls hier im Engel-Special) empfängt. Die Zeichnung ist in dem von Dieter Jüdt für Engel geschaffenen, etwas kantigen Stil gehalten, der wohl nicht jedermanns Geschmack ist, mir jedenfalls weiß er zu gefallen, zumal er den Engeln auch eine sehr eigene, unverwechselbare Art verleiht, dass er jedoch nicht nur Vorteile hat und sich die Nachteile leider ganz besonders in einem Comic zeigen, merkt man beim Lesen des "Pandoramicums":

Der "Engel-Stil" ist denkbar schlecht geeignet, um actionorientierte Szenen darzustellen, so sind die Kämpfe zwischen den Engeln und der Traumsaat sehr unübersichtlich und man kann den Aktionen der Beteiligten kaum folgen, ähnliches gilt auch für das Finale, den Untergang des Himmels der Ragueliten. Wie bereits gesagt gefällt mir der Zeichenstil eigentlich sehr gut, wenn er in Standbildern verwendet wird, wie zum Beispiel in den Ordensdarstellungen im Grundregelbuch, für einen Comic ist er jedoch schlicht ungeeignet.

Doch besteht auch ein Comic bekanntlich ja nicht nur aus Bildern sondern erzählt eine Geschichte, im Falle des Pandoramicums ist dies, wie bereits angedeutet, der Fall des Himmels zu Stockholm, wo der Orden der Ragueliten über die Technologie von vor der großen Flut wachte.
Die Geschehnisse werden aus der Perspektive des Mädchens Myriel erzählt, das sich aus persönlichen Gründen in den Himmel geschlichen. Als ein Fegefeuer, eine riesige Feuerwand, welche sich durch Skandinavien schiebt, seine Richtung ändert und droht den Himmel zu zerstören, ist Myriel scheinbar die Einzige, die einem mysteriösen Wanderer glaubt, dass das Ende nahe sei.
Das Pandoramicum weiß eine spannende Geschichte zu erzählen und wirft nebenbei sehr viele Fragen auf, die teilweise bereits in anderen Publikationen wieder aufgegriffen wurden, beispielsweise die Identität des Wanderers, der nicht nur Dinge zu wissen scheint, die niemand sonst kennt, sondern der auch über die merkwürdige Eigenart verfügt, dass Muscheln aus dem Boden um seine Füße sprießen. Dies ist natürlich ein geschickter Schachzug der Autoren, um das Interesse an den Engeln über das Lesen der Geschichte hinaus Wachzuhalten und zu Diskussionen anzuregen, wodurch die Welt der Engel lebendig gehalten wird.

Wer sich also an den für einen Comic ungünstigen Zeichenstil nicht stört kann hier ruhigen Gewissens zugreifen, der Comic vermittelt einen guten ersten Eindruck vom Neo-Mittelalter des 27. Jahrhunderts und den fliegenden Streitern des Herrn.
Wenn man bedenkt, dass das Pandoramicum seinerzeit das erste Engel-Produkt war und insofern eine Art "Teaser"-Rolle hatte, also schlicht die Neugier des Lesers wecken sollte muss ich, bei einem Blick in mein Bücher-Regal, unumwoben zugeben, dass ihm dies sehr gut gelungen ist.{jcomments on}