Astonishing X-Men 3, The - Torn

Nachdem Kritiker wie Fans gleichermaßen mit seinem zweiten Teil der Reihe, „Dangerous“, unzufrieden waren, meldet sich Joss Whedon nun zurück. Mit „Torn“ gehen die „Astonishing X-Men“ in ihrer neuen Inkarnation nun in die dritte Runde.
Whedon hat sich erneut mit Zeicher John Cassaday verbündet und gemeinsam versuchen die beiden ein weiteres Mal, qualitativ an ihren Eisner-prämierten Erstling „Gifted“ anzuknüpfen.

„Dangerous“ war ja in einem regelrechten Cliffhanger geendet und „Torn“ setzt auch genau dort wieder ein. Gleich zu Beginn bekommt der geneigte Leser einen Eindruck davon, welche Verbindungen Emma Frost ganz offenbar dort im Verborgenen noch gepflegt hat. Doch so schön und diesen Band dominierend ihr Plan auch ist, es steckt noch viel mehr in dem als Trade Paperback gesammelten Werk.
Gerade der Auftakt der Geschichte läuft angenehm ruhig ab. Das gibt einigen Charakteren die Gelegenheit für ein dringend notwendiges Stück Charakterfortentwicklung und dem Leser ein paar schöne Interaktionsszenen, aber auch einigen der zentralen Figuren der Geschichte mehr Zeit, die Geschehnisse des Bandes vorzubereiten.
Neben den bereits angerissenen Gestalten um Frost herum haben nämlich auch diverse weitere Widersacher ihren Auftritt und es gelingt Whedon tatsächlich, sowohl Handlungsfäden aus „Gifted“ wie auch aus „Dangerous“ hier aufzugreifen und fortzuführen. Diese Anbindung funktioniert erstaunlich gut und wirkte der zweite Band für sich auch noch sehr wie Konservenware, so ringt ihm „Torn“ gleich eine ganz neue Perspektive ab.

Erfreulich ist dabei auch, dass Whedon zum alten Witz zurückgefunden hat. Die Figuren sprechen generell wieder unterhaltsamer, Wolverine darf in ein paar ganz grandiose Szenen auflaufen und das eine oder andere Augenzwinkern ist zu beobachten. Die Tatsache, dass die X-Men sich regelmäßig mehr oder weniger temporär aus dem Verkehr ziehen lassen, die immer absurder klingenden Rufnamen von Charakteren, all das betrachtet Whedon wieder mit dem Augenzwinkern, für das man ihn unter anderem so schätzt.
Das allerdings kann auch nicht ganz verschleiern, dass „Torn“ im Endeffekt auch mal wieder eine der „Angriff auf die Schule“-Rahmenhandlungen hat. Eine gut durchdachte, mit Wendungen versehene Handlung, aber irgendwie auch nicht mehr so richtig neu.
Was er allerdings schafft, ist es, parallel die Gesamthandlung weiter zu treiben. Die Breakworld ist nach wie vor besorgt, da man dort weiß, dass ein bestimmter X-Man das potential hat, sie zu vernichten. „Torn“ enthüllt diese Identität nun auch und man kann zumindest sagen, dass in der Wahl eine gewisse Ironie begründet liegt. Dieser Handlungsfaden führt allerdings auch dazu, dass der Band mehr oder weniger mitten in seiner Handlung gecliffhangert wird und man den vierten Band der Reihe wird abwarten müssen, um zu beurteilen, ob Whedons Gesamtkonzept aufgeht oder nicht.

Über jeden Zweifel erhaben ist dagegen einmal mehr die zeichnerische Umsetzung durch John Cassaday. Visuelle Brecher wie den doppelseitigen Sentinel aus „Dangerous“ sucht man dieses Mal vergebens, dafür sind es die Feinheiten, die begeistern. Ohne zu viel vorweg zu nehmen kann man wohl sagen, dass gerade Cassadays Fähigkeit, Charaktere derart gut zu zeichnen, dass man ihnen wirklich ihre Persönlichkeit am Gesicht ablesen kann, diesem Band sehr gut tut. Und das eine oder andere coole Panel gibt es natürlich auch. Ich meine, sogar Cyclops kann hier einmal cool aussehen!
Negativ angemerkt sei vielleicht noch, dass die Illustration auf dem Backcover des Trade Paperbacks im Grunde schon ein Spoiler für sich ist. Sehr ägerlich, zumal man Klappentexte ja noch ignorieren kann, aber eine Umschlagsillustration wohl kaum.

Alles in allem ist „Torn“ eine gute Fortsetzung geworden. Bestehende Handlungsfäden werden fortgesetzt und sinnvoll um einige neue Stränge ergänzt. Der Band schafft es, die vorigen Geschichten vielversprechend in einen gemeinsamen Kontext zu setzen und profitiert gerade auch von seinen ruhigeren Momenten am Anfang.
Ein endgültiges Urteil wird wohl erst mit dem vierten und vermutlich letzten Band, „Unstoppable“ übrigens, möglich sein, aber bis dahin kann ich zumindest guten Gewissens sagen, dass mir „Torn“ durchweg gut gefallen hat und ich glaube, dass er die Fans von „Gifted“ wie „Dangerous“ gleichermaßen zufriedenstellen wird.

Wer die „Astonishing X-Men“ bisher verfolgt hat, der kommt auch um dieses Buch nicht herum.


Joss Whedon, John Cassaday{jcomments on}
Softcover, Marvel
ISBN: 0-7851-1759-8