Mordmysterien

"Ich bin der Hüter, bin dazu erkoren,
Vor Menschen diesem Ort ein Schild zu sein,
Die seiner Gnade wehrten und ihn so verloren
Durch ihre Sünde, ihre Schuld allein.
Nun müssen alles dies sie meiden,
Sonst schlag ihnen des Schwertes Schein
Ich selbst in fürchterlichem Zorn
Flammend in Gesicht hinein."

Mordmysterien wird den meisten Neil-Gaiman-Fans sicherlich schon länger etwas sagen, zumindest denen die auch dessen Kurzgeschichten kennen. Murder Mysteries ist nämlich keine reine Comicvorlage, sondern eben die Adaption einer Kurzgeschichte mit dem gleichen Titel, welche jetzt ihren Weg ins Comic gefunden hat.

Die Rahmengeschichte in der die eigentliche Geschichte erzählt wird, handelt von einem jungen Mann, der für einige Zeit in Los Angeles gestrandet ist. Nachdem er nun länger als vorgesehen dort festhängt, besucht er eine alte Freundin und trifft danach er vor seinem Apartment einen alten Mann, mit dem er ins Gespräch kommt und ihm wird eine schier unglaubliche Geschichte erzählt.
Eine Geschichte von Engeln und Mord, dem ersten Mord (noch lange bevor Kain und Abel), einen Mord unter Engeln dessen Auswirkungen zunächst im kleinen liegen und doch größere Kreise ziehen. Den der alte Mann war selber einst ein Engel, nämlich Raguel, der damit beauftragt wurde diesen ersten Mord aufzuklären…

Wer sich nun den groben Storyumriß ansieht, wird sicherlich Gaimans unverkennbare Handschrift darin erkennen, den Einbruch des übernatürlichen oder auch mysteriösen in eine vollkommen normal erscheinende Welt. Jedoch auch nur auf den ersten Blick normal, wie man als Leser zum Schluß feststellen muss.
Wie schon bei seiner genialen Serie Sandman, schafft Gaiman es mit einer Leichtigkeit bekannte Geschichten und Stoffe in einem neuen Gewand zu präsentieren und ihnen immer wieder neue Aspekte abzugewinnen. In diesem Sinne ist Mordmysterien seinem Roman American Gods vielleicht sogar noch näher als was Sandman.

Illustriert wurde das ganze von dem Comickünstler und Eisner Award Winner Philip Craig Russell. Auch dieser ist kein Neuling mehr im Bereich der Graphic Novels, arbeitete er doch auch schon an der Sandman-Reihe mit und war unter anderem für einige Batman- und StarWars-Comics verantwortlich. Zurzeit ist er damit beschäftigt zwölf Adaptionen von bekannten Opern in Comicversionen auf den Markt zu bringen, bereits fertig gestellt ist Wagners Ring der Nibelungen.

Und auch bei dem vorliegenden Werk hat Philip Craig Russell eine ordentliche Arbeit abgeliefert. Die einzelnen Panels sind gut aufeinander abgestimmt und der des öfteren eingesetzte „Zoom“ bringt den Leser den einzelnen Figuren und Situationen näher, wobei diese sich oftmals noch in ihrer Farbgebung von einander unterscheiden, so das dem ganzen durch aus der Eindruck etwas tieferem anhaftete. Hier hat man die Farbe den einzelnen Situationen angepaßt um diese in ihrer Aussage noch einmal zu verstärken.

Auch die einzelnen Figuren haben durchaus Tiefe, aber leider bleiben einige aufgrund der Kürze der Geschichte doch nur sehr oberflächlich, was eigentlich auch schon mein einziger Wehrmutstropfen ist.
Das ganze ist doch recht kurz geraten. Sicherlich ist es auf der einen Seite gut, das man nicht versucht hat die Kurzgeschichte weiter künstlich aufzublasen, andererseits ist man aber eben auch recht schnell fertig mit dem ganzen und wünscht sich dann doch eben wieder mehr.

Auch etwas ungerechtfertigt finde ich den Preis von 16 Euro. Sicherlich ist es ein Hardcover, aber bei der doch geringen Seitenanzahl muss man sich fragen, ob das dann eigentlich nötig gewesen wäre.

Gaiman-Fans und Freunden der etwas anderen phantastischen Literatur kann ich das ganze aber sicherlich dennoch ans Herz legen, solch eine Geschichte hebt sich immer sehr wohltuend aus dem sonstigen Einerlei ab.


Neil Gaiman/P. Craig Russell{jcomments on}
Hardcover, Carlson Comics - Dark Horse Comics
ISBN: 3-551-74800-4