Farbe, Die

„Niemand ... niemand vergisst sie.“
- aus Die Farbe

Einleitende Worte
Es gab da mal einen Warhammer 40k-Fanfilm namens Damnatus. Der nahte lange, lange Zeit mit wehendem Banner und dem Rückenwind des Fandoms, nicht nur aus seinem Heimatland Deutschland, sondern sogar darüber hinausgehend, auf die Öffentlichkeit zu. Dann aber rannte er gegen die Anwälte von GW und das Thema hatte sich.
Es ist den Machern hoch anzurechnen, dass sie danach aber nicht aufgegeben haben, sondern ein neues Projekt angingen. Sie entschieden sich neuerlich für eine Adaption, aber eine besondere: Sie adaptierten Die Farbe aus dem All von H.P. Lovecraft, allerdings unter dem modisch verkürzten Titel Die Farbe.

Zur Handlung
Die Farbe erzählt eine Geschichte auf zwei Zeitebenen. 197x reist ein junger Amerikaner nach Deutschland, um dort seinen verschwundenen Vater zu suchen, der kurz zuvor in die Region gereist ist. Nach kurzen Nachforschungen stößt der junge Mann nicht nur auf Spuren seines Vaters, sondern offenbar auch auf ein anderes Geheimnis, ein dunkles Geheimnis in der Vergangenheit des Ortes.
Alles begann, als noch vor dem zweiten Weltkrieg dort in der Region ein Meteorit nieder ging. Die Wissenschaftler konnten sich keinen Reim aus dem seltsamen Gestein machen, doch mit dem Einschlag begannen, merkwürdige Phänomene in dem Ort Einzug zu halten – ein Unheil, das über die Jahre nur schlimmer wurde.

Zur Umsetzung
Eine ganze Reihe Dinge sind bemerkenswert an Die Farbe. Zunächst, aber das schrieb ich eingangs ja schon, dass der Film irgendwo an der Grenze zwischen No- und Low Budget gedreht worden ist. Ich will ihm das auch im Zuge dieser Rezension zugute halten, auch wenn man das über weite Teile gar nicht muss, denn Darsteller und Produktionswerte des Titels können sich sehen lassen.
Weiterhin wird der Film in schwarzweiß präsentiert. Diese Entscheidung mutet bei einem Film namens Die Farbe zwar zunächst irritierend an, erweist sich aber als überaus kluge Entscheidung, denn Lovecrafts Kurzgeschichte (auf der DVD übrigens trotz knapp 20 Seiten Umfang recht penetrant als „Kurzroman“ beschrieben) handelt von einer Farbe außerhalb des irdischen Spektrums. Wie immer bei Lovecraft liegt genau darin auch ihr Schrecken – in ihrer Unvorstellbarkeit. In schwarzweiß lässt sich damit natürlich viel freier arbeiten.

Der Purist hat sicherlich schon gemerkt, dass sich die Geschichte zudem eine Reihe Freiheiten gegenüber der Vorlage nimmt. Die Rahmenhandlung in den 70ern spielt weit nach Lovecrafts Tod und ist demnach offensichtlich erfunden, aber auch der Zeitpunkt der ursprünglichen Geschichte wurde gegenüber ihrem Erscheinungsjahr 1927 noch verschoben.
Allerdings ist dies nicht einfach Willkür der Macher, sondern vielmehr eine Berücksichtigung der dramaturgischen Regeln des Films. Besonders schön – Lovecrafts Geschichten sind ja oft, wie auch hier, Ich-Erzählungen. Durch den Aufbau des Films in einer Art, der aus der ursprünglichen Geschichte eine Rückblende macht, konnten die Macher viele Elemente dieses Stilmittels auch in den Film übertragen. Vor allem die sehr subjektive Sicht auf die Ereignisse.
Der Film überzeugt dabei weitestgehend durch seine sehr subtile Inszenierung, extrem gute Schauspieler und Kulissen und auch viele, wirklich gute und oftmals kaum zu bemerkende visuelle Effekte. Da wurde sehr gute und sehr professionelle Arbeit geleistet.

Allerdings habe ich einen groben Kritikpunkt an dem Film – das Design der Farbe selber, wenn man sie dann letztlich sieht, hat mir gar nicht gefallen. So offensichtlich aus dem Computer, zu künstlich, um homogen in die Szenen zu passen. Es beginnt mit subtilen, kleinen Momente, die auch einem The Ring gut zu Gesicht stünden, aber ungefähr nach zwei Dritteln des Filmes gibt es eine Szene, die von den Effekten her dann doch mehr an Babylon 5 erinnert.
Das ist umso ärgerlicher, weil es nicht nötig gewesen wäre. Es gab vorher schon ein zwei Shots, die man als Effekt-Aufnahmen erkennen konnte, aber da war es nicht so wichtig. Dass aber im Endeffekt der Enthüllungsmoment des Filmes letztlich nicht begeistern konnte, und zwar alleine aus technischen Gründen, ist sehr, sehr ärgerlich.

Es spricht für den Film, dass er die Atmosphäre nachher wieder in Gang bekommt. Aber wie eigentlich immer, egal ob mit viel oder wenig Budget gedreht wird, seine wirklichen Stärken erlebt der Film, wenn wenig bis gar nicht mit digitalen Effekten gearbeitet werden musste. Aber nichts desto trotz muss man sagen, dass unabhängig von Produktionsmitteln Die Farbe eine der mit Abstand besten Adaptionen Lovecrafts, und zugleich noch ein guter Film, geworden ist.

Zur Disc
Vor mir liegt die Blu-Ray-Veröffentlichung des Filmes. Anders als beim Film, der ja nur einen, dafür schweren Kritikpunkt aufzubieten hatte, hab ich hier direkt eine Reihe von Anmerkungen anzubringen.
Zunächst sei gesagt, dass das Design des Digipacks schön geworden ist, stimmig und elegant. Da es allerdings nur der wirkliche Halter der Scheibe nebst Pappe ist, ohne einen Schuber drum herum, ist es zugleich nicht die stabilste Veröffentlichung. Meine jedenfalls hat nach der Postzustellung schon einige deutliche Blessuren aufzuweisen.
Dann – und das ist wichtig – muss man einfach sagen, dass der Film teuer ist. Arg teuer. Die Blu-Ray kostet 19,99€, die DVD immer noch 14,99€. Das ist gerade bei der BD, gemessen an den sonstigen Marktpreisen, ziemlich happig. Aber lassen wir das einmal mit dem „Independent“-Zuschlag durchgehen.

Der Inhalt der Disc selber liegt in 720p vor und wird von keinem Regionalcode eingeschränkt. Der Film hat nur eine Tonspur, die es einmal in 5.1 und einmal in Stereo gibt. Die Angabe auf dem Backcover mit „Deutsch/Englisch“ ist dabei irreführend, denn Passagen des Filmes sind jeweils das eine oder andere; wer nicht beides spricht, wird zwangsläufig einige Passagen mit Untertiteln sehen müssen.
Die gibt es in beiden Sprachen (je nebst einer Option, durchgehend alles zu untertiteln) sowie in Französisch, Spanisch, Chinesisch, Russisch und Dänisch.
Der Hauptfilm hat eine Spiellänge von 85 Minuten – was kurz ist, aber gut mit dem stimmigen Tempo der Erzählung harmoniert – und wird von einem Stapel Bonusmaterial begleitet, dessen Länge mit 43 Minuten angegeben wird.

Das besteht aus dem Teaser (1 Minute), dem Trailer (2 Minuten), einer „deleted scene“ (etwas obskur „Verlorene Szene“ genannt, drei Minuten lang und, vor allem, an einer Stelle im Film referenziert; d’oh!) sowie drei „Featurettes“. Das „Making Of“ ist dabei mir 23 Minuten das Längste, aber auch etwas enttäuschend, da es fast nur aus Fotos besteht. Es wird von einem hoch-interessanten Kommentar begleitet, aber es ist sehr schade, da nahezu keine Bewegung auf dem Schirm zu haben. Wäre vielleicht besser mal ein Audio-Kommentar geworden.
Die anderen beiden aber, „Effekte und Konzepte“ sowie „Science Horror“, sind jeweils nur sieben Minuten kurz, aber sehr spannend, informativ und vor allem auch visuell interessanter.

Zuletzt sei zu der Scheibe angemerkt, dass es im Grunde weniger eine Blu-Ray, sondern mehr eine DVD in 720p ist. Viele coole Features der modernen Scheiben, beispielsweise die Option, das Menü der Disc über den laufenden Film zu legen, kennt Die Farbe nicht. Mehr noch, während der Hauptfilm lief, hat mich mein Player sogar gar nicht mehr in das Hauptmenü der Disc gelassen.
Das ist alles in allem nicht perfekt.

Fazit
Die Farbe ist, bei aller Nörgelei im Text, eine hervorragende Lovecraft-Adaption und ich hatte beim Betrachten des Filmes wirklich viel Spaß und auch ein angenehmes Gefühl von Unruhe und Grusel – und dafür ist das Genre ja schließlich da.
Die Leistung der Macher kann nicht genug gelobt werden und jeder, der selber etwas Ahnung von der Materie des Filmemachens hat, wird wertschätzen können, was hier geleistet worden ist. Doch auch jeder andere kann spannende 85 Minuten Film genießen.
Die Blu-Ray selber ist technisch wie von der Verpackung her hingegen eine Enttäuschung. Ich rate durchaus dazu, dem Film eine Chance zu geben – aber wer nicht zwingend das (zugegebenermaßen knackige) HD-Ready-Bild der Scheibe haben muss, kommt vermutlich mit der fünf Euro billigeren DVD besser weg.


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