Akte X - Staffel 4
Scully: I left behind a career in medicine to become an FBI agent four years ago because I believed in this country. Because I wanted to uphold its laws, to punish the guilty and to protect the innocent. I still believe in this country. But I believe that there are powerful men in the government who do not - men who have no respect for the law and who flout it with impunity. I have come to the conclusion that it is no longer possible to carry out my duties as an FBI agent.
Senator Sorenson: Are you tendering your resignation, Ms. Scully? Is that what you're trying to say?
Scully: No, sir. What I am saying is that there is a culture of lawlessness that has prevented me from doing my job. That the real target of this committee's investigation should be the men who are beyond prosecution and punishment. The men whose policies are behind the crimes that you are investigating.
- aus X-Files, Season 4, Episode 9: Tunguska
Die erste Staffel war gut, die zweite ungebrochen erfolgreich und die dritte rundum nahezu perfekt – klar dass die Ansprüche an das nunmehr vierte Jahr der X-Akten entsprechend angestiegen waren. Langsam musste einmal Antworten gegeben werden, was bisher selten der Fall gewesen war, und der Zuschauer war ebenfalls weiterhin 'da draußen' und wollte innovativ und spannend unterhalten werden.
Der Franchise 'Akte X' hatte derweil auch in Deutschland seinen Höhepunkt erreicht. Das offizielle Magazin war erschienen und heizte bereits im Vorfeld die vierte Staffel an, eine Comic-Serie erschien und mit den Romanen von Charles Grant und Kevin J. Anderson waren auch erstmalig Romane mit komplett neuen Geschichten erschienen, wenn auch in dem erstgenannten Fall gnadenlos schlecht übersetzt und extrem teuer. Ja, selbst ein erstes Computer-Produkt erschien, war aber weniger ein Spiel – wie versprochen – sondern eher eine Multimedia-Faktensammlung.
Kurzum: die Zuschauer wurden nicht enttäuscht. Der Hintergrundplot entwickelte sich so rasant wie dramatisch und schaffte es daher tatsächlich erneut, den Mangel an konkreten Antworten zu überschatten. Vor allem Scully sollte in der vierten Staffel manche Hürde nehmen müssen auch auf Mulder kamen bisher unbekannte Strapazen zu.
Doch schauen wir einfach mal Genauer...
Disc für Disc
Sieben DVDs, wobei sechs davon die 24 Episoden der Staffel und die siebte das Bonusmaterial bereithält – das kennen wir schon, aber man beschwert sich nicht, was bisher funktioniert hat, muss man ja auch nicht notgedrungen ändern.
Eröffnet wird die Staffel von "Herrenvolk" (englischer Titel identisch), dem Abschluss des Cliffhangers "Der Tag steht schon Fest". Mulder flieht weiter mit dem mysteriösen Jeremiah Smith vor dem außerirdischen Kopfgeldjäger und stößt dabei auf eine ganz neue Dimension der Verschwörung, das Syndikat dagegen scheint langsam Mr. X auf die Spur zu kommen und Mulders Mutter liegt weiterhin im Krankenhaus; alles kulminiert in einem großen Finale, klingt danach aber noch seicht aus. Die Episode ist gut, erreicht zwar nicht die Klasse von "Der Feind" oder "Der Zug", macht aber dennoch Laune, führt die Bienen ein, die der Serie noch lange erhalten bleiben sollten und mit Marita Covarrubias tritt ein Charakter ins Licht, der zumindest sporadisch bis zum bitteren Ende dabei sein sollte.
"Blutschande" (OT: Home) ist dagegen eine kurzweilige und alleine stehende Monster-of-the-Week-Episode um eine durch Inzucht degenerierte Mörderfamilie, die sich allerhöchsten durch ihre für damalige Verhältnisse extreme Brutalität auszeichnet, wegen der sie sogar bei der ersten Ausstrahlung in Deutschland nur im Nachtprogramm zu sehen war.
Dennoch ist sie nicht schlecht, anders als der "Teliko" (OT identisch), der ersten richtigen Gurke der Staffel. Aber die Handlung um den über alle maßen gelenkigen Albino aus Afrika, der von den Hirnanhangdrüsen seiner Opfer zehrt, ist leider genauso unsinnig wie sie hier in der Zusammenfassung klingt, und langweilig noch dazu. Die Folge erinnert einfach zu sehr an "Das Nest" und "Ein neues Nest" aus der ersten Staffel, ohne irgendwo deren Qualitäten auch nur annähernd zu erreichen.
"Unruhe" (OT wieder identisch) ist dagegen eine spaßige Episode um einen mysteriösen Entführer, der an den jungen Frauen, die seine Opfer werden, Lobotomien durchführt. Die Folge ist spannend und gut geschrieben, gewinnt zudem im Englischen noch unglaublich dadurch, das Scully versucht, Deutsch zu sprechen...
Die zweite Disc startet mit "Rückkehr der Seelen" (OT: The Field Where I Died), einer zweischienigen Folge, die sich einerseits um eine Selbstmordsekte, andererseits aber auch um eine ganz besondere Frau mit scheinbar gespaltener Persönlichkeit und besonderer Beziehung zu Agent Mulder dreht. Gerade die perfekte Darstellung der Frau durch die Millennium- und Space 2063-erfahrene Kristen Cloke machen die Folge zu einem absoluten Muss.
Von "Hexensabbat" (OT: Sanguinarium) kann man das zwar nicht sagen, gut ist die Folge um okkulte Vorgänge in einem Krankenhaus aber dennoch, zumal ihr Ausgang recht unerwartet ist und über die eine oder andere Schwäche auch hinwegtrösten kann.
Dann dreht die Staffel aber langsam richtig auf: "Gedanken des geheimnisvollen Rauchers" (OT: Musings of a Cigarette Smoking Man) ist mehr oder weniger das filmisch festgehaltene, bisherige Leben des Krebskandidaten, allerdings alleine auf einer Recherche der Lone Gunmen basierend. Ein herrliches Vergnügen, dass vom Kennedy-Attentat bis zu einer genialen Forrest Gump-Referenz so ziemlich alles bietet, was man erwartet.
"Tunguska – Teil 1" (OT: Tunguska) ist dagegen wieder klarer Metaplot und bringt nicht nur den vermutlich nach der dritten Staffel tot geglaubten Krycek unerwartet wieder ins Spiel, sondern führt Mulder auch nach Russland, wo er einen weit tieferen Einblick in die Natur des 'schwarzen Öls' bekommt.
Dementsprechend setzt sich die Handlung am Anfang der dritten Disc mit "Tunguska – Teil 2" (OT: Terma) auch dort fort, wo die letzte Episode aufgehört hat. Beide Episoden zeichnen sich durch eine sehr gute Ausstattung, hervorragende Nebencharaktere und eine sehr, sehr dichte Atmosphäre aus und gehören für mich mit zu dem Besten, was die Serie je an Mehrteilern gesehen hat.
Wie sich das für eine Achterbahnfahrt gehört, muss es nach diesem Highlight aber erst mal etwas abwärts gehen, hier erst einmal mit "Die Sammlung" (OT: Paper Hearts), einer Episode um einen ganz interessanten Entführer, die leider dadurch leidet, das Mulder mal wieder eine absolut irrsinnige Verbindung zu der Entführung seiner Schwester aufschnappt und dieser völlig irrational nachgeht.
"Der Chupacabra" (OT: El Mundo Gira) bildet dann mal wieder das vorläufige Tief, denn John Shibans Folge setzt da an, wo er besser bei "Der Fluch" in der dritten Staffel schon aufgehört hätte. Die Handlung um den mexikanischen Ziegensauger ist okay, das mexikanische Kolorit sogar sehr schön, aber die Anbindung an eine eventuelle Alien-Mythologie ist einfach unsinnig und reißt die Episode deutlich runter.
"Leonard Betts" (OT identisch) ist dagegen schon wieder richtig gut, vor allem, da der Tumor-fressende Antagonist der Episode den Plot um Scullys Misere erst richtig einleitet. Doch, durchaus sehenswert.
Eigentlich bildet "Leonard Betts" eine Sinneinheit mit der Episode "Memento Mori", doch vorher steht noch "Mutterkorn" (OT: Never Again) an, eine Episode, deren Qualität sehr von der gewählten Sprache abhängt.
Im Grund geht es um Scully, die sich auf einer Art Selbstfindungstripp in einen seltsamen Fremden verliebt, der glaubt, sein Tattoo spräche zu ihm. Die Besonderheit liegt hier darin, dass das Tattoo im O-Ton sehr faszinierend von Jodie Foster gesprochen wird, im Deutschen aber nur normal und mit unpassender Stimme besetzt in die Folge brabbelt ... weshalb ich der Episode mal ein 'noch ganz gut' auf Englisch und ein 'überspringen!' auf Deutsch gebe.
Dann aber folgt "Memento Mori" (ja, OT mal wieder identisch), einer sehr rührenden und zugleich spannenden Episode, die Scullys Entführung aus der zweiten Staffel, ihre Erfahrungen aus "Die Autopsie" und "Der Zug" sowie einige Worte von "Leonard Betts" nimmt, kräftig durchrührt und damit die beiden Agenten vor eine große Hürde stellt. Nach einer Dreiviertelstunde sitzt man dann beeindruckt vor dem Fernseher und fragt sich, wie so viel guter Plot so gut in der Zeit untergebracht werden konnte, ohne gehetzt zu wirken. Beide Daumen hoch!
Worum es dann in "Der Golem" (OT: Kaddish) geht, muss man wohl kaum erläutern ... darum lasse ich es auch mal. Eine gute Episode, die aber nicht wirklich aus der Masse hervorstechen kann...
"Unsichtbar" (OT: Unrequited) dagegen ist eine sehr, sehr schöne Monster-of-the-Week-Folge, die mal wieder einige beliebte Sekundär-Themen der Serie, vor allem Skinner und den Vietnamkrieg, wiederbelebt und einfach makellose, spannende 45 Minuten Mystery bietet.
Der fünfte Silberling startet mit einem weiterem Zweiteiler zum Thema UFOs, der aber ausnahmsweise nicht mit der eigentlichen Rahmenhandlung verbunden ist: "Tempus Fugit, Teil 1" OT: Tempus Fugit) und "Teil 2" (OT: Max). Die erstklassige Inszenierung, die spannende Handlung, die (kurze) Wiederkehr des beliebten Charakters Max Fenig aus der ersten Staffel und nicht zuletzt die vollständige Abgeschlossenheit der Handlung heben auch diesen Mehrteiler wieder weit über Durchschnitt.
"Rückkehr aus der Zukunft" (OT: Synchrony) dagegen ist eine vollkommen missratene Episode um einen Zeitreisenden, bei der man sich nur ständig fragt was schlimmer ist – das schlampige Drehbuch oder die Löcher in der Logik, durch die man Locker einen Flugzeugträger fahren könnte...
"Ein unbedeutender Niemand" (OT: Small Potatoes) ist dann wieder eine seichte und durchweg unterhaltsame Episode zu einem Monster der Woche, dass schon durch seinen Aufhänger (eine Frau behauptet, von Luke Skywalker Schwanger zu sein) gefällt und auch auf diesem Level bleibt.
So, und dann sind auch nur noch vier weitere Episoden offen.
"Der Pakt mit dem Teufel" (OT: Zero Sum) kehrt zu der Bienen-Thematik zurück und ist sehr auf Skinner zentriert, ist aber vor allem im Hinblick auf seine Charakterentwicklung sehr essentiell; mal ganz davon zu schweigen, dass diese Episode für die Rahmenhandlung einmal mehr sehr essentiell ist und manche Frage aus "Herrenvolk" wirklich mal aufklären kann.
"Todes-Omen" (OT: Elegy) ist eine recht durchschnittliche Episode, deren Titel einmal mehr alles sagt, "Dämonen" (OT: Demons) dagegen eine weitere geradezu furchtbare "Mulder-sucht-seine-Schwester"-Episode, die vor allem unter der totalen Abstinenz einer Spannungskurve leidet.
Damit man aber nicht zu frustriert in die Pause zur nächsten Staffel geht, gibt es da noch den entsprechenden Cliffhanger "Gethsemane" (OT, ein letztes Mal für diese Season, identisch). Die Folge wird als Rückblende Scullys erzählt die, man höre und staune, unter anderem zum Tod Agent Mulders angehört wird. Ein satter Cliffhanger, den ich auch definitiv nicht weiter spoilern werde.
Bleibt die Bonus-Disc. Da gibt es mal wieder "Die Wahrheit über die vierte Staffel", Specials zu den Spezialeffekten aus sechs Episoden, deleted scenes zu sieben Episoden, Interviews zu fünf Episoden (aber nicht mehr alle mit Chris Carter), 13 Hintergrund-Spots von F/X und die ganzen TV-Werbe-Spots. Gewohnte X-Akten-Kost...
Verarbeitung und Technik
Die Pappbox der Staffel ist diesmal aggressiv rot, was aber nichts an ihrer massives Verarbeitung und der optisch sehr schönen Gestaltung ändert. Das Bild ist weiterhin 4:3 und von endlich mal durchweg hoher Qualität, was vor allem den optisch opulenteren Folgen wie "Tunguska" oder "Tempus Fugit" sehr gut tut, der Ton ist zwar weiterhin "nur" Dolby Digital 2.0 Surround, aber da die Serie explizit daraufhin produziert wurde und das Ergebnis einfach gut klingt, gibt es hier keinen Grund zur Klage
Fazit
Kein Überflieger wie die dritte Staffel, aber durchweg gut gemacht Mystery-Kost, deren höhere Zahl an schwachen Episoden durch die klasse umgesetzten Mehrteiler ausgeglichen wird, die alleine den Kauf der Box fast rechtfertigen.
Galerie:{jcomments on}