Vidocq

„Wenn einer vom Blitz getroffen wird ist es ein Unfall, aber wenn zwei getroffen werden, ist es ein Komplott.“
- aus Vidocq

Zur Handlung:
Paris 1830: Die Revolution steht bevor, das Volk vor dem Aufstand. Zwei Blitze fahren vom Himmel herab und töten zwei politisch wichtige Personen. Die Polizei schaltet den einst unehrenhaft entlassenen Vidocq ein, er solle den Fall lösen – und er bekommt auch etwas heraus.
Doch was es ist, scheint er mit ins Grab zu nehmen, denn bei seiner (den Film eröffnenden) Konfrontation mit dem Täter lässt er sein Leben.
Sein junger Biograph nun macht sich auf, das Rätsel zu lüften, damit er, in seinem Buch, im letzten Kapitel so Vidocq rächen kann.

Zur Umsetzung:
Normalerweise bin ich ja ein großer Fan französischer Filme, vor allem die „fabelhafte Welt der Amélie“ war ein großes Meisterwerk, doch seit „Pakt der Wölfe“ war ich skeptisch, was Mystery-Thriller betraf. Dort war man eindeutig zu sehr zu vielen amerikanischen Vorbildern gefolgt und hatte einen insgesamt leider einfach unstimmigen Film gedreht.

Somit dauerte es mal wieder eine Weile, bis „Vidocq“ seinen Weg in meinen DVD-Player fand – und sofort meine ganze Aufmerksamkeit genoss. Denn Regisseur Pitof, der hier sein Debüt hinlegt (und während ich diese Rezension schreibe, gerade „Catwoman“ mit Halle Berry abkurbelt), griff zu einem überaus interessanten Stilmittel: dank eines neuen, digitalen Kameraverfahrens gibt es im gesamten Film keine Tiefenunschärfe.
Dadurch gewinnt der Film von der ersten Minute an einen sehr surrealen Eindruck, fesselt zudem sofort durch sein (auf DVD) absolut bestechendes Bild, das man getrost als Referenz bezeichnen kann.
Dies, in Kombination mit den sehr markanten und auch markant spielenden Darstellern aus Frankreich, erzeugt einen Gesamteindruck, den ich nur als „bizarren Traum“ beschreiben kann, der die Wirkung des Films aber ungemein beeinflusst.
Der Film wirkt streckenweise wie eine schlechte Computerberechnung, doch irgendwie zugleich wie aus einem Guss, da auch die Darsteller gleichermaßen erscheinen.
Die Optik des Films ist bestechend, ist auch sicherlich seine auffälligste Eigenschaft, doch lebt ein Film natürlich nicht nur davon.

Die Handlung hat Pitof gemeinsam mit dem Bestseller-Autor Jean-Christophe Grangé („Die purpurnen Flüsse“) ersonnen. Am Vorabend der Junirevolution angelegt liegt auch von daher eine ganz eigenartige Stimmung über dem Film. Die Revolution selbst ist kaum Thema, doch gerade das dekadente Paris seiner Zeit ist so verkommen, so pervers und so verdorben, wie es selbst schlimmste Kritiker nicht geäußert hätten. Kein Charakter wirkt sauber, jeder trägt auf die eine oder andere Weise noch ein dunkles Geheimnis mit sich herum und nicht zuletzt Vidocq selbst ist noch für manche Überraschung gut.
Die Geschichte ist mystisch, eine rationale Lösung wird nicht geboten, braucht das aber auch nicht. „Vidocq“ ist, wie bereits gesagt, eine Art Alptraum und dies wird nur durch die anachronistische Erzählweise unterstrichen, ebenso wie durch die mysteriöse Gestalt des Täters, das „Phantom“, welches stets in einem schwarzen Cape umher eilt, sein Gesicht hinter einer verspiegelten Maske verborgen.

Die anderen Darsteller zeigen sich jedoch offen und überzeugen allesamt. Vidocq wird von Gérard Depardieu gespielt, und wenn der mittlerweile auch schon 55 Jahre alte Mime in den (wenigen) Kämpfen teilweise eine etwas klobige Figur abgibt, so überzeugt er schauspielerisch genauso wie alle seine Kollegen, die allerdings in Deutschland wohl den wenigsten wirklich bekannt sein dürften. Inés Sastre ist in „Druids“ zu sehen gewesen, sicher keine Referenz. Guillaume Canet, der den jungen Biographen spielt, kennt man außerhalb Frankreichs wohl nur aus „The Beach“ und gleichermaßen könnte man auch die anderen abdecken, was jedoch als einziges relevant ist: alle spielen hervorragend!

Der Soundtrack zuletzt spielt dem Film auch noch gekonnt in die Hände und ist sehr atmosphärisch. Komponiert wurde er von Bruno Coulais, den Grangé-Fans bereits aus der Verfilmung der „purpurnen Flüsse“ und Depardieu-Fans aus den „Grafen von Monte Christo“ und „Balzac“ kennen.

Die DVD kommt als 2er-DVD-Set daher. Der Ton bietet eine recht gute deutsche Synchronisation in DTS, Dolby Digital 5.1 und (irgendwie sinnlos) Dolby Surround sowie das französische Original, welches jedoch ohne DTS-Spur auskommen muss und nur in DD5.1 und Dolby 2.0 vorliegt. Das Bild ist, wie schon gesagt, einfach perfekt.
Die Bonus-Disc bietet dazu dann noch allerlei Extras ohne große Innovation, aber besser als nichts, zumal das Set schon sehr günstig den Besitzer wechselt.

Ein Fazit ist leicht zu ziehen, jedes weitere Wort der Rezension hingegen schwer, ohne zu viel zu verraten. „Vidocq“ ist ein optisch brillanter Film mit guter Handlung, herausragenden Darstellern und packender Atmosphäre.
Wer Frankreich nicht mag, wer französische Filme nicht mag oder wem der surreale Stil nicht zusagt, der ist selbstredend falsch beraten, den Film zusehen.
Wer jedoch Mystery-Thriller mag und bereit ist, sich einmal auf einen sehr außergewöhnlichen optischen Trip einladen zu lassen, der sollte dem Film eine Chance geben, da er sich doch so wohltuend vom Hollywood-Einerlei abhebt.


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