Watcher, The

Joel Campbell: His last alias was David Allen Griffin. I worked the case for three and a half years in Los Angeles. We attributed at least 11 homicides to him.
Lt. Hollis: What's he doing in Chicago.
Joel Campbell: I assume he's still strangling young women with piano wire.
- aus The Watcher

Zur Handlung:
Joel Campbell war FBI-Agent in LA, doch nervlich wie körperlich verbraucht, zieht er nach Chicago und versucht dort Unterschlupf zu finden. Doch vergebens: der Serienmörder David Allen Griffin, der Grund für Campbells Zusammenbruch, folgt ihm und beginnt ein tödliches Spiel mit ihm und den örtlichen Behörden: er sendet Joel Fotos junger Frauen und gibt ihm jeweils 24 Stunden, sie zu finden. Wenn er es nicht schafft ... sterben sie.

Zur Umsetzung:
„The Watcher“ ist einer dieser Vertreter der B-Film-Palette mit prominenter Besetzung, deren Namen man vermutlich nur aus der örtlichen Videothek oder dem örtlichen Kaufhaus kennt, die unbemerkt irgendwann mal gelaufen sind und dann schnell wieder verschwunden sind.

Das der Film, wie leider viele andere auch, versucht, im Fahrwasser von David Finchers genialem „Sieben“ zu fahren, ist allzu klar, es steht ja sogar auf der Hülle, aber dennoch war ich einfach mal neugierig, was dieser Film hinter seinem übermäßig dramatischen Cover so verbergen würde. Das in der folgenden Rezension zu oben genanntem „Sieben“ bzw. „Se7en“ bezog genommen wird, hat übrigens weniger etwas damit zu tun, dass dieser für mich eine unumstößliche Säule des Thriller-Films darstellt (was er schon irgendwo tut), sondern vielmehr, dass „The Watcher“ der Vergleich ja selbst provoziert und sich nun eben auch mit dem Klassiker messen lassen muss.
Zunächst einmal findet man dort eine bestenfalls noch durchschnittliche Story. Erdacht wurde der Film Darcy Meyers, deren bisher noch ähnlichste Tätigkeit wohl das Drehbuchschreiben für die TV-Serie „JAG“ war, sowie David Elliot, der eben diesem Film nur noch den TV-Film „Nothing Sacred“ aufweisen kann. Damit der Brei auch richtig gut wurde, holte man dann noch Clay Ayers an Bord, der, oh Wunder, auch bisher nichts nennenswerteres als ein Co-Writing am TV-Film „Sword of Honor“ vorweisen kann.
Höhepunkt der No-Names hinter der Kamera ist aber sicherlich der Regisseur Joe Charbanic, der zwar weder vor noch nach diesem Film mal im Chefsessel sitzen dürfte, allerdings im Drama „The Last Time I Committed Suicide“ einen Credit als „Cop #2“ erhalten hat. Wow.
Mit einer dergestalt hochkarätigen Truppe erschuf man also einen Film, der wie eine „liebe“ Abwandlung von „Sieben“ erscheint und zwar nicht wirklich schlecht ist, aber irgendwie auch nicht über das Niveau eines durchschnittlichen Krimi aus hiesiger Produktion herausragen kann.

Aber auch blinde Hühner finden Körner, eine Stärke hat das Script schon, denn die Charakterisierung von Campbell ist sehr gut gelungen und in Kombination mit der akzeptablen Handlung schafft der Film es auch in den gehobenen Durchschnitt.
Unterstützt, nein, ermöglicht wird das aber vor allem durch einige gute Schauspieler, allen voran James Spader als Joel Campbell.
Der aus „Wallstreet“, „Sex, Lies & Videotape“ sowie „Stargate“ bekannte Darsteller überzeugt auf ganzer Linie und seine Verkörperung des kranken und psychisch zerstörten Mannes ist einfach klasse.
Wichtigste Frau des Films ist die von Marisa Tomei („What Woman Want“, „In the Bedroom“) gespielte Psychologin Campbells, Dr. Polly Beilman, und auch sie wirkt ziemlich gut, weit besser gefielen mir da aber noch die Opfer des Serientäters, eigentlich durchweg mit unbekannten Jungschauspielerinnen besetzt, die ausnahmsweise mal nicht vollends in Klischees ertrinken, recht realistisch wirken und ab und zu sogar richtig intelligent handeln dürfen. Auch das gefällt.

Der einzige Darsteller, der leider daneben gegriffen ist, ist zugleich des Filmes Zugpferd, Keanu Reeves. Zugegeben, er hat einige gute Rollen gespielt und einige sehr erfolgreiche Filme abgeliefert. Dennoch, anders als in „Matrix“ muss er hier doch noch so etwas wie Mimik an den Tag legen ... und das zündet nicht wirklich.
Das Problem ist einfach, dass man Reeves den Serienmörder nicht abkauft. Er sieht nett aus, hat was vom netten Schwiegersohn und agiert auch nicht wirklich gestört oder in einer Form, dass man ihn ernst nehmen könnte.
Wenn Brad Pitt und Morgan Freeman in „Sieben“ den von Kevin Spacey verkörperten John Doe in Gewahrsam nehmen, dann sitzt man gebannt da und fragt sich, welchen Geniestreich er wohl geplant hat, um alles zu einem Ende zu bringen.
Wenn man aber dagegen Keanu Reeves durch die Gegend hüpfen sieht, angestrengt finster starrend und sich diabolisch in eine Ecke hockend, naja, dann war das schon eher peinlich.
Das gilt auch für die musikalische Untermalung der Szenen, die stellenweise richtig gut gefällt, nämlich dann, wenn Komponist Marco Beltrami („Scream“, „The Crow 3“ u.a.) machen darf, was er kann, nämlich atmosphärische Musik für den Hintergrund schreiben, teilweise aber auch nur zum Kopfschütteln anregt.

Unser Meisterregisseur zuletzt liefert grundsolide Arbeit ab. Der Film hat ein paar recht schöne Bilder, eine große Menge einfach aus dem Lehrbuch stammender Einstellungen und einer Schlussszene, die einem die Tränen (vor Schmerz, nicht vor Rührung) in die Augen treibt, so abgegriffen, aufgewärmt und überzogen wirkt dort alles.
Zumindest aber schafft er es, dass der Film über weite Strecken einen „realistischen“ Look hat; man mag zwar mutmaßen, dass der wirklich düsterere Look eines „Sieben“ dem Film mehr gedient hätte, aber dennoch schafft das dem Film doch zumindest etwas Flair.

Die hier rezensierte DVD ist die Verleihversion, kommt daher auch, wie alle BMG-Leih-DVDs, ohne englischen Ton aus, allerdings ist die deutsche Fassung nirgends störend, die Stimmen sind ganz gut gewählt und alles wurde noch in 5.1 abgemischt. Das Original scheint etwas stimmiger zu sein, aber alles in allem ist auch die deutsche Fassung okay.
Das Bild der DVD liegt in 1,85:1 vor und ist von guter Qualität, auch da kann man sich nicht beschweren.

Was nun also übrig bleibt, ist ein durchschnittlicher Thriller mit definitiv nach oben wie nach unten ausreißenden Schauspielern, teils guter, teils schlechter Musik und ganz guter Regiearbeit ohne besondere Kennzeichen auf einer solide produzierten DVD. Ja, wenn der Begriff Durchschnitt für einen Film erfunden wurde, dann wohl „The Watcher“.
Kaufen würde ich das Dingen wenn wirklich nur im Sonderangebot, ich empfehle da eher, mal zu warten, bis er im Fernsehen (oder bei Freunden) läuft.
Es tut einem nachher vermutlich um seine 93 Minuten nicht leid, aber wirklich begeistert (oder erschüttert) ist man nachher auch nicht.


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