Hole, The

Frankie: But why? I mean why would he do this to us? We're his friends!
Mike: Are we? Is he really your friend, Frankie? I know he's not mine. Think about it- I don't know a thing about Martyn.
- aus The Hole

Zur Handlung:
Um einer verhassten Exkursion ihrer Uni zu entgehen, fassen vier Jugendliche einen gewagten Plan. Sie lassen sich von einem Bekannten in einem vergessenen Bunker im Wald unterbringen, um dort – versteckt vor den Augen aller – das Wochenende zu verbringen.
Doch am Ende des Wochenendes kommt niemand, um den Bunker wieder zu öffnen ... und auch die Beziehungen innerhalb der Gruppe sind nicht sehr stabil – eine psychologische Zerreißprobe beginnt...

Zur Umsetzung:
Ich bin lange Zeit an "The Hole" immer mal wieder vorbei gegangen – das düstere Cover machte ja schon Lust auf mehr. Dann wiederum kannte ich den Trailer, der eher den Eindruck eines mittelprächtigen Slashers erweckte – dennoch siegte jüngst die Neugierde und die DVD landete in meinem Schrank, in meinem Player und letztlich auch auf meinem Rezi-Stapel.
Und einen Slasher hat Regisseur Nick Hamm hier sicherlich nicht abgeliefert. Der Film des bisher eigentlich nie großartig aufgefallenen Regisseurs entpuppt sich schnell als atmosphärisch aufgezogene Mischung aus Psychothriller und Rätselraten um das, was nun wirklich vorgefallen ist.
Auch auf der Autorenseite kann man nicht viel erzählen, da Drehbuchautor Ben Court mit dem vorliegenden Film sein erstes und bisher auch letztes Drehbuch abgeliefert hat, ebenso wie die Romanvorlage "After the Hole" von Guy Burt wohl dessen einzige bisher wirklich ruhmreiche Veröffentlichung war.

Betrachtet man also den Film für sich genommen, so kann man zunächst einmal eine sehr gelungene Inszenierung attestieren. Er reisst vor Innovation nirgendwo Bäume aus und wirklich aufwendige Szenen oder Effekte fehlen, dafür ist die Umsetzung selbst sehr gekonnt.
Die Szenen außerhalb des Bunkers wirken sehr überzeugend, ob neblig oder sonnig, England vermittelt eben doch einen ganz eigenen Charme.
Im Bunker selbst wird dagegen eine sehr klaustrophobische Stimmung erwirkt, mit vielen dunklen Ecken. Insgesamt hat der Film eine sehr kühle und distanzierte Optik, allerdings nicht so markant wie es etwa bei "Schatten der Wahrheit" oder "The Ring" der Fall war.
Die Handlung wird in Teilen mehrfach erzählt und abhängig davon, wer seine Version der Dinge Preis gibt, dann entsprechend variiert, was die Spannung für den Zuschauer (zunächst!) weiter erhöht.

Auch auf schauspielerischer Seite gefällt der Film sehr gut, unter anderem, weil die Darsteller allesamt ein großes Repertoire haben. Je nach Erzähler variieren ihre Charaktere und je nach Situation ist das Gefühlsspektrum sehr groß, doch selbst die gewöhnlich sehr schwer zu spielenden Szenen in der Isolation des Bunkers, in einem Zustand nahe reiner Panik, gelingen den jungen Darstellern ohne Probleme.
Hauptcharakter der Geschichte ist Elizabeth Dunn, welche von der aus "American Beauty" bekannten Thora Birch exzellent gespielt wird. Ihr männlicher Gegenpart ist Desmond Harrington, ein Schauspieler den Genre-Freunde schon aus "Ghost Ship", "Taken" und "Wrong Turn" kennen können. Auch er spielt sehr gekonnt und schafft den engen Grad zwischen 'arrogant' und 'unsympathisch' gut zu meistern.
Die anderen beiden Bunkerinsassen sind Laurence Fox ("Gosford Park") und Keira Knightley ("Bend It Like Beckham", das Remake von "Doctor Zhivago", "Pirates of the Caribbean" und demnächst "King Arthur"), spielen beide ebenfalls gut, kommen allerdings nicht so ganz an die beiden Erstgenannten heran.
Erwähnenswert ist dann wohl noch Daniel Brocklebank ("Shakespeare in Love", "The Hours") als Philosophie-Student Martyn und Urheber des ganzen Plans mit dem Bunker, der besonders vielschichtig in den einzelnen Erzählfassungen daherkommt, sowie die aus "Army of Darkness", "Schindlers Liste" und "Thir13en Ghosts" bekannte Embeth Davidtz.

Ebenfalls noch zu loben ist der Score, der aus der hier schon öfter gelobten Schmiede von Clint Mansell stammt, welcher schon "Pi", "Requiem for a Dream" oder auch "Murder by Numbers" zu ungeahnter Atmosphäre verholfen hat.

Dennoch ist der Film, unterm Stricht betrachtet, nur Durchschnitt, und bei all dem Lob, welches hier nun gerade geäußert wurde, ist das auch erst mal schwer zu verstehen. Die Todsünde, die der Film begeht, ist seine Auflösung zu früh zu verraten. Zwar kann man schon vorher derartige Vermutung anstellen, aber spätestens eine halbe Stunde vor Schluss wird einem endgültig klar, wer nun wirklich für das Desaster der Jugendlichen verantwortlich ist.
Und das ist zu früh.
Ab diesem Punkt hält einen zwar die Frage, wie es wohl letztlich zu dem am Anfang des Films angedeuteten Ende kam, weiterhin am Schirm, doch die ursprüngliche Spannung ist weg.
Der Film wird deshalb nicht automatisch schlecht, er verliert weder an Atmosphäre noch an handwerklicher Qualität, aber irgendwie ist es halt nicht mehr das gleiche. Das ist schade, denn so verschenkt hier ein Film wieder einmal massiv Potential, welches er bei einer anderen Inszenierung locker hätte nutzen können.

Technisch wiederum kann man nicht meckern. Die DVD bietet ein klares Bild (2,35:1) und eine deutsche wie eine englische Tonspur in Dolby Digital 5.1. Untertitel gibt auf Deutsch für Hörgeschädigte sowie auf Englisch, wenn sich dort auch der eine oder andere Fehler eingeschlichen hat.
Das Bonusmaterial ist mit 31 Minuten (gegenüber 98 Minuten Hauptfilm) ausreichend zu nennen. Zwar wäre da weit mehr drin gewesen, aber bei einem Film, der in der Regel unter zehn Euro zu haben ist, ist es genug.
Es gibt einige Hintergrundinfos, einen Audiokommentar, ein durchschnittliches Making Of sowie eine Reihe geschnittener Szenen. Dort ist nicht nur die Existenz eines erweiterten Endes und zwei alternativer Anfänge zu erwähnen, sondern auch, dass hier scheinbar wirklich mal ein sinnvoller, nicht nur Kinokassen-orientierter Endschnitt vorgelegt wurde, denn gerade das erweiterte Ende ist weit Schwächer als die verwendete Version.

Fasst man zusammen, kann man durchaus sagen, dass "The Hole" ein recht sehenswerter Film ist – mehr aber auch nicht. Er ist sehr gut gespielt und in Szene gesetzt, vermittelt das psychologische Trauma der Charaktere sehr gut und ist eben auch zwei Drittel sehr spannend, flaut danach aber leider merklich ab.
Zusammen mit der passablen DVD ergibt sich daraus ein tendenziell überdurchschnittlicher Psychothriller, der jedoch wie so viele seiner Kollegen auch am schwachen Ende krankt (hier nicht einmal, wie so oft, inhaltlich, sondern alleine dramaturgisch) und ein willkommenes neues Mitglied im Club der vergebenen Chancen darstellt.


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