So finster die Nacht

Eli: "Wir können keine Freunde werden, nur dass du's weißt."
Oskar: "Warum nicht?"
Eli: "Muss es dafür einen Grund geben? Es geht eben nicht."
Oskar: "Glaubst du etwa, dass ich dein Freund sein will?"
aus So finster die Nacht

Anfang der 80er Jahre: Der zwölfjährige Oskar lebt in einer Plattenbausiedlung in einem Vorort von Stockholm. Seine Eltern sind geschieden und ferne Figuren, in der Schule ist der Junge ein Opfer ohne Freunde, es ist Winter und ein Serienmörder geht um. Oskar ist unglücklich und wütend, flüchtet sich in Gewaltfantasien und studiert grausame Kriminalfälle in der Zeitung. Einen Ausweg scheint es nicht zu geben, aber Oskar trifft schließlich die ebenfalls zwölfjährige Eli, die gerade nebenan eingezogen ist, ein blasses, stilles Mädchen.
Bald stellt sich heraus, dass Eli eine Vampirin ist, die auch hinter den Morden in der Gegend steckt. Obwohl sich die beiden Außenseiter schnell einig sind, dass eine Freundschaft zwischen ihnen nicht funktionieren kann, fühlen sie sich beide zueinander hingezogen. Währenddessen eskaliert die Situation um sie herum, als immer mehr Opfer von Eli auftauchen und die Schulhofschläger schließlich Oskar nach dem Leben trachten. Gibt es eine Chance für das seltsame Paar?

"So finster die Nacht" ist eine Buchverfilmung aus Schweden, ein Thriller, eine Romanze, eine Tragödie. Der Film ist sehr melancholisch, realistisch und in kühler Optik gehalten und erscheint somit typisch skandinavisch. Was ihn besonders auszeichnet ist seine Ernsthaftigkeit und Authentizität, es geht zwar mit Vampiren um ein fantastisches Thema, trotzdem erscheinen die Figuren und ihre Gefühle und Probleme sehr komplex und nachvollziehbar. Der Vampirismus wird als blutig und grausam dargestellt, aber nicht übertriebener als die Probleme, die Oskar mit seinen Eltern hat oder die Gewalt auf dem Schulhof. Überhaupt geht dem Film alles Dramatische ab, alles Hollywoodeske oder Disneyeske. Der Film ist schon inszeniert und das meisterlich, aber die Inszenierung bewegt sich nah an der Wirklichkeit. Gerade darum wirken die Morde und Gewalttaten so erschreckend und die Gefühlsmomente so anrührend. Dazu tragen nicht gering die beiden jugendlichen Hauptdarsteller bei, die die Handlung mehr oder weniger allein bestreiten und ihre Rollen fast übermenschlich gut ausfüllen.

Inmitten der aktuellen Vampirwelle voller naiver Romanzen und (in jeder Hinsicht) blasser Tunten, die ein amerikanisierter, kommerzialisierter Abguss eines Dracula oder einer Carmilla sind, stellt "So finster die Nacht" ein strahlendes Juwel dar, das nicht nur besser die Idee des literarischen Vampirismus verkörpert als ein Dutzend weichgespülter Dramaqueens, sondern auch noch ein interessanterer und meiner Meinung nach besserer Film ist, als das Meiste, was den Fertigbackmischungen des Hollywoodkinos entspringt. Gerade darum graust es mich, dass in Übersee gerade ein Remake in der Mache ist, das die gute Vorlage offenbar im Sinne des amerikanischen Geschmacks verschlimmbessern will.
Das Original ist auf jeden Fall eine echte Empfehlung, die jeder Vampirfan gesehen haben muss und die durchaus auch beim Mainstreampublikum mehr Aufmerksamkeit verdient hätte.


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