Interstate 60

Given an infinite universe and infinite time, all things will happen. That means that every even is inevitable, including those that are impossible. And it‘s as good an explanation for all this as anything else. Now, a lot of stories stat in bars, so that‘s where we‘re going to start this one. Not because I was there – I wasn‘t. But because it‘s a damn good introduction to a very unique ... fellow.
- Neil Oliver, Interstate 60

Zur Handlung:
Als sich der junge Neil Oliver an seinem 23. Geburtstag endlich eine Zukunftsperspektive wünscht, kann er ja nicht ahnen, das O.W. Grant in der Nähe ist. Dieser seltsame, rothaarige Mann, der beständig an seiner Affenkopfpfeife zieht, ist eine Art amerikanischer Wunschkobold, der aber noch nicht die Bekanntheit der europäischen Vertreter erreicht hat, da das Land an sich ja auch noch jünger ist.
Ehe sich Neil versieht ist er auf einem absurden Trip entlang einer Interstate-Strecke, die es gar nicht gibt, auf dem Weg zu dem, was die Liebe seines Lebens sein könnte, obschon er sie nur von Plakatwänden kennt, die keiner außer ihm zu sehen scheint, aber auch zum Sinn seines Lebens führen könnte...

Zur Umsetzung:
Es ist mittlerweile schwer geworden, in Hollywood einen Film zu produzieren. Die Geldgeber sind vorsichtig, da Filme teuer sind, experimentelle Drehbücher landen schnell mal ob ihrer Unsicherheit auf Stapel V wie Vergessen und wenn keine namhaften Stars an Bord sind, dann tut sich zumeist nichts.
Diese Erfahrung musste auch Bob Gale machen. Doch der Regisseur, der dereinst „Back to the Future“ geschrieben hatte, ließ sich nicht einschüchtern sondern beschloss, das System mit seinen eigenen Mitteln auszuhebeln. Er ersann einen Roadmovie, der zwar inhaltlich experimentell ist, aber aufgrund der Struktur des Genres die Möglichkeit bietet, viele Stars am Wegesrand mal kurz einzubauen, ohne diese gleich lange verpflichten zu müssen.
Als er nun dem Studio einen Film vorlegte, auf dessen Castingliste James Marsden, Gary Oldman, Michael J. Fox, Christopher Lloyd, Amy Smart, Chris Cooper, Amy Jo Jones, Ann-Margret Art Evans und Kurt Russel standen, hatte er wohl gewonnen.

„Interstate 60“ ist dabei nur halb ein Roadmovie. Von der Dramaturgie und Struktur her ist es klar einer. „Man durchquert die Staaten mit einem Gefühl von Freiheit, trifft seltsame Leute, ist nie zu lange an einem Ort und lernt auf der Reise auch noch etwas über sich selbst“ – so ungefähr liest sich die Beschreibung für einen Roadmovie-Protagonisten, hier auch für James „Cyclops“ Marsden.
Dass der Schauspieler aber mehr kann als den unbeliebtesten der X-Men zu spielen beweist er hier eindrucksvoll. Er gefällt als Neil Oliver, einem jungen Mann, der einfach nicht glauben kann, was um ihn herum geschieht, sehr gut
Dieses Nicht-Glauben-Können erwächst aus dem Märcheneinfluss, den O.W. Grant in die Handlung bringt. Der wird von Gary Oldman gespielt und macht den Film zu etwas ganz besonderem. Die titelgebende „Interstate 60“ gibt es nicht, dennoch ist es genau diese Straße, die Neil entlangfährt. Unterwegs trifft er mehr schräge Gestalten als man glaubt, in einen Film stecken zu können und die dementsprechend von all den anderen großen Namen aus der obigen Liste verkörpert werden.
Da ist etwa eine Stadt, in der nur Anwälte leben und die den ganzen Tag über nichts anderes machen als einander zu verklagen, eine junge Frau, die sich auf der Suche nach dem perfekten Geschlechtsakt quer durch die Staaten schläft, ein Ort, der die Verbreitung illegaler Drogen durch ein legalisiertes Halluzinogen eindämmt und vieles mehr.
Der Film wirkt dabei nicht albern, was eigentlich schon beeindruckend ist. Aber daher, dass alle außer Neil nichts Seltsames an dem, was entlang der nicht existierenden Interstate-Strecke so passiert, zu finden scheinen, wirkt es auch seltsam glaubwürdig. Man kann sich daher nur noch besser mit dem Protagonisten und seinem fassungslosen Staunen identifizieren.
Dabei nimmt der Film sich dann sogar noch Zeit für einige Insider-Gags. „Zurück in die Zukunft“-Fans sollten beispielsweise mal einen Blick auf die große Uhr im Hintergrund bei Christopher Lloyds zweitem Auftritt werfen, doch auch sonst immer achtsam die komplette Umgebung beschielen.

In dem Film steckt zudem Geld, wie man sehen kann. Einerseits ist es natürlich kein Multi-Millionen-Dollar-Blockbuster, aber er hat offenbar genug Geld gehabt, um alles, was er zeigen möchte, auch problemlos zu inszenieren. Abseits des wirklich, wirklich schlecht gemachten grünen Rauchs, der bei Wunscherfüllung aus Grants Affenkopfpfeife aufsteigt, gibt es eigentlich nichts, was nicht gut aussieht.
Die Musik von Christopher Beck dagegen ist gut, aber nichts, was man jetzt noch Tage später im Ohr hätte oder gar summen würde.

Die DVD selber ist nicht überragend. Das Bild ist gut und liegt in 1,78:1 vor, der Ton auf Deutsch und Englisch. Da hat man dann je Sprache noch einmal die Wahl zwischen 5.1 und 2.0 – warum auch immer. Allerdings gibt es gar keine Untertitel, was mir dann schon wieder eher negativ aufgefallen ist. Man braucht sie nicht, auch in der englischen Fassung wird man sprachlich nicht überfordert und alle sprechen deutlich, aber es ist trotzdem anno 2005 ein nicht wirklich zu akzeptierendes Defizit.
Es gibt Trailer für zwei weitere DVDs sowie den Film an sich, ein durchschnittliches Making Of, eine langweilige „Vorher, Nachher“-Show zur Konstruktion der Kulissen sowie ein paar ganz nette deleted scenes, aber nichts, was man gebraucht hätte.

Fazit ist, dass der Film an sich schon eine kleine Perle ist, die man einmal gesehen haben sollte, wenn man wahlweise auf postmoderne Märchen oder Roadmovies steht. Die DVD kann dem nicht ganz gerecht werden, ist beileibe aber auch nicht schlecht genug, um den Wert des Films zu senken.
Zumindest mal ausleihen und anschauen!


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