Gormenghast

"Hold fast to the law, of the last cold tome. Where the earth of the truth, lies thick upon the page and the loam of fate in the ink long fled, from the drone of the nib flows on. Till the last of the first depart and the least of the past is dust. And the dust, the dust is lost. Hold fast, Gormenghast."
- aus Gormenghast

Den meisten Lesern wird zunächst sicherlich weder der Titel des Buches noch der der Verfilmung etwas sagen, aber zumindest die etwas versierteren Kenner von Fantasygeschichten werden schon einmal den Namen Mervyn Peake vernommen haben.
Von eben jenem stammt auch die Buchvorlage zu der BBC Verfilmung Gormenghast. Wie der Herr der Ringe auf seine Art und Weise sicherlich auch ein Meilenstein der Fantasyliteratur.
Doch im Gegensatz zu seinem weltbekannten Bruder ist Gormenghast immer noch ein Insidertip und auch von seiner Handlung vollkommen verschieden, hier gibt es keine ungewöhnlichen Völker, keine seltsamen und längst vergessenen Monster und auch keine Magie.
Peakes Trilogie spielt in der fiktiven Grafschaft Groan und der Held ist der letzte Erbe des Geschlechtes, der junge Titus. Aber gerade das vollkommene Abhandensein jeglicher fantastischer Elemente wie wir sie kennen macht auch den besonderen Reiz aus, hier stehen wirklich einmal Charaktere und Figuren im Vordergrund und die Geschichte entspannt sich um und an diesen entlang.
Um so erfreuter war ich auch als ich durch Zufall auf die TV-Verfilmung aus dem Jahr 2000 stieß, noch dazu von der BBC vermutete ich schon sehr gutes und wenige Wochen später lag sie dann auch endlich in meinem DVD-Player.

Aber vielleicht gebe ich erst einmal ein paar Worte zum Inhalt der Verfilmung, das ganze war eine vierteilige BBC TV-Verfilmung von jeweils einer Stunde Laufzeit und basierte auf den ersten beiden Büchern der Trilogie.

Dem Hause und der Grafschaft Groan wird nach längerer Zeit endlich ein männlicher und somit legitimer Nachfolger geboren. Groan wird schon seit über 77. Generationen von der Familie Groan regiert, beherrscht wird es aber von seine festen und eingefahrenen Ritualen, die das gesamte Leben bis ins kleinste Detail vorgeben. Zur gleichen Zeit nutzt aber auch der Küchenjunge Steerpike die Gelegenheit aus der Küche und somit der Herrschaft des fetten und fiesen Swelter zu entkommen, schon bald darauf trifft er auf die Lady Fuchsia die in ihrer eigene Welt zu leben scheint und zu Beginn sich nicht so recht über ihren Bruder freuen kann und kurz darauf schafft er es von Dr. Prunesquallor als Assistent angenommen zu werden. Doch einmal in der besseren Stellung angekommen gibt er sich nicht damit zufrieden und beginnt seinen eigenen Aufstieg zu planen, dabei schafft er es geschickt die einzelnen Parteien und Personen des Schlosses gegeneinander auszuspielen. Dabei ist im jedes Mittel recht und auch vor Mord schreckt er nicht zurück, schon bald stehen ihm nur noch wenige gegenüber und sein Ziel scheint zum greifen nahe.


Zur Umsetzung:
Die Verfilmung ist schlichtweg genial für eine TV-Miniserie, aber das die BBC ihrem Ruf für gute Unterhaltung gerecht werden will hatte sie ja schon mehr als einmal unter Beweis gestellt und auch mit dieser Verfilmung wieder einmal bewiesen.
Die Handlung umfaßt zwar nur die beiden ersten Teile de Trilogie und endet damit das Titus seine Grafschaft verläßt und kann somit getrost als abgeschlossen betrachtet werden.
Wer nun auf großartige Action a la Herr der Ringe wartete wird sicherlich zunächst einmal enttäuscht, den eine Hauptteil der Spannung bezieht der Film vor allem aus seine Charakteren und dessen Handlungen. Steerpike ist ein wirklich genialer Schurke, eines Machiavelli oder Borgia würdig erkämpft er sich seinen Weg an die Spitze, muss aber zum Schluß feststellen das er dem letzten Erben den er als zu schwach eingeschätzt hatte unterlegen ist.
Gespielt wird er von dem relativ unbekannten Jonathan Rhys-Meyers, dem ein oder anderen vielleicht aus "Bend it like Beckham" oder dem kommenden "Alexander" bekannt wird er demnächst als Schmendrik in der Realverfilmung von "The last Unicorn" zu sehen sein.
Dafür in England aber eben aus mehreren TV-Verfilmungen bekannt und auch der Rest der Crew ist in Großbritannien sicherlich nicht unbekannt.

Celia Imrie (Frankenstein, Bridget Jones's Diary) gibt die Lady Gertrud, eine der überlebenden Figuren aber eben auch keine Gewinnerin, so entwickelt sich das ganze zum Schluß für sie als Pyrrhussieg.
Aber normale Figuren sucht man hier auch vergebens, irgendwo haben alle Charaktere entweder die ein oder andere kleinere Macke oder sind soweit ihrer Welt entrückt oder auch zu tief in sie vertieft das sie blind für ihre Umgebung werden.
So interessiert sich Lady Gertrud auch eher für ihren weißen Raben Master Chalk und ihre Katzen als für ihren Sohn oder andere Familienmitglieder, und erst zum Schluß als ihr fast nichts mehr bleibt muss sie einsehen das sie fast alles verloren hat.
Ihr zur Seite steht bis zu seine Wahnsinn und dem daraus resultierenden Tod durch fleischfressende Eulen ihr Gemahl Lord Groan. Dargestellt von Ian Richardson (Brazil, Dark City, From Hell). Mit dem Verbrenne seiner Bibliothek und dem daraus resultierenden Verlust seiner Bücher verfällt er dem Wahnsinn und hält sich fortan für eine Eule.
Neve McIntosh spielt seine erste Tochter Lady Fuchsia, anfangs interessiert sie sich nur für sich selbst und entwickelt eine Freundschaft mit Steerpike die dieser zwar in eine Liebesbeziehung ausweiten möchte, aber als sie zum Schluß seine wahren Charakter entdeckt ist es auch für sie schon zu spät.
Natürlich nicht fehlen bei einer solchen britischen Großproduktion darf Sir Christopher Lee (wohl jedem aus mindestens einem Film bekannt), dieser gibt Mr. Flay den persönlichen Kammerdiener seiner Lordschaft (wohl mit der tiefsten Stimme die er jemals in einem Film hatte) steht aber auch ihm, wie fast jedem anderen, ein tödliches Ende bevor.
Eine der noch wichtigeren Personen gibt der Brite John Sessions ("Spitting Image", Gangs of New York) den Dr. Prunesquallor und Zoë Wanamaker (Harry Potter and the Sorcerer's Stone, Wilde) und Lynsey Baxter die Zwillinge Clarice und Cora Groan, diese werden als einige der ersten in Steerpikes Machtkampf verstrickt und erweisen sich nur als allzu berechenbar und manipulierbar.
Daneben haben aber noch eine Reihe anderer Schauspieler ihren ein oder anderen Auftritt, so z.B. den aus Blackadder bekannte Stephen Fry, Richard Griffiths, Fiona Shaw (bekannt als Uncle Vernon und Aunt Petunia aus den Harry Potter Filmen) sowie den unbekannten Andrew Robertson (Der Zementgarten) als Titus Groan.

Alleine wenn man sich nun schon die Besetzungsliste ansieht darf man gespannt sein und diese Erwartungen werden auch nicht enttäuscht, das gesamte Ensemble spielt einfach hervorragend und das bei Figuren die sicherlich nicht gerade einfach mit Leben zu füllen sind, denn teilweise sind sie recht grotesk angelegt und das noch nicht einmal von ihrem Aussehen her aber gerade diese gekonnte Gradwanderung die vollzogen werden muss damit die Figur nicht ins lächerliche gerät wird hier perfekt vollzogen. Man nimmt den Charakteren ihr Verhalten und ihre Beweggründe jederzeit ab und merkt das hier mehr hinter den einzelnen Figuren steckt als bloße Stereotypen, angefangen bei dem intriganten Steerpike, der resoluten Lady Gertrude, den machthungrigen Zwillingen Cora und Clarence über den aufopfernden Mr.Flay, den ständig redenden Dr. Prunesquallor bis hin zu dem Professorenstab des Schlosses, dem nach festen Ritualen lebenden Barquantine und seiner wahnsinnigen Lordschaft selber. Zwar werden die einzelnen Figuren stark verzerrt und überlebensgroß aber eben immer doch nachvollziehbar, eine Kombination die sich zwar seltsam anhört aber im Film selber perfekt funktioniert.
Teilweise sehr düster wird hier ein wirklich gelungener Ausblick auf eine zerfallende Gesellschaft gegeben, mit einzelnen Versatzstücken unserer Wirklichkeit gewürzt ergibt der Film ein Großes Ganzes das sich sehen lassen kann.

Ein wesentliches dazu trägt aber auch der Look des Filmes bei. Gormenghast, im wesentlichen aus dem Schloß und der Umgebenden Stadt eingeschlossen von einer gewaltigen Festungsmauer, stellt sich im wesentlichen als ein Verquickung sämtlicher westlichen aber auch östlichen Baustile dar (nicht sehr verwunderlich wurde Mervyn Peake doch als Sohn eines Missionars in China geboren ehe er nach England kam), aber auch die Kostüme zeigen deutlich die vorgegebene Richtung an die der Film einschlägt. Angesiedelt irgendwo zwischen dem verschwenderischen aber auch schon zerfallenden Prunk der Renaissance und der Mode des 18/19 Jahrhunderts hat man immer das Gefühl zwar etwas bekanntes aber dennoch weit entferntes zu betrachten.

Zu der Inszenierung selber muss man auch dem Regisseur Andy Wilson sein Empfehlungen aussprechen. Er schafft es nicht nur die Geschichte von ihrem Spannungsbogen her perfekt auf die vier Teile abzustimmen, nein auch bei der Umsetzung des Werkes in filmische Maßstäbe hat er sich alle Mühe gegeben. Auch die Tricks sind für eine TV-Produktion sehr ansehnlich geraten, zwar haftet ihnen in einigen Szenen immer noch etwas Künstliches an, aber dies nur sehr minimal und der Geschichte tut dies auch keinen Abbruch.

So, wie sieht es aber mit der DVD selber aus, nu zuerst einmal, der kleine Silberling hat wie der Film selber den Sprung über den Kanal leider nicht geschafft. Für Interessierte heißt das daß er sich die DVD aus England importieren muss und auch schon der englischen Sprache mächtig sein sollt (es gibt zumindest Untertitel). Dafür gibt es aber auch direkt zwei DVD’s mit allen vier Teilen und jeder Menge Sonderausstattung: Einem 30 minütigen Making Of, Informationen zu den einzelnen Charakteren ihren Toden sowie zum Design des Filmes.
Auch beim bewegten Menü hat man sich mal Mühe gegeben, schade nur das der Ton nur in Stereo vorliegt, na ja man kann ja nicht alles haben.

Fazit:
Tja, sicherlich kein einfach zu bewertender Film, aber wer auf ungewöhnliche Fantasy (für Fans und Kenner des Buches sicherlich ein Muss) steht sollte sicherlich einmal ein Blick riskieren. Sicherlich keine Alltagskost die einem hier vorgesetzt wird aber eben auf der anderen Seite eben auch nicht jedermanns Geschmack, so bleibt hier sicherlich mehr den je die Entscheidung beim Zuschauer. Ich persönlich habe weder kauf noch die Zeit des Schauens bereut. Eben mal etwas anderes.


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