Equilibrium

John Preston: There's no war. No murder.
Partridge: What is it you think we do?
John Preston: No. You've been with me, you've seen how it can be--the jealousy, the rage.
Partridge: A heavy cost. I pay it gladly.
- aus Equilibrium

Zur Handlung:
Irgendwann in der Zukunft hat man, nachdem ein dritter Weltkrieg die Erde endgültig in Schutt und Asche gelegt hatte, einen neuen Weg zur friedlichen Existenz gesucht. Gefunden hat man ihn in Drogen, die vom System verteilt die Emotionen der Konsumenten abschalten.
Ohne Emotion kein Konflikt, ohne Konflikt kein Krieg und ohne Krieg … Frieden.
Zur Überwachung des Drogenkonsums dienen die sogenannten Kleriker, eine Spezialeinheit, die entsprechende Gefühlsverbrecher begeht aufspürt und ausschaltet. Doch das System bröckelt als das Vertrauen eines Klerikers in eben dieses System bröckelt und er beginnt, was alle am meisten fürchten: zu fühlen...

Zur Umsetzung:
Mal wieder was aus der Sparte „sichere Hits die keine wurden“.
Als ich vor einiger Zeit über Equilibrium stolperte gingen mir zwei Dinge durch den Kopf: „unhandlicher Titel“ und „nicht schon wieder eine Matrix-Kopie“. Nun, der Titel ist natürlich unverändert, den Vorwurf des Matrixplagiats muss ich allerdings klar zurücknehmen, denn während der zwei Stunden Spieldauer bröckelte mein Misstrauen mehr und mehr, am Ende gar saß ich da und mir war eines klar: diesen Film musste ich haben!

Die Handlung ist dabei nicht schlecht, neu aber sicherlich auch nicht. Da findet man „1984“, da findet man „Fahrenheit 451“, „Brave New World“ und eben alles, was das Genre hervorgebracht hat. Und natürlich wird auch der gute William Butler Yeats mal wieder zitiert. Der Stil ist irgendwo eine abgewandelte Form von Matrix in Symbiose mit dem postmodernen Düster-Deutschland aus „Vaterland“, fast alles schon mal dagewesen, teils arg vom vermutlich nicht immer reichenden Budget geschunden. Die Polizeikräfte gar wirken wie eine Kreuzung aus dem matrix'schen Morpheus und den Sturmtruppen des Kriegs der Sterne, zumindest, wenn diese (wie hier im Film) Motorradhelme tragen würden.

Und doch, der Film fasziniert, und zwar nicht zu knapp.
An erster Stelle steht da für mich generell erst mal die gute Besetzung. Christian Bale, in „Herrschaft des Feuers“ verunglückt, in „A Midsummer Night's Dream“ wie „American Psycho“ dagegen durchweg gut gewesen, spielt die Hauptrolle des Zweifel bekommenden Klerikers John Preston und spielt dabei glaubwürdig, bodenständig und dennoch cool, vor allem aber auch sympathisch, ein Charakterzug den sein großer Konkurrent Neo alias Keanu Reeves aus „Matrix“ nicht wirklich nötig zu haben glaubt.
Seine Zweifel erhält er erstmalig dank seinem Arbeitskollegen Partridge, der wird wiederum von Sean Bean gespielt, welchen hier wohl jeder Leser noch als Boromir aus „The Lord of the Rings“ kennen dürfte. Und auch er spielt klasse.
Oberhaupt des Ordens und Stimme des Regimes ist Dupont, der von Angus MacFadyen gespielt wird. Eher unauffällig vielleicht noch als Zeus aus „Jason and the Argonauts“ bekannt, 2004 als Crassus im TV-„Spartacus” unterwegs, sicherlich aber noch am Bekanntesten in seiner Rolle als Robert the Bruce aus „Braveheart“.
Brandt, der dritte Kleriker im Film, wird schließlich vom eher unbekannten Taye Diggs gespielt (den kann man aus „Ally McBeal“ kennen, wo er in zehn Folgen der vierten Staffel den Anwalt Jackson Duper verkörperte) und die klassische Frauenrolle ging an die richtig unbekannte Emily Watson, die man allerhöchstens aus „Gosford Park“ oder „Punch-Drunk Love“ kennen kann.
Somit sind keine wirklich großen Kaliber an Bord, aber viele sehr fähige „Stars der zweiten Reihe“, was sich insgesamt sehr rechnet und es gibt eigentlich keine schauspielerische Leistung, die nicht überzeugt.

Diese Schauspieler tragen dann auch die Handlung, die zwar in Versatzstücken wild zusammen geklaut ist, aber im Detail doch überzeugt. Vor allem, soviel wage ich zu sagen, ohne zu viel zu verraten, führt sie einen lange Zeit in die Irre, lange Zeit glaubt man dem Film eine gewisse Inkonsistenz anzumerken doch die finalen Szenen werfen all das über Bord und demonstrieren nur die Konsequenz der ganzen Handlung.

Bemerkenswert übrigens das der Dystopie auch entsprechend viel Raum gegeben wird, die Actionsszenen des Films sind arm an Minuten und gering in ihrer Zahl, doch jedes Mal ein Fest. Denn anders als bei „Matrix“, wo alles langsam und (vor allem in „Reloaded“) auch länger wird, ist Equilibrium … schnell!
Die Kleriker werden in einer Kampfkunst, der „Gun Kata“, unterwiesen, die kennt der durchschnittliche Leser hier vermutlich unter Gun-Fu oder ähnlichen Begriffen: effektiv geht es um Nahkampf mit Schusswaffen. Und die Umsetzung ist dabei hervorragend geworden, jede einzelne Szene wird langsam zum explosiven Höhepunkt geführt und man bekommt jedes Mal das Gefühl, dass ab dem Zeitpunkt, wo ein Kleriker dann loslegt, auch wirklich eine enorme Wucht entfesselt wird. Dann fallen auch mal eben dreißig Mann in weniger als zehn Sekunden.
Von der technischen Umsetzung her sind diese Szenen zwar nicht immer ganz sauber, aber man verzeiht das als Zuschauer gerne, aus zwei Gründen. Einerseits ist man durch die Geschwindigkeit schnell auch einfach mitgerissen, andererseits kommt es einfach zu cool herüber, als das man Haare spalten will.

Der Film wurde Kurt Wimmer geschrieben und auch gedreht, dessen kommerziell größtes Projekt wohl das Drehbuch zur „Thomas Crown Affäre“ gewesen sein dürfte – doch er hat exzellente Arbeit geleistet und rundet ein fast perfektes Paket gekonnt ab.
Der Film ist spannend erzählt, gut inszeniert, klasse gespielt, sogar recht gut übersetzt (wenn das Original auch einmal mehr den Vorzug erhält) und hat atemberaubende Action … man fragt sich eigentlich nur, woran der Film gescheitert ist.

Ähnlich wie „Avalon“ von Mamoru Oshii die existenzphilosophische Seite von „The Matrix“ zu einem ernsthaften Niveau gebracht hat, so setzt „Equilibrium“ wohl die Design-Aspekte in eine neue Dimension.
Dennoch sollte man sich vor dem Vergleich aller drei Filme hüten, denn anders als „Avalon“ will hier deutlich stärker unterhalten werden, was ja kein Makel sein muss. Und wer auf Unterhaltung geht, der hat von „Equilibrium“ vermutlich mehr als etwa von „Matrix Reloaded“, denn anders als der kriegt man hier mal wieder was richtig Mitreißendes zu sehen.

Wer Action mag, wer Dystopien mag und es dabei nicht allzu detailliert braucht, der kommt an diesem Film nicht vorbei. Muss man sich geben.


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