Arlington Road

We don't want others, we want one name, and we want it fast. Because it gives us our security back. We can say, here was the one man, unlike the rest of us, we've named him, and he's ... he's no more. And his reasons – they're gone too. But the truth is, we don't know his reasons, we don't know why Scobee did it, why it came to this. [...] And we'll never know. And still we feel safe. Because we know his name.
- aus Arlington Road

Zur Handlung:
Michael Faraday rettet das Leben des Nachbarsjungen, als er diesen schwer verletzt auf der Heimfahrt aufliest. Aus der Dankbarkeit der Nachbarn erwächst schnell Freundschaft, zwischen dem Witwer Faraday und dem Nachbarn Oliver Lang ebenso wie zwischen deren Gefährtinnen.
Doch einige Beobachtungen machen den über Terrorismus dozierenden Faraday misstrauisch ... irgendetwas scheint mit seinem Nachbarn nicht zu stimmen. Die Nachforschungen nehmen ihn bald jedoch immer mehr ein und bald schon wird die Grenze zwischen Realität und Paranoia sehr dünn ... doch was, wenn der Nachbar wirklich etwas zu verbergen hat?

Zur Umsetzung:
Thriller gehören sicherlich zu den meist-produzierten Filmen in Hollywood. Und neben anerkannten Perlen wie 'Sieben' oder 'Das Schweigen der Lämmer' und akzeptablen Geheimtipps wie etwa 'Das Leben des David Gale' finden sich dort auch immer wieder mal schreckliche Gurken.

In welche Klasse 'Arlington Road' gehört, war mir keinesfalls klar, als ich ihn neulich in der Videothek im Verkaufsregal für Sonderangebote erspähte, doch zumindest die Namen auf dem Cover klangen verheißungsvoll.
Jeff Bridges gibt die Hauptrolle als Terrorismusfachmann Michael Faraday. Der Darsteller, der nicht zuletzt durch seine Rollen in 'K-Pax' und 'The Big Lebowski' einen guten Schritt nach oben in meiner persönlichen Beliebtheitsskala gemacht hat, überzeugt auch hier vollkommen. Er schafft es gut, diesen Zustand am Rande des Wahnsinns, in den sich der Dozent immer mehr hinein steigert, zu vermitteln, lässt ihm aber auch genug Integrität, um weiter als Protagonist zu funktionieren.
Ihm gegenüber steht Tim Robbins, ja auch kein Unbekannter. Er hält sich qualitativ gut die Waage mit Bridges, spielt überzeugend den leicht verbitterten, aber freundlichen und liebevollen Nachbarn, kann aber auch in den entscheidenden Momenten ein Gefühl von 'der hat etwas zu verbergen' vermitteln.
Neben den beiden Hauptrollen, die auch mit Abstand die meiste Screentime genießen, sind dann noch die eher aus Komödien bekannte Joan Cusack als Miss Lang, Hope Davis als Lebensgefährtin von Faraday und der Thriller-erprobte Robert Gossett als Angestellter des FBI und Freund von Michael zu nennen. Sie alle spielen souverän, aber auch keiner wirklich herausragend.

Doch nachdem zumindest die Träger der Geschichte gut bis sehr gut sind, fragt man sich, was der Film nun wirklich zu erzählen hat. Der Plot ist sicherlich über weite Strecken sehr gut.
Das Drehbuch von Ehren Kruger, die man bisher wohl vor allem durch ihre Drehbücher für 'Scream 3' und die beiden amerikanischen 'The Ring'-Filme kennen kann, erzählte eine bekannte, aber erfreulich variierte Geschichte.
Die Idee vom Terrorismus in Amerika ist zwar altbekannt, aber alleine die Tatsache, dass alle potentiellen Terroristen der Geschichte dieses pre-9/11-Films tatsächlich Amerikaner sind, tut irgendwo mal gut. Keine dubiosen Araber, sondern unzufriedene Amerikaner in ihren eigenen Land – ein eindeutig selten thematisierter Stoff.
Ebenso gefällt der Erzählfluss über weite Strecken des Films, die von einer sehr gekonnten Regie von Mark Pellington (der unter anderem Verbrechen wie 'The Mothman-Prophecies' betreuen musste) getragen wird.
Pellington schaffte schöne Perspektive, interessante Blickwinkel und einige außergewöhnliche Kamerafahrten, inszeniert zudem durch guten Schnitt und angenehmes Feingefühl einige, sehr weniger, aber dennoch wohl platzierte Schreckeffekte, die einen auch zu später Stunde noch mal richtig wachrütteln können.
Außerdem ist es interessant zu beobachten, wie Kamera und Drehbuch sich immer mal wieder einzelne 'Bälle vorlegen', späte Szenen schon früh vorbereitet werden und der Film daher einen sehr sauber geplanten Eindruck hinterlässt. Gerade Faradays Vorträgen in der Uni kann man da doch in der Retrospektive viel entnehmen.
Ein letztes Lob geht dann noch an die Musik David Lynchs Hauptmusiker Angelo Badalamenti, der auch hier – abseits des etwas blassen Titelthemes – einen sehr guten und spannungsfördernden Score abliefert.

Wer aber ob all meiner vorsichtigen Formulierungen nun davon ausgeht, dass das dicke Ende erst zum Schluss kommt, der hat damit schon recht, mehr noch, als er vielleicht ahnt. Denn ein guter Thriller zeichnet sich vor allem durch einen überzeugenden Schluss aus. Mysteriöse Handlungsfäden auslegen gelingt nahezu jedem und auch eine gute Inszenierung ist eigentlich fast immer gegeben, aber all das auch gekonnt aufzulösen ist die Aufgabe, an der wiederum viele scheitern.
'Arlington Road', leider, auch. Die gute Optik, die großartigen Schauspieler und auch die gute Geschichte verblassen leider alle sehr in den letzten fünfzehn Minuten, wenn der Film sich eben zu sehr bemüht, noch ein großartiges Ende aufzusetzen.
Das Faradays Leihwagen scheinbar regenerative Kräfte besitzt (Auto fährt auf Kreuzung, hat einen brachialen Zusammenstoß mit dem Querverkehr, rudert herum, die Teile fliegen; Schnitt; Auto fährt weiter, ein Blinker kaputt) ist ein trauriger, doppelt vorkommender Anschlussfehler aber noch zu verzeihen, dass aber am Ende eine Art alles von vornherein geplant zu sein scheint, glaubt man als Zuschauer einfach nicht. Da werden so viele Zufälle als geplant und inszeniert dargestellt, dass man selbst als wohlwollender Betrachter einfach nicht mehr glauben mag, was da passiert. Gerade der finale Paukenschlag des Films hängt so von einer unberechenbaren Handlung eines Charakters ab, dass es vollkommen irrational ist zu glauben, jemand anders habe seinen kompletten Plan an dieser Tat aufgehangen.
Das ist um so bedauerlicher, da die allerletzten fünf Minuten wiederum sehr schön sind, den Film sauber abschließen und die Handlung abrunden. Da hätte der Film seinerzeit sogar das Potential gehabt, etwas nachdenklich zu werden, denn die damals noch größten Attentate in Amerika, Oklahoma beispielsweise, weisen nicht zufällig markante Parallelen auf.
Schade nur, dass als das angesichts der Unglaubwürdigkeit des eigentlichen Finales einfach verpufft.

Die DVD wiederum ist ganz in Ordnung. Das Bild (16:9) ist gut, führt nicht zu Jubelarien aber ist auch frei von Fehlern seitens Material und Kompression, der Ton liegt in Englisch, Deutsch und Französisch jeweils in 5.1 vor. Untertitel sind ausblendbar und liegen in den genannten drei Sprachen sowie Niederländisch vor; die englischen Untertitel sind zwar nominell 'für Hörgeschädigte', ersparen einem aber die sonst gewohnten Kommentare über die Musik und die verursachten Geräusche. An Bonusmaterial findet man dagegen nur den Original-Trailer vor; das ist nicht viel, aber einerseits ist er zumindest in Englisch, andererseits reizt dieser Film auch eigentlich nur bedingt dazu, mehr wissen zu wollen.
Getestet wurde übrigens wie eingangs erwähnt die Verleih-DVD, die Verkaufsfassung ist aber inhaltlich gleich, das Bonusmaterial der RC1-Fassung hat Deutschland wohl nie erreicht.

Insofern ist 'Arlington Road' wohl einer der ungezählten passablen Thriller, markiert da aber schon eher den unteren Teil des Feldes. Wenn man ihn wirklich billig sieht und einen der Hauptdarsteller schätzt, dann kann man zugreifen, alle anderen Thriller-Freunde schnappen ihn sich irgendwann mal auf Pro7 oder leihen ihn sich aus.
Leider mal wieder nicht so gut, wie ein Großteil des Filmes noch hoffen ließ.


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