Alte Männer in Neuen Autos
Ludvig: Well, I lived with my mother till I was twelve.
Mille: I thought you said she died when you were nine.
Ludvig: Yes, she did.
[pause]
Mille: Oh you're so sweet...
- aus Alte Männer in Neuen Autos
Zur Handlung:
Einige Zeit vor den Ereignissen im ersten Teil wird Harald gerade aus dem Gefängnis frei gelassen. Er hat nicht viel bei sich außer einer Reisetasche, einer Topfpflanze und dem orangen Pulli, den er am Körper trägt, dennoch taucht schon bald Ratko, der lokale Verbrecherkönig, auf uns verlangt eine recht happige Summe von Harald.
Dieser kehrt erst einmal Heim, zu Fuß, weil ihn seine Köche vergessen haben, nur um festzustellen, dass sie nicht nur umgeräumt haben, als er weg war und mit Vuk eine dubiose ausländische Hilfskraft eingestellt haben, sondern ab jetzt auch noch ehrlich als Köche arbeiten wollen.
Als jedoch Haralds alter Mentor, der Mönch, im Sterben liegt und ihn bittet, noch einmal seinen, in Schweden im Gefängnis sitzenden, Sohn wiederzusehen, bricht die Truppe in ein weiteres Abenteuer auf.
Zur Umsetzung:
„In China Essen Sie Hunde“ war sicherlich einer unserer größten Glückskäufe. Die verdientermaßen FSK-18 gewertete Action-Komödie von Lasse Spang Olsen nach einem Drehbuch von Anders Thomas Jensen war innovativ, erfreulich fern von aller Konvention aus Hollywood und gehört sicherlich zu den Highlights des Genres der Comedy-Action-Verbrecher-Filme.
Schon vor einer Weile stieß ich dann in den Weiten des Internets auf das 2002, also drei Jahre nach den „Hunden“, gedrehte Prequel „Gamle mænd i nye biler“ mit gleicher Besetzung unter der selben Crew. Aber kriegen war das Problem.
Eine amerikanische Fassung unter dem (korrekt übersetzten) Titel „Old Men in New Cars“ gab es schon ein Weile, doch mittlerweile hat es der Film zumindest einmal auf einige deutsche Festivals geschafft und eine DVD-Veröffentlichung bleibt weiter zu erhoffen; dennoch sei an diesem Punkt schon darauf hingewiesen, dass der hier rezensierte Film wirklich schwer zu kriegen ist.
„Alte Männer in Neuen Autos“ ist, wie gesagt, der nachträglich gedrehte Vorgänger zu „In China Essen Sie Hunde“, da war die Sorge nach einem bloßen Plagiat natürlich recht groß.
Der erste Teil lebte neben seinem grandiosen, wenn auch harten, schwarzen Humor vor allem von seiner Innovation, und wie erwartet fehlt diese im vorliegenden Film etwas.
Die Charaktere sind größtenteils bekannt, die übernatürliche Komponente wurde diesmal ausgelassen und die Handlung des Films ist nun nicht ausgereift zu nennen.
Dennoch haben wir uns alle bei dem Film königlich amüsiert! Woran das liegt? Genau daran, dass er ist wie sein Vorgänger!
„Alte Männer in Neuen Autos“ ist klar ein Film für Fans. Fans, die den ersten Teil bereits kennen. Denn wieder kriegen sie einen grantigen Harald, der in einer Mischung aus Fatalismus, Ignoranz und mangelnder Beherrschung durch die Welt schreitet. Wieder kriegen sie die Köche, die armen Zivis, die doch eigentlich viel lieber Backen würden. Wieder kriegen sie Vuk, der diesmal noch mehr zu erleiden scheint (was eine Aussage ist, wenn man bedenkt, was in „China“ passiert ist), wieder kriegen sie Ratko, den bösen Kroaten (Slawen?) und seine Schlägertruppe.
Es gibt wieder Befreiungs- und Einbruchspläne, wilde Schießereien, eine Autoverfolgungsjagd und alles, was den ersten Teil ausgezeichnet hat – natürlich inklusive der lapidaren Kommentare, des schwarzen Humors und der choralen Musik.
Aber natürlich wird auch Neues geboten. Es gibt neue Charaktere wie Haralds Mentor, den Mönch, dessen Sohn Ludvig (Frauenmörder, nebenbei) oder die suizidgefährdete Mille, alle fügen sich perfekt in das Bild ein und unterstreichen nur noch die Absurdität der erzählten Geschichte.
Es gibt neuerdings gleich massig Schwedenwitze, eine königliche Szene, in der die Dänen versuchen, Englisch zu sprechen, neuerdings tatsächlich mal Polizei und andere Details, die den Film versüßen und dafür sorgen, dass es auch Kennern nicht langweilig bzw. der Film zu einer bloßen Wiederholung des ersten Teils wird – mit Erfolg.
Somit kriegen alle, die kein Problem mit überzeichneter, teils geradezu wahlloser – aber wie schon im Vorgänger niemals zum Selbstzweck eingesetzter – Gewalt haben, eine herrliche Komödie geboten, die aber nicht nur vom Inhalt, sondern auch von den Darstellern lebt.
Kim Bodnia (u.a. auch in „Nightwatch“ gewesen) spielt den Harald einmal mehr ganz hervorragend und, trotz seines dubiosen Charakters, ungeheuer charismatisch, ebenso wie die beiden Köche Tomas Villum Jensen und Nikolaj Lie Kaas einmal mehr ihr großes komödiantisches Talent unter Beweis stellen. Doch auch der Rest gefällt, alle bringen ihre bizarren Charaktere hervorragend rüber und sind charismatisch – es macht einfach Freude, ihnen zuzusehen.
Und das kann man irgendwo auch als Fazit für den gesamten Film nehmen: es macht einfach Spaß, ihn zu sehen.
Er hat keine großartige Botschaft, keine tiefere Bedeutung. Er ist eine rabenschwarze Komödie, die vor allem Fans des ersten Teils anspricht und ganz in dessen Tradition steht. Somit ist die Frage, ob man „Alte Männer in Neuen Autos“ sehen will, wohl vor allem an drei Fragen gekoppelt, die man sich selbst stellen sollte:
a) Mochtet ihr Teil 1?
b) Kommt ihr an den Film heran?
c) Schreckt euch ein dänischer Originalton mit deutschen Untertiteln nicht ab?
Wenn ihr jede dieser Fragen zu eurer Zufriedenheit beantwortet konntet: greift zu!
Eine der erfreulichen Ausnahmen, wo der zweite Teil einer Reihe kein reiner Kommerz ist, sondern durchaus in der Tradition des ersten Teils steht!
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