28 Days Later

Jim: I was thinking...
Selena: You were thinking that you'll never hear another piece of original music again. That you'll never read a book that hasn't already been written or see a film that hasn't already been shot.
- aus 28 Days Later

Zur Handlung:
Jim wacht nach 28 Tagen in einem Londoner Krankenhaus aus dem Koma auf – in einem Alptraum. Die Stadt ist menschenleer, ganz England verwüstet und seine Bewohner dezimiert. Ein Virus ist aus einem Forschungslabor gedrungen und hat scheinbar die ganze Welt verwüstet – wer mit dem Blut eines Infizierten in Kontakt kommt, wird binnen 10 bis 20 Sekunden zu einer rein triebgesteuerten, wilden Bestie ... einem Zombie.
Doch Jim ahnt nicht, welch großer Alptraum ihm am Ende seiner Odyssee erwarten wird.

Zur Umsetzung:
Ein Zombiefilm.
Das war mein Gedanke, als ich im Frühjahr im Kino saß, das Licht gedimmt wurde und „28 Days Later“ begann. Ein vorschneller Gedanke, wenn ich so zurückblicke.
Er ist nicht falsch, denn die Grundthematik ist schon gegeben, aber „28 Days Later“ ist eben doch mehr. Der Film ist ein 'ernster' Post-Doomsday-Film, gerade die Szenen des menschenleeren London beeindrucken einen doch sehr nachhaltig.

Vor allem aber ist „28 Days Later“ eigentlich kein Film über Zombies. Die 'Invasion' der Infizierten ist das Szenario, der Film aber dreht sich um die wenigen, überlebenden Menschen. Jim, der unerwartet in diesem Alptraum erwacht, nur um alles verloren vorzufinden, was einst war. Selena, mit der er sich verbündet, die in diesem Alptraum jegliches Gefühl verloren zu haben scheint. Ein Vater mit seiner Tochter, die zumindest noch sich selbst haben. Einige andere, die auch ihre eigenen Vorstellungen von der Zukunft haben...

Vor allem ist es aber ein Film über Gewalt, „People killing people“, wie es einfach und treffend mehrfach gesagt wird. Der Film baut konstant Fragen auf, Fragen nach der Rechtfertigung von Gewalt, nach dem Maß von Gewalt und Dominanz.
Gerade zu seinem Höhepunkt – der hier natürlich aus Gründen des Spannungserhalts nicht näher geschildert sei – rüttelt der Film schon sehr an einem.
Klares Lob an den Drehbuchautor Alex Garland, der zuvor der Filmwelt nur durch die Romanvorlage zu „The Beach“ bekannt war.

Das wird auch sicherlich durch zwei Dinge sehr unterstrichen: die hervorragenden Schauspieler und der hohe Grad an nüchterner, realistischer Gewalt.
Gerade bei den Schauspielern erfreuen auch viele unbekannte Gesichter den Zuschauer. Christopher Eccleston und Brendan Gleeson kann man noch kennen, doch gerade Cillian Murphy (Jim) und Naomie Harris (Selena) sind keine wirklich namhaften Schauspieler, tragen den Film aber ebenso gekonnt wie die junge Megan Burns.

Ebenfalls zu loben ist aber auch die gesamte Inszenierung. Das Budget des Films ist begrenzt gewesen, gefilmt wurde mit Digitalkameras, Spezialeffekte sind meistens gut als solche zu erkennen und sehen oft eher schlecht aus; dennoch erzeugt der Film von der ersten bis zur letzten Minute eine absolut dichte Atmosphäre.
Eine gespenstige Farbgebung, interessantes Spiel mit der Schärfe und eine oft unruhige und somit unruhig machende Kamera schaffen insgesamt ein einfach hervorragend gelungenes Werk, welches übrigens von Danny Boyle inszeniert wurde, dem Mann, der auch hinter „The Beach“ und „Trainspotting“ steckte.

Getragen wird der Film von einem wunderbaren Score zwischen sanftem Gitarren-Pop, Klassik und einigen anderen Genres, der die Szenen und die Atmosphäre hervorragend unterstreicht, sowie von einem – zumindest in der englischen Tonspur – gewissen britischen Charme, denn der Inselakzent untermalt das Szenario noch einmal subtil und angenehm.
Die deutsche Synchro geht aber auch in Ordnung und abseits eines Witzes, den sich die Übersetzer klar auf ihre „Kill List“ schreiben dürfen, gibt es nichts zu bemängeln.

Die einzige Kritik, die man machen kann, geht an das Bild der vorliegenden DVD. Nun ist es die Verleihversion und ich weiß nicht, inwiefern die Verkaufsfassung – die auch, im Gegensatz zum vorliegenden Silberling, über Extras verfügt – besser wirkt, das Bild dieser Disc hier ist jedoch ... ja, schon geradezu unter aller Sau.
Alten DVD-Umsetzungen von kleinen Labels, die dann geschnittene Fassungen von „God's Army“ anboten, ist so ein Bild nachzusehen, einem Film aus dem Jahr 2003 jedoch nicht.
Zugegeben, ein Teil ist wohl schon durch die Produktion mit Digitalkameras begründet, aber die vorliegende Menge an Nachzieheffekten und Artefakten ist eindeutig zu hoch für eine professionelle, moderne Scheibe.
Schade vor allem, weil es naturgemäß besonders in den dunklen Szenen des Films auftritt.

Dennoch kann ich nicht umhin, den Film volljährigen Genre-Freunden (ja, ist FSK18, und das muss er auch sein, der Glaubwürdigkeit wegen) dicke ans Herz zu legen. Natürlich, wer einen spanischen Splatter-Film erwartet, wird maßlos enttäuscht – wer aber an einer guten, ja sogar durchdachten Post-Doomsday-Thematik mit Zombies Freude hat, dem sei der Film wärmstens empfohlen.
Für mich eine der positivsten Überraschungen 2003!


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