Fiasco

Rollenspielrunden sind doch irgendwo alle gleich. Man trifft sich mit Freunden, verbringt einen netten Nachmittag oder Abend und schlägt sich, mehr oder minder erfolgreich, durch ein vorbereitetes Abenteuer. Am Ende gibt es dann meist eine Belohnung, seien es nun Punkte, Gold oder andere Dinge. Egal ob man nun stolzer Elfenkrieger, Magier, Vampir oder Superheld ist. Aber in irgendeiner Art und Weise möchte doch jeder als Sieger hervorgehen.

Bei Fiasco sieht die Sache ganz anders aus. Vorbild für dieses Rollenspiel, oder besser gesagt Erzählspiel, waren vor allem Filme wie Ein simpler Plan, Fargo und Way of the Gun. Hier steht nur eines im Vordergrund: eine möglichst instabile Gruppe zu schaffen und die ganze Geschichte auf den größtmöglichen Konflikt zusteuern zu lassen. Der Titel des Spiels ist also Programm.
Zunächst einmal sei gesagt, dass Fiasco kein Rollenspiel mit fortlaufenden Runden oder epischen Geschichten ist. Vielmehr fällt es in die Bier-und-Brezel Ecke der Rollenspiele. Eine Runde Fiasco lässt sich locker an einem Nachmittag oder Abend durchspielen und eignet sich damit vor allem auch mal für Zwischendurch. Und...es gibt keinen Spielleiter. Das mag jetzt erst mal verwirrend klingen, funktioniert aber erstaunlich gut.

Haben sich nun drei bis fünf Spieler zusammen gefunden, so kann man auch sofort loslegen. Es gibt nur wenige Regeln und diese sind zudem recht einfach gehalten. Man benötigt lediglich für jeden Spieler vier sechsseitige Würfel in je zwei unterschiedlichen Farben (am besten zwei weiße und zwei schwarze), die aber dann alle in einen großen Pool gewürfelt werden. Doch zunächst sollte man sich auf ein Setting geeinigt haben. Im Buch stehen vier zur Auswahl, weitere gibt es aber als kostenlose Downloads auf der Internetseite des Anbieters. Hat man erst einmal das Prinzip verstanden, ist es auch nicht schwer sich ein eigenes Setting zu erstellen. Diese Vorgabe braucht man, damit man nicht nur weiß in welchem Rahmen man sich bewegt. sei es nun in einer amerikanischen Kleinstadt, an Bord eines U-Bootes oder in der großen, bösen Stadt , sondern damit man auch die dazugehörigen Tabellen hat, aus denen man nun mithilfe des gemeinsamen Pools ein Beziehungsgeflecht unter den Spielern entwickelt und verschiedenen andere Elemente wie Örtlichkeiten, schreckliche Geheimnisse oder belastende Dinge ins Spiel bringt. Ist dies erledigt, sieht man sich am besten einmal an, was man so fabriziert hat und denkt sich dementsprechend einen passenden Charakter aus. Name und ein wenig Hintergrund reichen vollkommen aus, da es keine Werte gibt auf die man würfelt.

Nun hat jeder Spieler reihum eine Szene in der sein Charakter, aber auch jeder andere am Tisch vorkommen kann. Dabei kann er sich entscheiden, ob er - ganz klassisch - selber die Szene gestalten und andere Charaktere mit einbeziehen möchte oder ob er es den anderen Mitspielern überlässt sich eine Szene für seinen Charakter auszudenken. Dies ist nicht ganz unwichtig! Wenn er sich selber entscheidet zu Handeln, so bestimmt der Rest der Gruppe, ob die Szene gut oder schlecht ausgeht. Andersherum, wenn er sein Aktion aufgibt und zum Beobachter wird, darf er entscheiden wie die Szene für seinen Charakter ausgeht. Hier kommen die Würfel wieder ins Spiel: die eine Farbe verdeutlicht dabei einen guten Ausgang, die andere einen schlechten. Egal wie die Szenen nun reihum ablaufen, ist die Hälfte der Würfel aufgebraucht, gibt es ein kurzes Intermezzo.

Mithilfe einer Tabelle im Grundbuch wird nun der „Tilt“ ermittelt, das Element welches einen zusätzlichen Konflikt in das Spiel bringt. Das kann alles sein von „ein Fremder kommt in die Stadt um eine alte Rechnung zu begleichen“ über „Ein unerwarteter Todesfall“ bis hin zu „Ein scheinbar perfekter Plan geht nach hinten los“. In jedem Fall sollten diese neuen Elemente in den folgenden Szenen eingebaut werden und üblicherweise sind es dann auch diese Geschehnisse die dafür sorgen, dass alles den Bach runtergeht. Nun steht jedem Spieler wieder eine Szene zur Verfügung, wie bereits in der ersten Runde, bis alle Würfel verteilt sind. Mithilfe einer letzten Tabelle wird nun anhand der erspielten Würfel noch ermittelt, wie die ganze Sache nun eigentlich für jeden einzelnen Charakter ausgeht. Hat man alles richtig gemacht, entwickelt sich ein herrlich desaströses Finale in dem man im besten Fall da auskommt wo man angefangen hat. Und was soll ich sagen...es macht einfach Spaß.

Die wenigen Regelmechanismen sind einfach zu erlernen und schnell erklärt, ähneln sie doch eher Regeln eines Brettspiels. Denn wie auch dort, geht es hier reihum mit den jeweiligen Erzählszenen voran, da es ja keinen Spielleiter gibt der die Geschehnisse steuern kann. Spieler die also weniger auf Improvisation stehen, sollten vielleicht besser die Finger von Fiasco lassen. Denn es gibt keine Attribute, Fähigkeiten oder anderen Werte, die ganze Geschichte wird gemeinsam erzählt und aufgebaut. Erstaunlich gut dabei funktioniert dabei, dass es keinen Spielleiter gibt. Die Regeln dienen vor allem dazu die Geschichte nicht allzu sehr ausufern zu lassen.

Auch das Buch selber ist sehr übersichtlich gestaltet, das Layout ist schlicht aber angemessen. Immerhin braucht man keine große Beschreibung der Welt sondern nur den Regelteil. Dieser wird durch eine Beispielrunde noch mal praktisch verdeutlicht und so besser vor Augen geführt. Auch die Illustration sind eher schattenrissartig in Grauabstufungen mit ein paar farblichen Auflockerungen, allerdings auch sehr passend zum ganzen Grundton des Spiels, was das Spiel wie aus einem Guss erscheinen lässt. Durch den Support an kostenlosen weiteren Settings, die man sich als PDF herunterladen kann, kann man bei diesem Partyrollenspiel sicherlich wenig falsch machen. Also schnappt euch ein paar Freunde und lasst das Fiasco beginnen.


Titel: Fiasco
Autor: Jason Morningstar
Verlag: Bully Pulpit Games
ISBN: 978-1-934859-39-1
Seitenzahl: 130 Softcover
Sprache: Englisch
Preis: 19,90 Euro{jcomments on}