LodlanD – 100 sE - Lod & Leute

Vollgestopfte Gänge und Plätze, Podien und Gangschmuck überall, Konzerte, Versammlungen und Veranstaltungen soweit das Auge reicht – der Rat der Länder feiert den hundertsten Geburtstag der Lod-Handelszone und (fast) alle sind dabei. Wer jetzt nicht in Lod ist, wird sich zeitlebens darüber ärgern, was er verpasst hat!
vom Backcover von LodlanD – 100 sE

Nun haben wir letzte Woche mit „Im Tiefenrausch“ gerade erst den ersten aller LodlanD-Ergänzungsbände besprochen, so folgt heute mit „100 sE“ auch direkt der aktuellste Band der Reihe. Jene dazwischen haben es bisher noch nicht in meinen Schrank geschafft, aber kommt Zeit, kommt Kauf, denke ich...

Aber bleiben wir bei „100 sE“. Der Titel, der oben zitierte Backcovertext wie auchd as Titelbild lassen keine Zweifel über: es wird ins neue Jahr gefeiert. Das bunte, auf den zweiten Blick aber sehr gefällige Cover wurde von Mia Steingräber geschaffen und stimmt schon gut auf jegliche Feierlichkeiten ein, wird zudem von dem mittlerweile wohl bereits etablierten Rahmen eingeschlossen. Die Innengestaltung ist ebenfalls wieder sehr hübsch und einheitlich geworden, wobei das Buch dreigeteilt ist, was sich auch im Layout niederschlägt. Das will erläutert sein, schätze ich.

Ein großer Teil von „100 sE“ verteilt sich auf zwei Intime verfasste Abschnitte, einen offiziellen und einen inoffiziellen Reiseführer zu Lod selber. Diese sind auch entsprechend aufgemacht, der Offizielle etwa mit fiktiven Inseraten, und fallen daher aus dem üblichen Layout heraus. Nicht, was die Zeichnungen oder deren Stil betrifft, aber schon im Hinblick auf Titelleisten, Rahmengestaltung u.ä.
So schön diese Intime-Teile aber auch geraten sind, geradezu verbrecherich erscheint es mir, dass sie auch aus der regulären Seitenzählung herausgenommen worden sind. Was das bedeutet? Nach Seite 44 folgt Seite R1, deren Zählung für beide Reiseführer beibehalten wurde, um dann ab ab Seite 100 (welche auf R55 folgt) wieder normal weiterzulaufen.
Das ist kein Weltuntergang, aber ich finde, es verwirrt mehr, als das es nutzt.
Das Buch gleicht das aber zumindest mit einem Index aus, der so eng bedruckt und dabei so voll ist, dass manch anderes System im Grundbuch weniger Einträge hat. Sehr vorbildlich und wichtig, damit „100 sE“ mehr als nur eine einfache Einweg-Lektüre ist. Das nämlich würde dem Buch Unrecht tun, wie wir gleich sehen werden.

Nach einer Einleitung und einem kurzen Exkurs über die LEX-Geldscheine folgt erst einmal ein Update aller Länder auf das aktuelle Jahr. Das ist ziemlich umfangreich geraten und geht auf insgesamt auf dreißig Seiten auf viele Belange sehr genau ein. Fast ein Drittel wird dabei von der jungen Monarchia Wolnosc eingenommen, die politisch durch ihre Lossagung von Stawa für viel Wirbel sorgen.
Hier wird, wer hintergrundtechnisch zurück lag, mal wieder auf den aktuellen Stand gebracht. Gerade Begriffe wie „Blut und Stahl“, „Liberty“, „Renegades“, „Scherbennest“ oder eben die „Monarchia Wolnosc“, die einfach Erklärung bedürfen, werden hier so beschrieben, dass man auch ohne Kenntnis der bisher erschienenen Bücher damit arbeiten kann.

„100 Jahre Lod“ ist dann auch das Kapitel zu den Feierlichkeiten selber, aber das bleibt mit fünf Seiten eher knapp. Ein Überblick über die Feiern in den Ländern, ein Blick auf die Feiern in Lod und ein detaillierter Festkalender sind dann aber auch alles, was man wissen muss.
Alles, was man sonst noch wissen muss für ein „Gott, ist uns viel passiert...“-Gefühl, liefert dann das nächste Kapitel „Zusammenfassung 99 sE bis 100 sE“. Alles, was in den Länderupdates noch offen geblieben ist, wird hier noch einmal zusammengetragen. Der Fall Munder, der Liberty-Krieg – es ist viel passiert und diese drei Seiten schaffen es, einen Überblick zu geben, ohne dabei zu sehr in Crossreferencing zu versinken. Zwar wird hier und da auf andere Quellenbände verwiesen, aber eher im nützlichen Sinne, falls man dann eben die genauen Daten zu irgendetwas braucht.

Danach folgt die „Gratisbroschüre“ „Lod – Die Hauptstadt aller Länder“, die aus dem fiktiven Mund Dr. Ben Mints, dem Vorsitzenden der Werbegemeinschaft Lod, auf 41 Seiten eine Tour durch die Stadt liefert.
Der Werbebroschürenton ist gut getroffen, das Schönmalen wird deutlich alleine der Sightseeing-Überblick mit Bewertungen für Preis und Qualität erzeugt Stimmung. Da man aber mit Werbung alleine schlecht spielen kann, folgen direkt im Anschluß noch Informationen zum „anderen Lod“. Ebenso fiktive Schreiberlinge, genannt Der harte Lou, Arne Nymo und Nobodys Child stellen hier die andere Seite vor. So ist es jedem überlassen, ob es einen nun eher zur MWZ-Mitwohnzentrale, zur Tugendberatungsstelle, zur Admiral-Magnersson-Gedenkhalle oder doch eher zu Scarlett‘s Begleitservice oder zur Gefangeneninitiative Happy Hummer zieht.
Es ist erstaunlich, aber das Konzept geht wirklich auf und das Buch vermittelt hier einen durchgängig guten und zugleich nutzbaren Eindruck der Stadt Lod. Dabei liest es sich auch noch gut – so macht Hintergrundlesen richtig Spaß.

Danach wird es dann noch einmal konkreter. Auf einer Seite wird der neue PTIS-Wagen vorgestellt, bevor auf vier Seiten einmal sämtliche Ausrüstung aller bisherigen Bände noch einmal übersichtlich zusammengetragen wurde. Einmal sehr sehr schön, zumal sogar der Band angegeben wird, wo man mehr dazu findet.
Stirnlampe? Klar, im Grundregelwerk. Sicherheitskurier-Postbehälter? Der ist im Kompendium. Und das Kiefermikrofonimplantat, richtig, stammt aus dem ersten Kampagnenband. Löblich, sehr löblich, die Liste.

Abgerundet wird das Buch von „Auf allen Schirmen“, dem Abenteuer des Bandes. Das ist mit neun Seiten wieder recht kurz, aber dafür komprimiert mit vielen Informationen angefüllt. Hier geht es noch mal um die Hundertjahrfeier, um Intrigen und um Medien – alles spannende Steilvorlagen. Die gebotene Geschichte ist fein und das Szenario ist anspruchsvoll, dafür dann aber auch schlichtweg gut und spielenswert.

Am Ende zeigt sich, dass „100 sE“ eigentlich weniger mit der Feierlichkeit zu tun hatte, als der Ersteindruck vermuten ließ. Vielmehr ist der Band viel tiefer in die Jahreswechselthematik eingestiegen und liefert, neben einem exzessiven Blick auf Lod und einige Goodies rund um die Feierlichkeiten, auch einen guten Überblick über den Metaplot des gesamten Spiels in komprimierter und für Spielleiter gewinnbringender Form.
Der Intime-Teil liest sich gut und kann, wenn man „Das andere Lod“ entsprechend zuklemmt, so auch als schöner Handout für die Spieler fungieren, während man als Spielleiter doch noch genug in der Hinterhand hat, um spannende Abende erzeugen zu können.

„100 sE“ ist ein rundum schöner Band geworden. Er sieht gut aus, liest sich gut und ist für Spielleiter, die mit der (internen) Zeit gehen eine unschätzbar wertvolle Ressource. Und im Vergleich zu „Im Tiefenrausch“ ist das Buch sogar noch einige Euro günstiger.
Einzig die – bei einem lebendigen Spiel wie LodlanD wohl eher seltene – Fraktion der Leute, die sowieso nur mit dem Grundbuch arbeiten, hat keinen Grund, diesen Band hier zu beschauen.
Alle anderen, also vermutlich fast alle, die diese Rezension hier gelesen haben, sollten guten Gewissens zuschlagen!


Name: LodlanD – 100 sE 
Verlag: Image 3033 {jcomments on}
Sprache: Deutsch
Autoren: André Wiesler
Empf. VK.: 22,80 Euro 
Seiten: 115