LodlanD – Grundregelwerk V1.5

Sind Sie dem Druck gewachsen?
vom Backcover von LodlanD – Grundregelwerk V1.5

„Komma Fünf“-Regelwerke scheinen derzeit recht angesagt zu sein. Als WotC vor einigen Jahren den Grundstein mit ihrem D&D 3.5 gelegt haben, gab es noch massig Schelte aus allen Richtungen. Geldmacherei sei das ja wohl, wie könnten sie denn einfach so in einer laufenden Edition die Grundregeln aktualisieren ... der Protest war laut.
Damals.

Jetzt schreiben wir das Jahr 2006, ich bin vor wenigen Wochen erst auf der diesjährigen SPIEL gewesen und muss sagen – da naht ein Trend. Nach D&D 3.5 folgte etwa die zweite Auflage von Engel, die zwar optisch komplett neu, inhaltlich aber kaum verändert war. Nicht mal „komma fünf“, sondern im Fandom nur bescheiden „DSA 4.1“ betitelt ist die Neuauflage der aventurischen Grundregeln und auch Cthulhu blickt auf eine weitere Neuauflage des Spieler- und des Spielleiterbuches, inhaltlich fast gleich, aber komplett neu gelayoutet.
In diesem Wort „fast“ steckt dann aber auch schon der Haken – oftmals sind es diese Details, die auf Dauer doch zu Problemen führen.
Wie hat sich noch mal der Barde von D&D 3rd zu 3.5 verändert? Wie gingen noch mal die Wundregeln von DSA 4 gegenüber DSA 4.1? Und welche Abenteuer waren jetzt noch in welcher Ausgabe der Cthulhu-Grundregeln?

Nun wagt auch LodlanD den Schritt zu einer „Halbausgabe“. Das Grundregelwerk „V1.5“ ist da und wir wollen dann heute doch mal schauen, was sich dort getan hat. Optisch und von der Verarbeitung her, ganz klar, eine Menge. Das neue Grundregelwerk erscheint als solides Hardcover von exzellenter Verarbeitung. Der Einband ist sehr dick und glänzend, ebenso wie die Seiten im Inneren die gewohnte Papierqualität aufweisen, also leicht schimmernd, aber nicht unangenehm reflektierend.
Der Umschlag sowie einige Seiten im Inneren sind farbig, großteilig ist das Buch weiterhin schwarzweiß geblieben. Allerdings wurde das Layout komplett neu gestaltet und sieht nun nicht nur weitaus ansprechender aus, sondern fügt sich auch besser in das Design der gesamten Reihe.
Das Cover ist komplett neu und von Sabrina Dietrich und Eckhard Freytag gestaltet. Es ist schöner als das alte und auch hier gilt, dass es sich nun weitaus schöner in die gesamte Reihe einpasst, wenngleich mich das „über und unter Wasser“-Konzept des Titelmotivs auch nicht richtig packen konnte.
Die Innengestaltung dagegen ist wunderbar geworden. Mia Steingräber hat die kompletten 242 Seiten des Grundregelwerks illustriert, was dem Buch einen sehr einheitlichen und stimmigen Look verleiht.
Als LodlanD vor einigen Jahren erschien, da war es erst einmal nur ein kleines Grundbuch auf einem großen Markt, doch das neue Buch macht deutlich, dass man seither nicht untätig war. Tatsächlich hat mir erst das neue Grundregelwerk klar gemacht, wie wenig eigentlich das bisherige Buch noch zum jetzigen Look des Spiels passt und hier punktet die Version 1.5 direkt. Wenn ich schon meckern sollte, dann hätte ich mir sicherlich noch ein Lesebändchen gewünscht. Diverse Bücher aus dem DSA-, Cthulhu- und Midgard-Lager haben mich diese Bändchen mittlerweile schätzen lernen lassen und gerade bei einem Grundregelwerk sind sie sicher nützlich. Aber auch nach wie vor ein Luxusgut, nichts, was man als echten Mangel anprangern müsste.

Inhaltlich, so merkt man dann schnell, hat sich erstaunlich wenig getan. Symptomatisch erscheint da das Vorwort, das zwar eine neue Herleitung bekommen hat, aber nach dem ersten Abschnitt dann wieder in den alten Wortlaut zurückwechselt.
Es gibt zudem einige neue Kurzgeschichten und ein neues Einstiegsabenteuer, sowie kleine Ergänzungen etwa bei den Kampagnentypen, doch im Großen und Ganzen bleibt das Buch seinem Vorgänger sehr treu.
Das ist einerseits sicherlich von Vorteil – alleine die Kompatibilität zu den bisherigen Quellenbänden ist hier wirklich einmal unumstößlich gegeben und lobenswert. Auch das Regelwerk ist simpel und dem Setting angemessen, da gab es sicherlich wenig zu verbessern.
Es sind die bekannten Errata in das Buch eingeflossen und helfen so über weitere Hürden hinweg, ebenso wie das neue Abenteuer einen eleganten Start in das Spiel ermöglicht.

Allerdings sind gerade bei den Texten, die nicht mit der Spielmechanik zusammenhängen, einige Punkte aufgetaucht, die mir 2003 noch nicht, 2006 aber schon ins Auge gefallen sind. Einige davon auch durchaus durch die Produktreihe an sich bedingt. So findet man in dem Buch keinerlei Informationen zu den Völkern aus dem Liberty- sowie dem Teikoku-Quellenband. Das ist irgendwo okay, ist das Grundbuch doch wie eh und je sehr RDL-zentriert, aber ein kleiner Blick über den Tellerrand hätte ich schon angemessen gefunden. Man muss ja nicht gleich ganze Quellenbände entwerten, aber ein Textkasten hätte mir ja schon gereicht.
Gut dagegen finde ich, dass das Buch weiterhin irgendwo 98sE herum datiert ist. Damit können auch neue Spieler der Rahmenhandlung weiterhin folgen, wie sie etwa im Quellenband „100 sE“ fortgeschrieben wurde.

Was mir ebenfalls etwa unstimmig erscheint, ist die Art und Weise, wie neue Spielleiter in den Job eingeführt werden. Da heißt es einerseits im Regelkapitel, dass die Regelmechanismen nur Hilfsmittel seien und der Spielleiter eigentlich die absolute Hoheheit habe, diese zu biegen oder zu brechen, ja, dass die Spieler nicht einmal ihrerseits Proben „einfordern“ dürfen (S. 161). Andererseits heißt es bei den SL-Tipps (S. 223ff.), dass der Spaß der Spieler mit ihrem Mitbestimmungsrecht wächst und und man ihnen sogar das Recht einräumen sollte, ihre eigenen Patzer selbst zu schildern.
Mag sein, dass ich das einfach etwas zu kritisch gelesen habe, aber gerade der Passus, dass man die Regeln zu Gunsten einer guten Geschichte brechen soll, ist so eine Sache. Einerseits stimme ich dem durchaus zu, bin selber kein Anhänger von sklavischer Regelauslegung. Andererseits ist das schon ein komisches Signal, wenn auf diese Aussage hin noch gut 40 Seiten mit Regelinformationen folgen.
Dann doch lieber derartige Auffassungen strikt ins SL-Kapitel am Ende stecken und den Mechanismen die Neutralität lassen, die sie in meinen Augen haben sollten.

An den Hintergrundtexten hat sich, das schrieb ich ja bereits, ebenfalls wenig geändert. Hier ist das dann wieder als Lob zu verstehen – selbst im Kontext von „Chaos und Ordnung“ wirken auch die Beschreibungen von Arbiträa und dem BFS noch immer stimmig und man kann gut mit dem, was alleine im Grundbuch steht, über Monate hinweg spannende Abenteuer unter der Meeresoberfläche erleben.

Wer LodlanD gar nicht kennt, der sollte zwar auch einmal einen Blick auf meine Rezension zum alten Grundregelwerk werfen, wo das Augenmerk mehr für Neueinsteiger ausgerichtet war, doch der macht mit der Neuauflage sicherlich keinen Fehler. Das Setting ist stimmungsvoll und in sich geschlossen, wer einmal seinen Zugang gefunden hat, dem kommen auch sogleich unzählige Ideen für spannende Abenteuer in den Sinn. Das Regelwerk ist simpel und an und für sich gut, schnell und leicht zu erlernen. Vor allem aber: komplett enthalten. Wen es nun also nach Lod zieht, der wäre dumm, es nicht mit dieser schönen Neuausgabe zu machen.
Anders sieht es wohl für jene aus, die die alte Ausgabe schon haben. Hier wird das neue Grundbuch eher zum Prestige-Objekt. Es ist sicherlich stabiler, haltbarer und schöner, dabei etwa gleichwertig organisiert. Die eingearbeiteten Errata sind ein netter Bonus, da das alte Grundbuch aber – anders als bei mancher Konkurrenz – auch so problemlos spielbar war, ist auch hier eher von einer Annehmlichkeit zu sprechen.
Wer LodlanD dagegen bislang nicht mochte, weshalb auch immer, wird vermutlich auch mit der Neuauflage nicht glücklich werden können. Es ist gewissermaßen alter Wein in neuem Schlauch, wenn auch nicht so negativ gemeint, wie die Redensart vermuten lässt.

Was bleibt, das ist ein Wort zum Preis. 36,80 Euro ist schon eine ganz stattliche Summe und sicherlich fair, wenn man die Verarbeitung und vermutlich die Auflage bedenkt. Auf der anderen Seite aber ist der Preis für einen an den wirtschaftlichen Zusammenhängen uninteressierten Kunden eher mächtig, denn das Buch liegt mit seinen knapp über 240 Seiten auch nicht gerade im oberen Bereich der Skala. Insofern kommt man nicht umhin, die Endwertung einen Notenschritt zu drücken.


Name: LodlanD – Grundregelwerk V1.5 
Verlag: Image 3033 
Sprache: Deutsch{jcomments on}
Autoren: André Wiesler uva.
Empf. VK.: 36,80 Euro 
Seiten: 242