Midgard - Der Wilde König

„Eine halbvergessene Sage besagt, dereinst werde ein Herrscher in der Wildnis Clanngadarns geboren, der die Reiche der Menschen unter seiner bloßen Sohle zerstampfen und der Natur zu ihrem Recht verhelfen wird: Der Wilde König
Doch wer oder was er ist, darüber schweigt sich die Legende aus.“
vom Backcover von Der Wilde König

Auf dem Cover des vorliegenden Softcover-Buches steht „Zwei Fantasy-Abenteuer“ geschrieben. Das ist per se nicht falsch, doch führt es womöglich etwas in die Irre. Der vorliegende Band enthält zwar zwei Szenarien, jedoch sind diese sehr unterschiedlich in ihrem Umfang: „Der Wilde König“ wiegt 74 Seiten, „Gefährliche Träume“ derer sechs.
Aber fangen wir erst einmal außen an.

Der Abenteuerband bietet exakt die Aufmachung, wie man sie bereits von diversen Bänden der Reihe gewohnt ist. In den felsigen Rahmen der aktuellen Edition eingebettet, sieht man hier ein ganz schönes Cover von Swen Papenbrock, während der Inhalt gewohnt schwarzweiß und mit schönen Karten und Zeichnungen von Ulf Lehmann versehen daherkommt. Das Cover ist dabei sogar ausnehmend schön geraten – gerade wenn man dieses Bild mit den alten Schandtaten Werner Öckls vergleicht, ist ein riesiger Sprung zu erkennen. Dass das Motiv diesmal sogar gut zum Abenteuer passt, sei dann auch nur einfach einmal lobend am Rande erwähnt.
Einzig die Dicke des Umschlags ist mir dieses Mal aufgefallen und kam mir irgendwie dünner und weniger stabil vor als noch bei einigen Bänden zuvor. Nicht störend, aber ungewohnt.

„Der Wilde König“ richtet sich dabei ganz explizit an hochgradige Figuren. Das macht auch Sinn, denn gleich in zweierlei Hinsicht ist es diesen möglich, hier direkten Einfluss auf die Entwicklung der Hintergrundwelt zu nehmen. Sie beginnen eine Reise gemeinsam mit König Beren, der jedoch von einem harten Fluch geplagt wird. Wann immer er auch nur kurz etwas Zorn verspürt, verwandelt er sich unkontrolliert in einen Werbären. Da ihn dies, würde das bekannt, den Thron kosten würde, ist es nun an den Spielern, dem Regenten zur Seite zu stehen und den Fluch zu lindern.
Auf der anderen Seite ist das der mythische „Wilde König“. Gwyllt-brenin genannt handelt es sich dabei um einen der dunklen Seite der Lebenskraft verfallenen Druiden, der dadurch eine herbe Wandlung durchmacht und daher eine Gefahr für das ganze Land darstellen könnte. Auch diesem müssen sich die Spieler stellen.

Das Abenteuer wurde von Jürgen E. Franke verfasst und weiß eigentlich rundum gut zu gefallen. Die Handlung ist abwechslungsreich und bietet für Schwertarm, Köpfchen und loses Mundwerk gleichermaßen eine Anwendungsfläche, ist gut präsentiert und verständlich geschrieben und daher eigentlich über jede weitere Kritik erhaben.
Sehr vorbildlich – so sollten mehr Abenteuer aussehen.

„Gefährliche Träume“ dagegen von gleichen Autor ist eher ein „Quickie“. Im Optimalfall leitet man noch ein weiteres Abenteuer und kann dann die ersten Ereignisse aus dem vorliegenden Szenario bereits unbemerkt in einer anderen Handlung anlaufen lassen, um die Spieler eiskalt zu erwischen.
Es ist sehr kurz und daher mehr ein Intermezzo, aber zweifelsohne geeignet, sich deutlich ausbauen zu lassen. Es ist ein Stadtabenteuer, ist aber an keine bestimmte Stadt gebunden. Ob nun Corrinis, Cuanscadan oder etwas ganz anderen, „Gefährliche Träume“ kann es überall geben.
Wenn ich denn schon eine Kritik an diesem Szenario zu formulieren hätte, so allenfalls die Frage, was es zusammen mit dem „König“ in diesem Band macht. Kein wirkliches Delikt, aber wenigstens etwas verwunderlich – aber alleine ob des geringen Umfangs kein wirkliches Problem.

Ingesamt kann man das vorliegende Buch nur allen, die Midgard spielen und mit hochgradigen Charakteren etwas machen wollen, nur empfehlen. „Gefährliche Träume“ ist eine nette Dreingabe, doch vor allem „Der Wilde König“ ist einfach ein wundervolles Abenteuer, mit dem man eine ganze Reihe spannender Stunden verleben können dürte.
Midgard ist ja eines der wenigen Systeme, für die überhaupt noch regelmäßig gedruckte, fertige Abenteuer erscheinen. Doch unter all den positiven Beispielen sticht „Der Wilde König“ noch einmal heraus – hier lohnt sich ein Blick sicher.


Name: Der Wilde König 
Verlag: Verlag für F&SF Spiele {jcomments on}
Sprache: Deutsch
Autoren: Jürgen E. Franke
Empf. VK.: 14,95 Euro 
Seiten: 96