Space Gothic - Wolfsbrut

Im verborgenen weben finstere Ritter ihre Intrigen. sie planen das Ende von allem was uns heilig ist. Nur wer ihnen tapfer entgegentritt und sich gegen die Verlockung der Sünde wappnet kann bestehen.
vom Backcover von Wolfsbrut

Mit Wolfsbrut haben wir hier wohl eines der provokantesten Produkte der "Space Gothic" - Palette vor uns liegen, behandelt es doch die schreckliche Legion 666, ein einer Armee gleichender dunkler Kult aus größtenteils ehemaligen Kreuzrittern, die mordend, plündernd und vergewaltigend durch das Universum ziehen.
Um die Brisanz des Inhalts weiß natürlich auch der Autor, weshalb auf dem Backcover auch darauf hingewiesen wird, dass "Wolfsbrut" nur "für erfahrene und reife Spieler und Spielleiter geeignet" ist. Doch kommen wir zum wesentlichen:

Wie immer fange ich mit dem Layout an und das erste was man zu Gesicht bekommt ist natürlich das Cover. Es zeigt das tätowierte und gepiercte Gesicht eines Legionärs in voller Montur. Mir persönlich gefällt der Stil des Bildes nicht, es erscheint mir zu sehr wie eine nicht erst zu nehmende Comicfigur und wirkt außerdem viel zu steril und künstlich.
Im Buch selber jedoch sind die meisten Zeichnungen erstaunlich gut, mir gefällt der risshafte Stil, in welchem die Führer der Legion sowie weitere NSCs gezeichnet sind, und auch die anderen Bilder von Legionären in Kampfrüstung sehen besser aus als ich es von "Space Gothic" gewohnt bin, weshalb die Layoutwertung für dieses Produkt, wenn auch knapp, denn wirklich die Spucke weg blieb mir dann auch wieder nicht, durchaus "gut" zu nennen ist.

Wesentlich wichtiger als das Layout jedoch ist der Inhalt und jetzt hat "Wolfsbrut" zu zeigen, ob dieser nicht nur kontrovers ist, sondern auch von guter Qualität.
Das Buch besteht nur aus insgesamt zwei Kapiteln, ein Quellenteil zur Legion 666 und das namensgebende Abenteuer "Wolfsbrut."
Die Geschichte der Legion 666 ist durchaus interessant, sie beginnt mit einem Gabrielsritter, der das bedauerliche Unglück hatte seinen Körper mit dem Schattenlord Samael teilen zu müssen und endet damit, dass jener Gabrielsritter, gefangen in einer monströsen Maschine, als Anführer und schwarzer Messias der Legion in einem alptraumhaften Schiff auf der Suche nach dem heiligen Gral das Universum durchstreift. Dazwischen geschehen allerhand grauenhafte Dinge, die ich hier aus Spoiler-Gründen nicht preisgeben werde (wäre nicht nett, wenn ich hier alles ausplaudern würde, oder?).
Unter ihrem so charismatischen wie perversen Anführer, der sich nun Set nennt, rangieren die Magister, welche ihm an Bosheit kaum nachstehen, ihnen folgen die Adepten und so setzt sich die Struktur der Legion pyramidenförmig fort. Eine höhere Position erreicht man durch brutale Gewalt oder durchtriebene Hinterhältigkeit und nur so behält man sie auch.
In ihrem Verhalten entsprechen die finsteren Ritter ziemlich genau dem Klischee des mordlüsternen, sich seiner Bosheit hingebenden Satansjünger, da werden Blutjagden auf Unschuldige gemacht, Menschenopfer dargebracht und dergleichen mehr. Doch dies ist in meinen Augen absolut gewollt und zeugt nicht von der Einfallslosigkeit des Autors, diesen Gedanken widerlegt er bereits mit der guten Hintergrundgeschichte und der Beziehung zwischen Set und Samael. Die Legion 666 sind Täter, keine Opfer, keine verlorenen Seelen, die man retten kann, wie auch die unterhaltsame, eingewobene Kurzgeschichte zeigt. Sie sind ein Alptraum aus Blut und Gewalt, der mit ungeheuerer Brutalität über die Spieler hereinbrechen soll und genauso werden sie auch geschildert; mit seiner unterhaltsamen, spannenden und informativen Schreibweise bringt Gerhard Winkler den SL dazu, dass ihm förmlich das Wasser im Munde zusammenläuft bei dem Gedanken die Ritter der Hölle auf seine Spieler loszulassen, ideale Wegbereitung für das folgende Abenteuer also…

Das Abenteuer stellt sich als das heraus, was es nach eigener Aussage des Autors auch ist: Ein Alptraum. Dabei ist es nicht alptraumhaft schlecht, sondern entwickelt bei einem guten SL die Intensität und Atmosphäre eines Alptraums.
Die Spieler stellen die Garde eines Generalmajors dar. Nach einer, durch einen seltsamen Fund schon verunsichernden Reise, gelangen die Spieler auf eine Raumstation des Konzerns Nikita, sie werden von dem Major der Konzern-Samurais durch die für Besucher erlaubten Teile der Station geführt, kehren vielleicht in einer kleinen Bar ein. Dann sehen die Spieler einen unglaublichen Mord, gehen ihm nach und entdecken was wirklich hinter der Station und ihrem Kommandanten steckt und dann hat natürlich auch noch die Legion 666 ihren Finger im Topf und zieht alle Register ihres Könnens, abgesehen hat sie auf den Generalmajor…
Wenige Sekunden später strömt ein Halluzinationen verursachendes Gas aus und der Alptraum beginnt; während alle Bewohner der Station wehrlos sind oder gar aufeinander losgehen, die Spieler natürlich eingeschlossen, erhalten die Legionäre unter ihren Opfern blutige Ernte, die Ereignisse überschlagen sich und das Ende ist absolut offen.
Es handelt sich hier um ein, meiner Meinung, nach gutes Abenteuer, das eine unglaubliche Intensität gewinnen kann. Kann, wohlgemerkt, denn die Vorraussetzungen an den SL sind sehr hoch, die dichte Atmosphäre und das Gefühl des absoluten Kontrollverlustes zu erzeugen traue ich einem Anfänger ehrlich gesagt nicht unbedingt zu, es sollte schon in erfahrener SL sein, der sich an diesem Abenteuer versucht, dann jedoch kann es zu einem wahren Erlebnis werden.

Ziehen wir das Fazit:
Der Quellenteil ist, wie bei den meisten SG-Büchern, über jeden Zweifel erhaben und bereichert die Spielwelt um einen interessanten Aspekt, doch auch das Abenteuer gehört zu den besseren, wenn es auch wirklich in die Hände eines SLs gehört, der sein Handwerk versteht.
Was die Kontroversität des Inhalts angeht, so hatte ich da nach dem Lesen anderer Rezensionen schon drastischeres erwartet, das Buch zelebriert die Taten der Legion keinesfalls derart wie ich es andernorts gelesen hatte, ich fand das Kapitel über die Nephandi im Magus-Quellenbuch "Book of Madness" um einiges verstörende.
Kurz und knapp: Der Quellenteil ist gut, das Abenteuer ist gut und keins von Beiden so problematisch wie propagiert. "Wolfsbrut" ist durchaus eine Kaufempfehlung wert, die hiermit ausgesprochen sei…


Name: Wolfsbrut 
Verlag: Fantastische Spiele GbR 
Sprache: deutsch{jcomments on}
Autoren: Gerhard Winkler
Empf. VK.: 29,90 DM 
Seiten: 64 Seiten