USA - Großmacht unterm Sternenbanner

„Dieses Quellenbuch für die 1920er widmet sich dem größten Land in der Neuen Welt, das sich spätestens seit dem Weltkrieg in einem schier unaufhaltsamen Aufstieg befindet – militärisch, wirtschaftlich und kulturell“
vom Backcover von USA – Großmacht unterm Sternenbanner

Das erste richtige Quellenbuch, das bei Pegasus zum Cthulhu-Rollenspiel erschien, war seinerzeit der Band „Amerika – In Städten und Wäldern“. Das Buch war seinerzeit ein richtig gutes und nützliches Quellenbuch, eines aber war es nicht: Ein Quellenbuch explizit über Amerika. Da besagter Band aber ohnehin nun schon lange Zeit vergriffen ist, nutze man bei Pegasus die Chance und schickt mit „USA – Großmacht unterm Sternenbanner“ ein ganz neues Kaliber ins Rennen. 279 Seiten sind ein durchaus schönes Format für das Hardcover-Buch, dessen Cover wie immer von Manfred Escher in wunderbare Farben gekleidet wurde. Vor allem golden wirkt es, mit Freiheitsstatue, Illuminatenpyramide und besagtem Banner auf dem Titel. Wie gewohnt ist das Buch unverwüstlich gebunden und matt eingeschlagen, allerdings dieses Mal ohne eines der von mir so hoch geschätzten Lesebändchen.
Das Layout ist wie immer sehr schön umgesetzt und begeistert durch viele zeitgenössische Karten, Fotografien und Drucke. Experimente wie die weißen Zitate in der „Terra Cthulhiana“ gibt es hier nicht, sondern man hat sich eng an die Vorlage gehalten, die man selbst mit der Neuauflage der Grundregeln aufgestellt hat.

Inhaltlich gliedert sich das Buch, bei dem Jan Christoph Steines die Redaktion inne hatte, in sechs Kapitel. Drei davon sind vor allem auf das reale Amerika der Zwanziger bezogen, zwei eher auf den Cthulhu-Aspekt und eines sogar ganz konkret auf das Spiel Cthulhu.

Die drei historischen Abschnitte heißen nacheinander „Das Land“, „Gesellschaft“ und „Leben in den Vereinigten Staaten“ und bieten genau das, was man vermuten würde. Typisch für ein Pegasus-Produkt ist die Recherche sehr gründlich gewesen und die Artikel sind ebenso umfangreich wie informativ, wenn ich mir persönlich auch wiederum mehr Bezug zum Spiel gewünscht hätte. Mehr Plotaufhänger, mehr Mythos, mehr Spielwerte. Etwas eigenartig finde ich auch, dass viele, aber nicht alle NSCs Werte haben, Al Capone beispielsweise nicht. Das wurde im offiziellen Forum bereits als Erratum verneint und als Designentscheidung erklärt, seltsam finde ich es trotzdem.
Allen Details zum Trotz drei sehr gute und nützliche Kapitel, denen vor allem hoch anzurechnen ist, dass sie es schaffen, dem Leser schön vor Augen zu führen, dass die Welt damals doch irgendwie anders war.

Darauf folgt das Kapitel „Mythen“, das in zwei Unterbereiche geteilt ist – „Da sprach der alte Häuptling der Indianer“ und „Unheimliche Orte in den Vereinigten Staaten“. Gerade der Indianer-Abschnitt ist erstaunlich lang und reich an Informationen, die einem schnell die John Wayne-Western-Indianer aus dem Kopf schlagen und ein wesentlich differenzierteres Bild der amerikanischen Ureinwohner zeichnen. Insgesamt bietet das Kapitel viele Plotaufhänger sowohl entlang sowie auch abseits der ausgetretenen Pfade und somit viele Ansätze, auch wirklich mit dem Setting USA zu spielen.

„Lovecraft Country“, das vorletzte Kapitel des Bandes, ist eine regelrechte Fundgrube. Es werden die Kerngeschichten Lovecrafts mit ihren jeweiligen Handlungsorten zusammengefasst, ebenso wie August Derleths Einfluss im Speziellen und der anderer Autoren im Allgemeineren aufgezeigt werden. Dann werden Arkham nebst Universität, Kingsport, Innsmouth und Dunwich ausführlich beschrieben, abgerundet durch einen ganz kurzen Überblick über Aylesbury, Dean's Corner, Falcon Point, Martin's Beach und Mayotteville und eine sehr coole Übersicht über typisch Lovecraft'sche Familiennamen.
Gerade im Hinblick auf mittlerweile für 2009 bereits angekündigte weitere Bände in dieser Region ist dieses Kapitel ein wunderbarer Überblick, reich an Inspiration und ganz explizitem Bezug auf den Urvater des Mythos und seine Geschichten. Das hat mir herausragend gut gefallen.

Das letzte Kapitel heißt dann „Als Spielercharakter in Amerika“. Darin finden sich keine spieltechnischen Daten, wohl aber Erläuterungen, wie man sich den Alltag als Privatdetektiv, Gesetzesvertreter, Journalist oder Wissenschaftler in den USA in den 1920ern vorzustellen hat. Das ist ungewöhnlich in der Form, aber durchaus nützlich. Sehr gut geschrieben und vor allem ein tolles Hilfsmittel, aus dem Feld „Beruf“ noch mal mehr zu machen als nur einen Eintrag auf dem Charakterbogen. Hat mir sehr gut gefallen.

Vergleicht man „USA“ mit der Deutschland-Box, so fällt natürlich das komplette Fehlen von Abenteuern auf. Zu den USA hat es bereits eine ganze Reihe ganz grandioser Abenteuerbände gegeben, insofern kann man das sicherlich verzeihen, zumal für 2009 bereits ein Arkham-Band angekündigt worden ist.
Ansonsten kann man dem Buch allenfalls eine etwas zu geringe Fokussierung auf Horror und Mythos in den ersten Kapiteln ankreiden; ansonsten ist „Großmacht unterm Sternenbanner“ ein durchweg überzeugendes Buch geworden. Ob man es braucht, ist dabei alleine davon abhängig, wie man seine eigene Runde ausrichtet. Wer nicht in Amerika oder nicht in den 20ern spielt, der braucht es nicht. Aber gerade wer über eine längere Zeit in den 20ern spielt und die Vereinigten Staaten als Setting verwendet, der wird unglaublich von dem Buch profitieren können. Es ist kein schneller Ideengeber wie beispielsweise das „Necronomicon“, aber es ist eine Bereicherung des Hintergrundes auf breiter Front.


Name: USA - Großmacht unterm Sternenbanner
Verlag: Pegasus Spiele
Sprache: Deutsch {jcomments on}
Autoren: Jan Christoph Steines et al.
Empf. VK.: 34,95 Euro
Seiten: 280