Terra Cthulhiana

„Insgesam 29 reale und fiktive mythische Stätten rund um den Globus werden in Terra Cthulhiana ausführlich vorgestellt“
vom Backcover von Terra Cthulhiana

Mein erster Gedanke bei der Betrachtung des vorliegenden, neuen Quellenbuchs für Cthulhu war sicherlich erst mal „Wow, dick!“. Das Buch, wie mittlerweile eigentlich alles im Hardcover veröffentlicht, misst beeindruckende 376 Seiten und hat damit zwar nicht ganz die Seitenstärke des Spielleiter-Handbuchs, ist aber trotzdem ein ziemlich beeindruckendes Gerät. Das Cover ist wie gewohnt eine formschöne Collage von Manfred Escher, die ganz nebenbei eine wunderbare Reminiszenz an das „Krieg der Welten“-Plakat beinhaltet. Sehr schön anzuschauen.
Ebenfalls schön geworden ist die Innengestaltung, die im gewohnten Stile der neueren Bände erstrahlt. Viele Fotos und sehr viele Karten versüßen den Gesamteindruck, erschaffen direkt eine sehr schöne Stimmung, wenn man nur in dem Buch blättert. Was neu ist und bei mir tatsächlich auf geteilte Stimmung stößt, sind die Zitate. Überall in dem Buch gibt es Zitate, die ihn größerer Schrift auf den Seiten thronen. Die Schrift ist dabei sehr schlicht und weiß mit dünner, schwarzer Umrandung und Schattenwurf. Hmm. Gefällt mir das? Die Zitate an sich sind eine tolle Sache, die grafische Umsetzung dagegen nicht so sehr. Zwar sehen sie für sich genommen schön aus, aber im Gesamtbild wirken sie wie ziemliche Fremdkörper. Eine geschwungene Zierschrift wäre hier sicher schöner gewesen.
Ein wenig ärgerlich ist dabei noch, dass die im Einband eingedruckte Weltkarte vorne und hinten identisch ist; die hintere hätte eigentlich Seitenzahlen für den SL beinhalten sollen. Löblich ist da im Gegenzug, dass die korrekte Karte bereits bei Pegasus zum Download bereitsteht.
Warum ausgerechnet dieser Wälzer ohne Lesebändchen auskommen muss, verstehe ich dagegen nicht.
Dennoch, alles in allem können sowohl der grafische Gesamteindruck wie auch die Verarbeitung des Buches durchaus überzeugen.

Inhaltlich gliedert sich das Buch dann in einen großen Satz thematischer Kapitel. Die meisten davon sind geographisch geordnet, will sagen, da finden sich die Kapitel Nordamerika, Süd- und Mittelamerika, Europa und Kleinasien, Afrika, Asien, Australien, die Arktis und die Antarktis. Dazu kommt ein umfassender Abschnitt namens „Weite Ozeane“ und „Auf uralten Spuren“, worin mit der Gralsqueste, antiken Astronauten, der Assassinen-Templer-Verschwörung, dem Heiligen Land, der Hohlwelt und der Geometrie der Pyramiden noch einige weniger lokale Phänomene beschrieben werden. Die Auswahl ist also schon mal sehr spannend.

Großartig ist auch, dass man es tatsächlich geschafft hat, ein dick und prall gefülltes Buch voller Orte zu füllen, die man eben mal nicht schon bis zum Abwinken kennt. Klar, die üblichen Verdächtigen sind auch an Bord: Innsmouth und Mu, El Dorado, R'lyeh und die Stadt ohne Namen findet man vor. Aber auch bekannte, aber vielleicht unerwartete Phänomene wie der Meteoriteneinschlag von Tunguska, die seltsamen Unterwasserbauten vor Japan oder Shambalah sind vertreten. Und auch einfach Dinge, von denen ich jedenfalls noch nie wirklich viel gehört habe, etwa die nubischen Pyramiden von Meroë oder die Ellora-Höhlen in Indien. Einige absolute Klassiker wie Stonehenge fehlen, aber das durchaus absichtlich, denn das Buch soll vor allem frisches Material aufbieten.
Das Buch stellt all diese Orte schön detailliert vor, mit genau dem richtigen Mischungsverhältnis von Karten, Fakten und Fiktion, Zitaten und Anspielungen. Wenn bezüglich El Dorados ein gewisser Dr. Henry Jones Jr. zitiert wird oder der Überlebende eines Flugzeugabsturzes, den man auf einer Pazifikinsel gefunden hat, stets die Zahlen „...4, 8, 15, 16, 23, 42...“ gemurmelt haben soll, dann freut der Kenner sich einfach.
Schön ist aber beispielsweise, dass es keine Karte von R'lyeh gibt. Oder schon, aber halt keinen Stadtplan, sondern eher eine Art Kohlezeichnung, die ganz ähnlich wie die Illustrationen des „Malleus Monstrorum“ eher suggeriert als zeigt.

Schön ist auch, dass sich das Buch nicht so ganz explizit auf eine Epoche versteift. So sind etwa Orte wie das schon erwähnte El Dorado eine Domäne, die wohl gerade von 1890 bis vielleicht 1960 von direkter Relevanz ist, wohingegen die Antarktis bis heute spannend bleibt. So gibt es dort dann auch eine sehr moderne, computergenerierte, topografische Karte, wo andere Gebiete ganz eindeutig per Hand oder teils fast nur als Zeichnung erfasst wurden.

Die „Terra Cthulhiana“ enthält keinerlei Abenteuer, braucht das aber auch gar nicht. Mit dem, was man in dem Buch findet, kann man sicherlich eine ganze Reihe von Kampagnen locker füllen und hat immer noch einen Überschuss. Gleichzeitig passt der Band aber natürlich sehr gut in eine ganze Reihe von Publikationen der letzten Zeit, namentlich „Expeditionen – Ins Herz der Finsternis“ und „Geheimnisvolles Marokko“. Zwar gibt es kein „Expeditionen“-Logo auf dem neuen Buch, aber die Verbindung ist dennoch gegeben und sicherlich ein Plus.

Ob man das Buch nun kaufen sollte, hängt vor allem mit der Frage zusammen, was man für eine Kampagne spielt. Wer tapfer seine deutschen Investigatoren im Umland von Berlin oder seine Truppe irgendwo in Neuengland verkörpert, der braucht das vorliegende Buch einfach nicht. Wer seine Leute dagegen aber auch mal heraus in die Welt führt, unter welchen Umständen auch immer, der findet in der „Terra Cthulhiana“ eine niemals enden wollende Fundgrube von Ideen, Inspirationen und Spielmaterial.
Der Preis des Buches geht, auf den Umfang gerechnet, absolut in Ordnung und die Qualität stimmt auch durchgehend. Wer also zur potentiellen Zielgruppe gehört, dem sei hiermit von mir eine absolute Kaufempfehlung mit auf den Weg gegeben.


Name: Terra Cthulhiana
Verlag: Pegasus Spiele {jcomments on}
Sprache: Deutsch
Autoren: diverse
Empf. VK.: 39,95 Euro
Seiten: 372