Malleus Monstrorum, zweite Edition

331 Grauenhaftigkeiten sind in diesem Monsterhammer versammelt, fast 200 mehr als in der Vorauflage.
vom Backcover von Malleus Monstrorum

Ich glaube, es gibt kaum einen Cthulhu-Quellenband, der so deutlichen machte, warum die Produktreihe bei Pegasus einen neuen, guten Weg gehen würde wie das alte „Malleus Monstrorum“. Noch aus ganz alten Pegasus-Tagen (als die Buchrücken noch alle diesen „brauner Foliant“-Look hatten) stammend präsentierte das Buch erstmals die Mythos-Kreaturen nicht wie ein zweitklassiger Monsterband, sondern stimmungsvoll, auf die Atmosphäre von Cthulhu hin ausgerichtet und mit grandiosen Bildern versehen, die nicht die Monster, sondern Abbildungen der Monster zeigten. Verfälschte Gemälde und obskure, historische Fotos gaben dem Buch einen ganz eigenen Charme.

Nun liegt die Neuauflage hier neben mir und wirkt, da braucht man gar keine Messgeräte, um ein Vielfaches wuchtiger als der Erstling. Das neue Cover ist stimmungsvoll und wie fast immer von Manfred Escher umgesetzt worden, der Umfang aber ist selbst für Pegasus-Verhältnisse neu. Satte 504 Seiten ist der Wälzer dick geworden; deutlich mehr als noch zuvor. Da wir eh gerade eine neue Küchenwaage gekauft haben: Das Buch ist mal eben über ein Kilo schwer – genau genommen wiegt mein Exemplar 1,666 Kilo. Schön.

Wie aber kommt es zu dieser explosionshaften Inhaltsvermehrung? Das deutsche „Malleus“ stammt seinerseits in Amerika Pate und auf dem Fundament der hiesigen Ausgabe aufbauend, erschien dann in Amerika ebenfalls ein „Malleus Monstrorum“. Das von Scott David Aniolowski betreute Buch wurde akribisch um zahlreiche weitere, belegte Mythos-Kreaturen erweitert und diente dann im Umkehrschluss der deutschen Redaktion als Grundlage für die hiesige, neue Edition. Die natürlich auch noch einmal um neue Wesenheiten erweitert wurde.
Auch enthalten sind nun alle Kreaturen, die bereits im Spielleiter-Handbuch standen. Hier hat das Volk gesprochen, denn die Entscheidung dazu wurde 2007 im Cthulhu-Forum gestellt und das Volk verlangte nach einem Komplettwerk.
Eine Bezeichnung, die glaube ich auf wenige Rollenspielbücher so perfekt passt wie auf den vorliegenden Brummer.

Natürlich beibehalten wurde die Illustrationen der Kreaturen im schon erwähnten Faksimile-Stil. Insgesamt kommen die neuen Bilder dabei allerdings nicht an die Meisterwerke heran, die Konstantyn Debus mit seinen Helfern für die Erstauflage erschuf. Da diese Bilder aber nach wie vor ebenfalls enthalten sind, will ich da nicht klagen.
Wo die neuen Bilder punkten können, ist sicherlich bei der Bandbreite. Von 8-Bit-Videospielen bis hin zu einem Screenshot aus einer angeblich zensierten, die gezeigten Futurama-Episode reicht das Spektrum, was einen alleine schon wieder und wieder zum Blättern einlädt.
Gesetzt ist das Buch dabei im gewohnten Stil der aktuellen Publikationen, woran es auch wenig auszusetzen gibt. Eine mörderisch stabile Bindung und ein Lesebändchen runden den Deluxe-Charakter des Buches ab.

Aber bei all der Quantität, wird auch Qualität geboten? In der Tat!
Die Artikel sind alle sehr angenehm geschrieben, von den eher literarischen Einleitungen und Schlusstexten bis hin zu den konkreteren Informationen im Mittelteil jedes Eintrags. Es gibt Spielwerte für alle Wesen, die beschrieben werden, oftmals mit guten Anregungen, wie man das Wesen im Spiel einsetzen kann.
Schön ist auch, auf wie viele Quellen doch mittlerweile Bezug genommen wird. Lovecraft, Long, Derleth – gut, das wundert nun niemanden. Doch an deutschen Autoren haben es auch etwa Wesenheiten von Michael Siefener und die Kreatur Yamasai aus einer gleichnamigen Kurzgeschichte von Christian von Aster in den Band geschafft. Dazu gesellen sich dann Kreaturen aus verschiedenen deutschen wie englischen Publikationen. So findet man bei den zahllosen Avataren des Nyarlathotep in dem Buch unter anderem den dunklen Stier aus Steffen Schüttes „Im Zeichen des Stieres“ und den kleinen Kriecher aus Larry Di'Tillios und Lynn Willis' „In Nyarlathoteps Schatten“. Auch sehr schön.

Was mich aber glaube ich fast noch mehr begeistern konnte ist das Maß an Selbstironie, das die Macher an den Tag legen. So findet man in dem Buch auch den Eintrag „Orthulhu, der vermeintliche Schreibfehler“, der dann auch Stilecht in dem sonst alphabetischen Buch zwischen Saaitii und dem Sänger von Dhol gelandet ist.
Toll ist auch die Illustration zu Ycnágnnisssz. Gezeigt wird eine „Seite aus einer Rollenspielpublikation“, komplett im alten Layout-Stil früher Pegasus-Publikationen gehalten. Wenn mich dabei nicht alles täuscht, handelt es sich dabei dann sogar noch mal, ganz im Sinne der Bilder, um eine Fälschung, denn zumindest auf die Schnelle konnte ich die Seite in keiner alten Publikation so finden.
Großartig, denn so hat man gleich noch eine Ebene, auf der es Spaß macht, durch das Buch zu blättern und man kann noch mal mehr entdecken, wenn man nur gründlich genug sucht. Außerdem ist Humor vermutlich der einzige Weg, mit einem so umfangreichen Werk umzugehen.

Alles in allem gibt es nichts, was man an dem Buch wirklich kritisieren könnte. Im Gegenteil, der Preis sei noch lobend erwähnt – 39 Euro 95 will man bei Pegasus für das Buch haben. Das ist bei dem, was man geboten bekommt, nur fair zu nennen.
Wer also Spaß hat an den Kreaturen des Mythos, der sollte hier unbedingt zugreifen. Das Buch macht außerhalb des Spiels schon auf so vielen Ebenen Spaß, das es sich alleine zum Schmökern schon lohnt. Einzig wer mit den Viechern des Mythos nun rein gar nichts anfangen kann, wird an dem Buch vermutlich keinen Spaß haben. Alle anderen schauen rein oder greifen gleich zu.


Name: Malleus Monstrorum, zweite Edition
Verlag: Pegasus Spiele {jcomments on}
Sprache: Deutsch
Autoren: Scott David Aniolowski, Sandy Petersen, Lynn Willis, Frank Heller "und Freunde"
Empf. VK.: 39,95 Euro
Seiten: 504